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Bantigen - Ernte gut, alles gut

Quelle
Der Bund

Soll man Gräser jetzt schneiden? Wie lässt man Tomaten nachreifen? Bio-Bäuerin Kathrin Wullschleger gibt exklusive Antworten – einmal mehr.

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Kathrin Wullschleger-Reinhard und ihre Mutter Ursula Reinhard haben derzeit Berge von Rüebli zu bewältigen. (Bild: Franziska Rothenbühler)
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Kathrin Wullschleger bevorzugt es, das Kraut abzubrechen. Selbstverständlich könne man es auch abschneiden, sagt die Bio-Bäuerin. Dabei sei aber die Gefahr grösser, dass das Gemüse beschädigt werde. (Bild: Franziska Rothenbühler)
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Die Rüebli werden ungewaschen in Kisten gelegt, die mit Plastikfolie ausgekleidet sind. (Bild: Franziska Rothenbühler)
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Auf ihrem Betrieb baut Kathrin Wullschleger nicht nur die herkömmlichen Gemüsesorten an. Seltene und eher unbekannte Sorten seien ihre Leidenschaft, sagt sie. (Bild: Franziska Rothenbühler)
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Ohne Erntehelfer wäre die grosse Menge an Gemüse nicht zu bewältigen. (Bild: Franziska Rothenbühler)
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Die Erntezeit sie «sehr befriedigend», sagt Bio-Bäuerin Wullschleger. Besonders gefällt ihr die Farbenpracht auf ihrem Gemüsefeld. (Bild: Franziska Rothenbühler)
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Kathrin Wullschleger sticht Lauch aus dem Boden. (Bild: Franziska Rothenbühler)
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Lauch wird so in die Kisten gelegt, dass er schliesslich auf den Wurzeln stehen wird. Lauch kann auch im Freien gelagert werden - am besten aber unter einem Dach, damit er nicht nass wird.(Bild: Franziska Rothenbühler)
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Bei genauem Hinsehen zeigen sich die Gemüse von erstaunlichen Seiten. (Bild: Franziska Rothenbühler)
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Romanesco bildet Formen aus, die aus einem Mathematikbuch zu stammen scheinen. (Bild: Franziska Rothenbühler)
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Das Gemüsefeld hinter dem Bio-Betrieb Wullschleger in Bantigen ist 180 Meter lang. Es beherbergt zahlreiche Gemüsesorten, darunter auch eher Unbekannte. (Bild: Franziska Rothenbühler)
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Frau Wullschleger, der Winter steht vor der Tür, im Garten gibts jetzt wohl nicht mehr viel zu tun.
Oh nein, bei uns ist Hochbetrieb. Jetzt ist die Zeit der Ernte. Wir holen grosse Mengen Lagergemüse von den Feldern.

Lagergemüse?
Das sind Gemüse, die man einlagern kann wie Randen, Rüebli, Lauch, Kabis, Schwarzwurzeln, Petersilienwurzeln, Sellerie oder Pastinaken.

Meinen Sie mit einlagern einmachen, also einkochen?
Nein, das ist etwas ganz anderes. Es geht effektiv um das Lagern der Gemüse. Bei Rüebli etwa bricht man das Kraut ab und legt sie in eine Kiste. Im Hobbybereich können das Styroporkisten sein. Benutzt man Holzharassen oder Plastikkisten, sollten diese mit einer perforierten Plastikfolie ausgekleidet werden.

Warum?
Bei Harassen und Kisten mit grossen Öffnungen in den Wänden schützen die Folien das Gemüse vor dem Austrocknen.

Lagert man diese Kisten draussen?
Lauch könnte man draussen lagern. Ihm macht die Kälte nichts aus. Einmal geerntet, muss man nur darauf achten, dass er nicht nass wird. Sonst beginnt er zu faulen. Lauch kann man ausreissen und in einer Harasse oder in einem Keller mit Naturboden senkrecht aufstellen. Er steht dann auf seinen Wurzeln. Sonst aber lagert man die Kisten in einem kühlen Raum bei einer Temperatur von etwa vier bis sechs Grad. Bei Kartoffeln sollte die Temperatur leicht höher sein. Haben Kartoffeln zu kalt, werden sie süss.

Gibt es Gemüse, die nicht eingelagert werden können?
Gemüse wie Kohlrabi, Broccoli, Blumenkohl, Romanesco, Spinat oder Lattich eignen sich nicht; man friert sie besser ein. Kabis sollte man so lange wie möglich draussen stehen lassen, vor dem ersten Frost muss man ihn aber hereinholen. Das Gleiche beim Sellerie. Der ist sehr empfindlich.

Aber es gab bereits Frost.
Ja, er war aber erst oberflächlich und hat die Gemüse nicht beeinträchtigt.

Wie lange ist Lagergemüse haltbar?
Wenn es gut gelagert wird, ohne weiteres bis Februar oder März. Wichtig ist aber, dass nur einwandfreie Ware eingelagert wird. Beschädigte Gemüse sollte man vorneweg verwenden.

Es gibt ja Pflanzen, die im Garten nicht nebeneinander gepflanzt werden sollten. Gibt es solche Regeln auch für die Einlagerung?
Man sollte Rüebli nicht in der Nähe von Äpfeln lagern. Äpfel geben ein Reifungsgas ab, das Rüebli bitter macht.

Und was macht man mit den Tomaten, die noch grün sind?
Vor dem ersten richtigen Frost liest man sie ab. Man füllt sie einlagig in Kistchen und stellt diese auf eine Fensterbank. Hier ist es nun von Vorteil, reife Äpfel dazuzulegen. Die Reife der Tomaten wird dadurch beschleunigt. Allerdings sind solche Tomaten nie so fein wie jene, die an der Staude ausreifen.

Könnte man die Stauden nicht ins Haus zügeln?
Stehen sie in Kübeln, durchaus. Dann kann man eine Staude in ein helles Treppenhaus stellen und die Tomaten dort nachreifen lassen. Ich würde dabei aber Aufwand und Ertrag berücksichtigen.

Kann man Stauden ins nächste Jahr hinübernehmen und mit schönem Vorsprung weiterwachsen lassen?
Nein, das geht nicht.

Was macht man mit den Tomatenstauden und all der anderen Biomasse, die im Garten nun anfällt?
Tomatenstauden, Strünke von Kabis oder das Grünzeug von Stangenbohnen würde ich als Hobbygärtnerin kompostieren. Das Kraut von Rüebli und anderen krautigen Gemüsen oder auch Strünke kann man auf den Gartenbeeten verteilen. Durch die Abdeckung wird der Boden über den Winter geschützt.

Warum soll man Tomatenstauden nicht auf die Beete legen?
Wegen der Grösse. Solche Stauden behindern einen später beim Umgraben.

Stichwort Umgraben: Wann und wie soll man den Garten umgraben?
Ist der Boden schwer, sollte er noch vor dem Wintereinbruch umgegraben werden. Der Frost macht die Erde krümelig.

Wie das?
Eis hat ein etwas grösseres Volumen als Wasser. Wenn Wasser in eine Erdritze eindringt und gefriert, kann das Stücke von einer Scholle absprengen. Es ist das gleiche Prinzip wie beim Spaltenfrost.

Woran erkennt man eigentlich schweren Boden?
Man kann das wörtlich verstehen. Von schwerem Boden spricht man, wenn er kompakt und dicht ist wie Lehm.

Kann man jetzt überhaupt etwas anpflanzen?
Ja. Nüssler zum Beispiel. Man kann ihn in ein abgeerntetes Rüeblibeet säen oder setzen.

Ohne dass man das Beet wieder herrichten muss?
Ein wenig aufkräueln reicht schon. Man kann den Nüssler grossflächig aussäen. Es gibt weitere Gemüse, die den Winter überstehen. Federkohl etwa. Der benötigt sogar einen Frost, bevor man einzelne Blätter ernten kann. Rosenkohl funktioniert ebenfalls so. Bei solchen Gemüsen ist eine fortlaufende Ernte im Winter möglich. Im Übrigen sollten auch Zwiebelpflanzen, also Tulpen, Krokusse, Zierlauch oder Osterglocken jetzt in den Boden. Und auch Obstbäume, Himbeeren und Sträucher wie der Johannisbeerstrauch sollten in dieser Jahreszeit gepflanzt werden.

Warum nicht im Frühling?
Im Frühling kann man auch noch Bäume und Beeren pflanzen. Die im Herbst gepflanzten haben jedoch einen besseren Start. Im Sommer muss ein Baum den grössten Teil seiner Energie in die Blätter und Früchte stecken. Im Herbst ist er diesbezüglich weniger gefordert. Ist ein Obstbaum im Saft, kann man ihn nicht wurzelnackt pflanzen.

Wurzelnackt?
Davon spricht man, wenn die Wurzeln nicht von einem Erdballen umgeben sind. Eine Pflanzung mit Erdballen ist natürlich viel aufwendiger.

Wenn man einen Obstbaum pflanzt, werden zum Schutz der Wurzeln vor Mäusen Gitterkäfige empfohlen. Sind solche wirklich nötig?
Mäuse sind tatsächlich ein Thema. Man kann aber auch die Scherben zerbrochener Flaschen in den Wurzelbereich einstreuen. Das ist von mir aus gesehen das bessere Mittel gegen die Nager. Bei Gitterkörben können Bäume manchmal nicht richtig auswurzeln.

Aber aus der Perspektive der Mäuse ist die Methode nicht ganz nett.
Das stimmt, aber sie funktioniert.

Sprechen wir über das Zurückschneiden von Sträuchern und Gräsern. Was empfehlen Sie da?
Gräser sollte man vor dem Winter nicht abschneiden. Besser ist es, sie oben zusammenzubinden und dann im Frühling zu schneiden.

Warum?
Das Zusammenbinden verhindert, dass die Gräser durch Schneelast zu Boden gedrückt werden. Das Problem beim Schneiden ist, dass dann Wasser in die Schäfte der abgeschnittenen Halme dringt. Und wenn es gefriert, kann es der Pflanze Schaden zufügen. Gewisse Stauden wie zum Beispiel Winterastern würde ich ebenfalls stehen lassen: bei Frost gibt das ganz schöne Gebilde.

Noch ein Wort zu den Rosen, bitte.
Der eigentliche Schnitt steht im Frühling an. Vor dem Winter sollte man aber die verwelkten Blüten abschneiden und die Pflanze allenfalls ein wenig einkürzen.

Und die Kübelpflanzen? Da heisst es, die sollten nun an die Wärme.
Heikel sind Zitruspflanzen, Feigen, Agaven, Oleander. Wer einen Wintergarten hat, kann sie dort abstellen. Aber es sollte nicht zu warm sein; 15 Grad sind ideal. Wichtig ist die Helligkeit. Eine andere Möglichkeit ist, sie einer Gärtnerei zum Überwintern zu übergeben.

Und was macht man mit den Gewürzkräutern?
Mehrjährige wie Thymian, Salbei, Rosmarin oder Schnittlauch kann man, sofern sie in Töpfen sind, gut in einem hellen Treppenhaus überwintern. Andere wie Petersilie, einjähriges Bohnenkraut, Dill, Kerbel oder Koriander kann man abschneiden und trocknen.

Also in Bündeln aufhängen?
Ich ziehe es vor, sie auf Haushaltpapier auszulegen. Sie trocknen dann schön gleichmässig. In Bündeln gibt es manchmal Stellen, die nicht so gut trocknen.

Was raten Sie Leuten, die jetzt auf den Geschmack gekommen sind und auch während der Wintermonate ein bisschen gärtnern möchten? Gibt es Indoor-Möglichkeiten?
Salatsprossen wären eine gute Möglichkeit. Da gibt es allerlei Sorten, die man in der Wohnung in Schalen ziehen kann.

Gartenoffensive
Drei Besuche bei der Bantiger Bio-Bäuerin

Kathrin Wullschleger-Reinhard führt in Bantigen ob Bolligen einen Bio-Bauernhof. Die 31-Jährige ist gelernte Staudengärtnerin und Bäuerin; sie hat den Betrieb dieses Jahr von ihrer Mutter übernommen. Mit ihrer ersten Saison sei sie «über alles gesehen sehr zufrieden», sagt sie, auch wenn das Wetter nicht ganz ideal gewesen sei. Beim Getreide hätten die Erträge besser sein können, «aber der Gemüsebereich war sehr gut». Bei den Bohnen etwa seien die Erträge «unglaublich» gut gewesen.

Zusammen mit ihrem Mann – einem Baumspezialisten, der 80 Prozent auswärts arbeitet –, ihrer Mutter, ihrem Stiefvater und Teilzeitangestellten baut Wullschleger auf über 13,5 Hektaren Gemüse, Getreide, Obst und Blumen an. Der Verkauf erfolgt ab Hof oder jeweils am Mittwochmorgen in Bolligen an einem Marktstand. Gegenwärtig wird intensiv geerntet. Das 180 Meter lange Feld hinter dem Hof ist zu grossen Teilen noch belegt mit den verschiedensten Gemüsen. Die Erntezeit sei für sie sehr befriedigend, sagt Wullschleger. Es sei ihre Leidenschaft, auch seltene Gemüsesorten anzubauen.

Im Frühling hat der «Bund» die Bio-Bäuerin angefragt, ob sie für die Leserinnen und Leser ein paar Tricks verraten könnte, damit das Ziehen von Gemüsesetzlingen klappt (Ausgabe vom 14. März). Im Mai, kurz nach den Eisheiligen, hat Kathrin Wullschleger ein weiteres Mal Hilfestellung geleistet für eine erfolgreiche Gartenoffensive (17. Mai).

Autor:in
Interview: Dölf Barben, "Der Bund"
Nachricht an die Redaktion
Statistik

Erstellt: 24.10.2016
Geändert: 24.10.2016
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