- Region
Kampf ums Gemeindepräsidium: Berufspolitiker, Wirtschaftsfrau oder Musiker
Am 27. November wählen die Worber ihren Gemeindepräsidenten. Ist es Christoph Moser (SP) oder Lenka Kölliker (FDP), welche die erste Frau im Amt wäre? Oder kann sich Gemeindepräsident Niklaus Gfeller (EVP) zum dritten Mal durchsetzen?
Es ist ruhig in Worb, obwohl in gut drei Wochen die Gemeindewahlen stattfinden. Fast zu ruhig. Wer wird Gemeindepräsident? Dies ist die wichtigste Frage, die sich die Worber Wähler stellen. Doch abgesehen von einigen Plakaten, einem Podium dieser Zeitung und kleineren Parteievents ist der Wahlkampf kaum zu spüren. Es geht gesitteter zu als vor vier Jahren, als in Worb eine hitzige Atmosphäre herrschte.
Die Parteien haben eingesehen, dass sie, wenn sie gegen den Gemeindepräsidenten eine Chance haben wollen, mit Einzelkandidaturen antreten müssen. Es sind Lenka Kölliker (FDP) Christoph Moser (SP) und der amtierende Niklaus Gfeller (EVP). Dessen Gegner sind gezwungen anzugreifen, weil es schwierig ist, einen amtierenden Gemeindepräsidenten abzuwählen. Die Chance auf einen zweiten Wahlgang stehen gut.
Fürs Foto mussten sich die Kandidierenden auf dem Bärenplatz in Szene setzen. Moser und Kölliker wählten als Hintergrund die Gemeindeversammlung. Bei einer Wahl wäre das ihr künftiger Arbeitsplatz. Gfeller entschied sich für den Coop, denn es sei sehr wichtig für Worb, dass der Grossverteiler an seinem Standort bleibe.
Niklaus Gfeller, EVP
Der Bisherige will offene Geschäfte zu Ende führen
Er spüre, dass alle im Gemeinderat am gleichen Strick zögen, sagt Niklaus Gfeller (EVP). Mit ein Grund, warum der Gemeindepräsident eine dritte Legislatur anhängen will.
Zum dritten Mal steht Niklaus Gfeller im Wahlkampf ums Gemeindepräsidium. Er siegte 2008, er siegte 2012, und er will am 27. November nochmals siegen. Vor vier Jahren gingen die Emotionen hoch. SP, FDP, SVP und das Gewerbe marschierten gemeinsam, um Gfeller vom Thron zu stossen. Ohne Erfolg. Jetzt ist alles ruhiger. «Die laufende Legislatur steht unter einem andern Stern», bilanziert Gfeller. «Alle ziehen am gleichen Strick. Es geht jetzt um die Entwicklung von Worb.»
Auch vor diesen Wahlen wird Gfeller aber kritisiert, nicht zuletzt von seinen Wahlgegnern und Gemeinderatskollegen Christoph Moser (SP) und Lenka Kölliker (FDP). Gfeller sei zu wenig aktiv, informiere mangelhaft und trete gegenüber dem Kanton zu wenig hart auf, wird gesagt. Der Gemeindepräsident kontert, er habe – gerade als Grossrat – regen Kontakt zu Regierungsräten und zu kantonalen Stellen. «Kürzlich war Regierungsrat Christoph Neuhaus bei uns. Im Gemeinderat haben wir die Anliegen der Gemeinde Worb erörtert.» Die Kritiker sähen eben nicht alles, was gemacht werde.
Eines der wichtigsten Ziele Gfellers: «Die Ortsplanungsrevision umgehend zur Genehmigung bringen.» Dann will er sie umsetzen, insbesondere die innere Entwicklung. «Areale mit Potenzial müssen für Überbauungen beplant werden. Mit den Landeigentümern muss man ins Gespräch kommen.»
Vom Worber Gewerbe ist Gfeller fasziniert. «Es ärgert mich, wenn behauptet wird, die Firmen seien nicht innovativ. Das stimmt nicht.» Er ist überzeugt, dass dank der Umfahrungsstrasse neue Firmen nach Worb gebracht werden.
Es brauche vor allem gute Rahmenbedingungen für die Ansässigen, damit Worb attraktiv sei für neue Betriebe. «Arbeitsplätze wurden aber auch in jüngster Zeit geschaffen», betont Gfeller. So habe die Architekturfirma ANS einen Zuwachs bis auf hundert Mitarbeiter gehabt.
Niklaus Gfeller (52), der mit seiner Frau in Rüfenacht wohnt, hat ursprünglich physikalische Chemie studiert. Er unterrichtete vor seiner Zeit als Gemeindepräsident am Gymnasium Neufeld in Bern. Im derzeitigen Amt will er nach acht Jahren nicht aufhören: «Ich mache meine Arbeit gerne. Und laufende Projekte wie die Ortsplanungsrevision und die Verkehrsberuhigung möchte ich zu Ende führen.»
Lenka Kölliker, FDP
Die frühere Diplomatin hat Pläne zugunsten der Wirtschaft
Lenka Kölliker (FDP) sieht Defizite bei der Förderung der Wirtschaft. Sie will aktiv werden, um Worb zum Aufschwung zu verhelfen.
Im Gemeinderat ist Lenka Kölliker (FDP) mit Abstand die Amtsjüngste. Erst seit Juli sitzt sie in der Exekutive, als Nachfolgerin von Monica Masciadri, die zurückgetreten war. Im Rat ist die 47-Jährige fürs Soziale zuständig. Bei ihren ersten Auftritten zu Geschäften ihres Departements im Parlament machte sie einen sicheren, informierten Eindruck. Die kurze Zeit im Amt war ihr nicht anzumerken.
Hauptthema ihres Wahlkampfs ist aber die Wirtschaft. Nicht verwunderlich bei ihrem Beruf: Sie ist Vizedirektorin des Bereichs Risk Management in der Beratungsfirma KPMG. Kölliker verweist auf den Einbruch des Steuerertrags der Worber Firmen und moniert, fürs Gewerbe werde zu wenig getan. Damit greift sie Gemeindepräsident Niklaus Gfeller an. Mit ihm habe sie kein Problem, sagt sie. «Ich schätze ihn als Person.» Aber sie wünsche sich ein stärkeres Engagement vom Präsidenten. Apéros und einzelne Firmenbesichtigungen würden nicht ausreichen. «Worb hat eine perfekte Lage, ist als Wohnort begehrt. Wir müssen aber eindeutig mehr daraus machen.»
Für die Ankurbelung der Wirtschaft hat sie Ideen. Vor allem müsse die Kommunikation verbessert werden, findet sie. Im Gemeinderat möchte sie zudem ein selbstständiges Wirtschaftsdepartement schaffen. Und sie unterstützte die FDP-Idee einer Sonderkommission Wirtschaft, die aktiver auf Firmen zugehen könne. Im Parlament hatte diese Idee aber keine Chance, vor allem wegen der einseitig angedachten Besetzung durch Vertreter aus Wirtschaftskreisen.
Aufgewachsen ist Lenka Kölliker in der Tschechoslowakei – noch in kommunistischer Zeit. Sie liess sich dort zur Diplomatin ausbilden und übte den Beruf sieben Jahre in Bern aus. In der Schweiz lebt sie seit über zwanzig Jahren. Sie wurde Wirtschaftsprüferin und machte den Master zur Bekämpfung von Wirtschaftkriminalität. Kölliker wohnt in Vielbringen, ist verheiratet und Mutter zweier Kinder.
Ihre Arbeitsweise beschreibt sie als «konsequent und zielführend». Als Gemeindepräsidentin würde sie offen und kommunikativ führen. Den Berufswechsel – das Präsidium ist ein Vollzeitjob – fände sie interessant. «Ich könnte mich mit Dingen beschäftigen, die näher am täglichen Leben der Leute liegen.»
Christoph Moser, SP
Der Musiker möchte Worb mit kreativen Ideen weiterbringen
Seit acht Jahren herrsche ein Stillstand in Worb, sagt Christoph Moser (SP). Der Musiker möchte als Präsident die Gemeinde besser positionieren und weiterbringen.
Wie die meisten Politiker und Parteien in Worb hält sich auch Christoph Moser zurück, wenn es um den amtierenden Gemeindepräsidenten geht. Bei ihm ist aber am deutlichsten ersichtlich, dass er mit der Amtsführung von Niklaus Gfeller nicht zufrieden ist.
Seit vier Jahren ist Moser in der Exekutive, leitet das Departement Bildung. Er vermisse beim Präsidenten die Motivation, das «Feu sacré». Für ihn sei die Führung zu wenig kreativ. «Seit acht Jahren herrscht in Worb gegen aussen hin Stillstand. Das hängt auch mit der Kommunikation zusammen.» Christoph Moser will das ändern, will Worb «Schub geben», wie sein Wahlkampfslogan heisst. Er nennt verschiedenste Projekte, die er vorantreiben möchte: die Information verstärken – in der Öffentlichkeit wie im Gemeinderat –, die Fremdverschuldung der Gemeinde abbauen, die Industriezone Worbboden, das «Filetstück», wie er es nennt, vorwärtsbringen und in dieser Sache dem Kanton Beine machen. Und beim Schulhaus Zentrum in Worb schwebt ihm ein Begegnungsplatz vor.
«Die Probleme lösen sich nicht von selbst. Ich will sie nicht aussitzen, sondern packe gerne an», sagt Moser. Und: Ein Gemeindepräsident müsse der Bevölkerung nahe sein. Wenn er gewählt werde, würde er beispielsweise mit dem Gemeinderat zu den Leuten in den einzelnen Ortsteilen gehen und öffentliche Gespräche führen.
Christoph Moser (55) ist von Beruf Musiker. An den Musikschulen Worblental/Kiesental und Olten unterrichtet er Querflöte, dazu leitet er mehrere Chöre. Der Single, der in Worb wohnt, würde im neuen Jahr gerne den Beruf wechseln und den Taktstock im Gemeinderat übernehmen. Auch wenn er kritisiert werden sollte, wie damals, als er die Schulreorganisation umsetzte. Moser stand bei den Rüfenachtern stark im Gegenwind, weil die dortige Oberstufe nach Worb verlegt werden sollte. Und weil der Schulweg dorthin nicht sicher sei.
Jetzt ist das Projekt beendet und der SP-Gemeinderat verbucht es als eine «Erfolgsgeschichte», es seien gute Lösungen gefunden worden. «Die Situation hat mich gestärkt, ich lernte mich von einer neuen Seite kennen», sagt er rückblickend. Das Endresultat, so Moser, sei letztlich «für alle befriedigend».
Erstellt:
01.11.2016
Geändert: 01.11.2016
Klicks heute:
Klicks total:
Bei BERN-OST gibt es weder Bezahlschranken noch Login-Pflicht - vor allem wegen der Trägerschaft durch die Genossenschaft EvK. Falls Sie uns gerne mit einem kleinen Betrag unterstützen möchten, haben Sie die Möglichkeit, dies hier zu tun.