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Fusion: In Tägertschi tätschts das letzte Mal
Im Januar fusioniert das Dorf mit Münsingen. Die letzte Gemeindeversammlung war eine emotionale Angelegenheit.
Jeder an der letzten Gemeindeversammlung von Tägertschi kennt sich und grüsst. So auch Gemeindepräsidentin Cornelia Tschanz. «Wie geht es Ihnen?», fragt sie eine ältere Dame. «Mir würde es besser gehen, wenn heute nicht die letzte Gemeindeversammlung wäre.»
In der Mitte der aufgestellten Stühle hat es einen Gang. Er liegt wie ein Graben zwischen den Befürwortern und den Gegnern der Fusion mit Münsingen. Im Januar 2017 verliert die Gemeinde Tägertschi ihre Eigenständigkeit. Manche sitzen mit gesenktem Kopf auf dem Stuhl, andere blicken in die Ferne, in die Zukunft. «Die allerletzte Gemeindeversammlung ist ein emotionaler Moment für mich», sagt Heidi Habegger. Auch ihren Mann, Heinz Habegger, schmerzt der Entscheid. Der Landwirt ist hier geboren. «Vieles wird sich ändern», mutmasst Habegger. «Wir werden einer unter vielen sein.»
Neben den beiden sitzt Marlies Herzog, künftiges Mitglied der Münsinger Sozialkommission. «Wenn man sich nicht einbringt, kann man nur noch die Faust im Sack machen», sagt sie. Darum wolle sie sich in Münsingen aktiv beteiligen.
Cornelia Tschanz beginnt diese allerletzte Gemeindeversammlung. Auch für sie sei es ein besonderer Abend. «Die Versammlungen werden mir fehlen», sagt sie. Ab Januar sitzt Tschanz im Gemeinderat in Münsingen. Sie habe die anderen Gemeinderäte schon kennen gelernt und habe ein gutes Gefühl. So gehts nicht allen. «Schliesslich bestimmen wir Tägertscher die weitere Entwicklung des Dorfs.»
Das letzte Gestürm
Ein Bürger meldet sich gegen Ende zu Wort. Er wolle einen Antrag stellen. Aus seinen verstrickten Ausführungen ist herauszuhören, dass es irgendwie um den Erhalt der Vereine geht. Viele Bürger haben einen ratlosen Ausdruck im Gesicht. Nach weiteren Ausführungen eines Mitglieds der Initiative erhellen sich die Gesichter immer noch nicht. «Könnt ihr euer Anliegen in einem Satz formulieren, sodass es jeder versteht?», fragt eine Bürgerin. Jemand wirft dazwischen: «Hier drinnen versteht niemand, was ihr sagt.»
Die Antwort folgt sofort: «Wir möchten in einem Artikel verankern, dass die kulturelle Vielfalt der Tägertscher Vereine, zum Beispiel der Dorfverein oder der Theaterverein, auch nach der Fusion erhalten bleibt.» Das Gemurmel der anwesenden 87 Bürger unterbricht Ursula Lehmann, Präsidentin des Vereins Theaterund Musigbüni: «Ihr sprecht von zahlreichen Vereinen, aber eigentlich geht es euch nur ums Schiessen.» Damit erntet Lehmann grossen Applaus.
Der Schiessstand in Tägertschi soll den Betrieb nach der Fusion einstellen, da Münsingen schon zwei Stände unterhält. Nach dem Wortgefecht wird über die Erheblichkeit des Antrags abgestimmt und ob das Geschäft somit ans Münsinger Parlament weitergegeben würde. Mit 55 zu 12 Stimmen wird der Antrag als unerheblich erklärt. Das Gestürm ist vorerst vom Tisch.
Käse von nebenan
Zum Abschluss wird der kürzlich entstandene Film über die Dorfkäserei gezeigt. Er wird auch in der Sonderausstellung im Münsinger Museum zu sehen sein. Beim anschliessenden Apéro wissen alle genau, woher der Käse kommt, in den sie beissen. Nicht zum letzten Mal, denn die Käserei bleibt.
Erstellt:
01.12.2016
Geändert: 01.12.2016
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