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Judo - Das Warten geht weiter

Quelle
Berner Zeitung BZ

Nippon Bern hat an der Team-SM in Brugg die erhoffte Medaille knapp verpasst. Auch Einzel-Schweizer-Meister Dominik Sommer konnte daran nichts mehr ändern.

Einmal keimt noch Hoffnung auf. Als Philippe Villiger seinen Kampf überraschend gewonnen hat, hat Nippon Bern im Duell um die Bronzemedaille an der Team-Schweizer-Meisterschaft die ersten Punkte auf dem Konto. Doch das Team aus Morges erweist sich als ein starker Gegner, der zudem vom Verletzungspech der Berner profitiert. Alexander Völker, der im Halbfinal gegen den nun zehnmal in Serie siegreichen Gastgeber Brugg die einzigen Punkte holte, stürzt in seinem Kampf unglücklich und bricht sich das Schlüsselbein. «Da mussten wir den Traum begraben», sagt Andreas Santschi, Geschäftsführer des Sportcenters Nippon Bern. Denn auch der Sieg von Dominik Sommer im abschliessenden Kampf kann die 6:8-Niederlage nicht mehr verhindern.

Japanischer Architekt

Für die Berner verlängert sich so eine schon jetzt beträchtlich lange Wartezeit. Die letzte Teammedaille geht nämlich auf das Jahr 1982 zurück. Auch Andreas Santschi war damals Teil der Mannschaft und erinnert sich noch gut an diese Zeit, zumal die Berner dazumal auf nationaler Ebene regelmässig vorne mitmischten. Doch bald einmal liess sich keine Equipe mehr zusammenstellen, die Berner verschwanden bei Teamwettkämpfen temporär von der Bildfläche. Dann kam Masaki Negishi.

Santschi bezeichnet den Japaner als den Architekten des Erfolgs. Er sei es gewesen, der am Ursprung des Neuaufbaus gestanden habe. Negishi unterrichtet seit 2003 im Sportcenter Nippon Bern. Und mit dessen Hilfe entschlossen sich die Berner vor zehn Jahren, wieder ein Team aufzubauen. Schnell etablierte sich die Equipe in der 1. Liga, schaffte 2010 den Aufstieg in die NLB. Zwei Jahre später war die Rückkehr in die höchste Liga perfekt. Heuer folgte mit der erstmaligen Qualifikation fürs Final-Four-Turnier, bei dem die besten vier Mannschaften der Saison den Schweizer Meister ermitteln, die Belohnung für die Arbeit.

Erster Einzeltitel

Dominik Sommer trumpfte vor kurzem auch im Einzel auf, als er sich bei der Schweizer Meisterschaft in Neuenburg erstmals den Titel auf Elitestufe sicherte, nachdem er 2006 bei der Jugend und 2009 bei den Junioren triumphiert hatte. Der Erfolg kam indes überraschend, denn in einem Trainingslager in Rom hatte sich Sommer eine Zerrung am Innenband des rechten Knies zugezogen, was ihn dazu zwang, mit deutlich leichteren Gegnern zu trainieren. «Ich wusste, dass ich jeden schlagen kann», sagt Sommer. «Aber es lief besser als erwartet.» Der 26-Jährige sei ein Teamleader, sagt Andreas Santschi. Sommer ist momentan der einzige Berner, der regelmässig auch internationale Wettkämpfe bestreitet.

Der Grosshöchstetter trainiert im Leistungszentrum Brugg circa 25 Stunden pro Woche und ist als Mitglied des nationalen Elitesichtungskaders oft im Europacup unterwegs. Vor gut zwei Jahren war Sommer sogar auf gutem Weg, sich auf noch höherer Stufe beweisen zu können. Nach guten Leistungen auf kontinentaler Ebene sicherte er sich einen Startplatz im Weltcup, wo er Punkte sammeln wollte für sein grosses Ziel, die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro. Doch daraus wurde nichts, Sommer riss sich den Meniskus sowie das Innenband im linken Knie und musste operiert werden.

Den Traum von Olympischen Spielen hat er grundsätzlich noch nicht aufgegeben, vorerst will er aber wieder im Europacup Fuss fassen. «Ich werde sicher noch ein Jahr Vollgas geben und voll auf Judo setzen», sagt Sommer. Wie es danach weitergeht, ist offen. Sommer hat ein Studium in Betriebswirtschaft abgeschlossen und könnte sich auch vorstellen, einer regulären Arbeit nachzugehen. «Nach einem Jahr werde ich schauen, ob die Resultate noch stimmen», sagt er. Nach der Verletzung im Oktober dauere es sicher noch ein paar Wochen, bis er wieder bei 100 Prozent angelangt sei.

Doch ungeachtet dessen, wie die längerfristige Zukunft aussehen wird: Im nächsten Jahr wollen die Berner einen neuen Versuch starten, endlich wieder eine Teammedaille zu gewinnen. «Wir haben in Brugg gesehen, dass es möglich ist», sagt Sommer. 35 Jahre Warten sind genug.

[i] Siehe auch den News-Bericht „Erfolg für Grosshöchstetter Judoka: Dominik Sommer ist Schweizermeister“ vom 23.11.16


Autor:in
Simon Scheidegger, Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 06.12.2016
Geändert: 06.12.2016
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