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Rüfenacht - Das Sonnen-Chalet floriert trotz trister Umgebung

Quelle
Berner Zeitung BZ

Das Areal des ehemaligen Restaurants Sonne liegt noch immer brach. Einziger Lichtblick ist das Sonnen-Chalet. Die Containerbeiz ist das letzte offene Restaurant im Dorf. Doch Besitzer George Reist möchte es verkaufen.

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Erfolg mit der Containerbeiz: Heidi und George Reist freuen sich über die treuen Gäste. In diesem Jahr möchten sie aufhören und das Chalet verkaufen. (Bild: Urs Baumann)
Fast fünf Jahre sind vergangen seit dem Brand des Gasthofs Sonne in Rüfenacht am 6. Februar 2012. Noch immer ist der Platz dort leer und überwuchert. Die Grundmauern der Sonne stehen noch, daneben erhebt sich das brandgeschädigte Stöckli. Auf dem Gelände sind Büsche gewachsen, mittlerweile sind sie 5 Meter hoch.

Die Rüfenachter und Worber werden langsam ungeduldig. «Warum wird dort nicht endlich gebaut?», hört man oft fragen. Die Arealbesitzerin Ramseier + Stucki Architekten AG möchte längst mit ihrem Projekt «Zentrum Sonne» loslegen. Doch die dafür nötigen Planungsvorschriften sind noch nicht entscheidungsreif.
 

Das einzige Leben auf dem Areal spielt sich auf der Ecke Richtung Worb ab. Dort steht ein flaches, weisses Gebäude – aus Containern zusammengefügt. Davor recken Palmen ihre Kronen in den Himmel. Das Sonnen-Chalet ist eine provisorische Gaststube mit 50 Plätzen.
 

Bei milden Temperaturen sitzen besonders am späten Nachmittag regelmässig Dutzende Gäste davor und geniessen die Sonnenstrahlen. Das Beizli ist der letzte offene Gastrobetrieb in Rüfenacht. Das Restaurant Postillion ist schon seit längerem zu.


Eine Nische besetzt

«Es war das Beste, was wir machen konnten», sagt Wirt und Besitzer George Reist rückblickend. Nach dem Brand der Sonne erkannten er und seine Frau Heidi rasch, dass dort eine Nische bestand, die sie besetzen wollten. Im Dezember 2012 eröffneten sie das Chalet. Mitarbeiter haben sie nicht, sie machen alles selbst. Das Restaurant bietet Mittagessen, am Abend gibts Kaltes, und um 20 Uhr schliessen Reists die Tür. Ausser es finde gerade ein Firmenessen oder ein Geburtstagsfest statt.
 

Das Sonnen-Chalet muss nicht um Gäste bangen. «Um 9 Uhr ist hier jeder Stuhl besetzt», sagt George Reist. Auch die Mittagsmenüs sind beliebt. Gegen Abend kommen viele auf ein Feierabendbier. Ganz unterschiedliche Gäste seien es: «Von Büezern bis zu Geschäftsherren.» Besonders stolz ist er auf die vielen Leute aus Rüfenacht und Worb, die bei ihm einkehren.
 

Das Chalet hat einen speziellen Charme: rot-weiss karierte Vorhänge, ältere Restauranttische und -stühle, ein Fumoir und auf dem Vorplatz eine Plastik-Iglu-Bar. Als Reists im Chalet anfingen, dachten sie, es sei für etwa anderthalb Jahre. Doch es lief so gut, dass sie die auf drei Jahre befristete Baubewilligung bis 2018 verlängerten. Das ist der Zeitpunkt, wenn auf dem Areal der Bau des «Zentrums Sonne» beginnen dürfte – sofern nicht Einsprachen das Projekt verzögern.


Verkauf von Kräuterbutter

Doch George Reist möchte sein Chalet verkaufen, möglichst noch in diesem Jahr. «Wir wollten eigentlich 2016 in Pension gehen, das haben wir aber noch verschoben.» Trotzdem sei es bald genug, sagt der 64-Jährige. «Es tut schon weh, das Budeli zu verlassen, aber wir haben hier sehr viel gearbeitet.»
 

Nach seiner Pensionierung gedenkt Reist mit einem Eigenprodukt in den Verkauf zu gehen: seiner Kräuterbutter. Diese serviert er für seinen Chalethit, das Kräuter-Pfänndli. Die Gäste können am Tisch ein Entrecôte in der Butter zu Ende ­braten.
 

Reist hat mehrere Interessenten für sein Chalet. «Die Container sind ja transportierbar. Und es ist alles vorhanden: Küche, Geschirr, Apparate», sagt Reist. «Wenn jemand irgendwo auf einem Platz Strom und Wasser hat, kann er in vier Tagen mit Beizern beginnen.»
 

Falls sich ein Käufer findet und dieser mit dem Sonnen-Chalet wegzieht, steht Rüfenacht wieder ohne Restaurant da – zumindest bis zur Eröffnung der neuen Gebäude, in denen es möglicherweise ein Gastroangebot geben wird.


Neue Zone

Für die Überbauung auf dem Sonne-Areal müssen die Bauvorschriften geändert werden. Denn dort soll ein Gebäude bis maximal 27 Meter Höhe erlaubt sein. Im letzten Jahr haben die ­Behörden der Gemeinde Worb eine Zone mit Planungspflicht (ZPP) und eine Überbauungsordnung (ÜO) ausgearbeitet. Diese baurechtlichen Änderungen mussten dem Kanton ein zweites Mal zur Vorprüfung unterbreitet werden, weil in der ersten Runde einzelne Punkte beanstandet worden waren. Im Januar wird dieser Bericht nun zurückerwartet.

Bei einer positiven Antwort des Kantons werden die ZPP und die ÜO öffentlich aufgelegt. Über die ZPP und den Kredit für den Bau eines öffentlichen Dorfplatzes muss das Worber Parlament entscheiden. Die Überbauungsordnung fällt in die Kompetenz des Gemeinderats. Sagen diese Gremien ja zu den Änderungen der Bauvorschriften, kann die Arealbesitzerin Ramseier + Stucki AG das Baugesuch einreichen.


Autor:in
Herbert Rentsch, Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 06.01.2017
Geändert: 06.01.2017
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