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Worb - Das leere Schulhaus sorgt für Frust
Reihenweise werden Landschulhäuser geschlossen und fürs Wohnen umgenutzt. Doch das kann Tücken haben, wie das Beispiel in Wattenwil bei Worb beweist. Hier sind die vorgesehenen Käufer nach jahrelangem Hin und Her frustriert abgesprungen.
Eigentlich liesse sich gut wohnen im ehemaligen Schulhaus Wattenwil. Es steht hoch über Worb, am Weg zwischen den Weilern Wattenwil und Bangerten. Die Aussicht hier reicht vom Bantiger über den Gurten bis zum Chasseral. Um das Haus hat es einen grossen Spielplatz, Obstbäume und einen Garten. Das Haus an sich ist zwar schon 95-jährig, und die Isolation entspricht nicht mehr heutigen Ansprüchen, ansonsten ist das Gebäude aber gut im Schuss. Schliesslich hat die Gemeinde regelmässig in den Unterhalt investiert.
Seit 2008 wird im Schulhaus nicht mehr unterrichtet. Einzig der Gemeinschaftsraum ist noch in Betrieb, hier trifft sich zum Beispiel der Männerchor zur wöchentlichen Probe. Ansonsten steht das Haus leer. «Das ist sehr schade», findet Gemeinderat Markus Lädrach (FDP). Er ist überzeugt: Das Schulhaus liesse sich zu einem schönen Wohnhaus umbauen. «Wären da nicht diese Auflagen.»
Kompromiss gesucht
Bereits mehrere Versuche haben die Gemeindebehörden unternommen, um das als erhaltenswert eingestufte Schulhaus zu verkaufen. Vor zwei Jahren schien es, als wäre endlich ein Käufer gefunden. Eine Familie erhielt für den Preis von 690 000 Franken den Zuschlag. Bevor sie den Kaufvertrag unterschrieb, arbeitete sie Pläne für ein Mehrgenerationenhaus aus. Ehemalige Klassenzimmer sollten mit Wänden unterteilt, neue Balkone und Aussentreppen angebracht und Fenster vergrössert werden.
Doch der Weiler Wattenwil ist ein «Ortsbild von nationalen Bedeutung», und im Sommer 2015 wurde das ehemalige Schulhaus zu einem «K-Objekt». Das bedeutet: Die Gemeinde konnte die Umbaupläne nicht mehr selber bewilligen, sondern musste die kantonale Denkmalpflege einbeziehen. Diese legte ihr Veto ein. Die Charakteristik des Schulhauses müsse in den Grundzügen erhalten bleiben, argumentierte sie. Das sei beim vorliegenden Projekt nicht der Fall. Es folgte ein langes Hin und Her. Im Auftrag der Gemeinde suchte der ehemalige Finanzverwalter Fritz Jenzer nach neuen Lösungen, nach Kompromissen zwischen Käuferfamilie und Denkmalpflege. Vergeblich. Unlängst zog die Familie ihr Kaufangebot zurück. Sie fand, die Kosten und Einschränkungen seien zu hoch. Der Gemeinde bleibt als einziger Trost, dass sie nun wenigstens ein bewilligungsfähiges Umbaukonzept hat.
Es geht auch anders
«Es ist ärgerlich, dass uns kantonale Behörden solche Stecken zwischen die Beine werfen», sagt Gemeinderat Markus Lädrach. Dem widerspricht der kantonale Denkmalpfleger Michael Gerber vehement. «Entscheidend», sagt er, «ist das Baugesetz.» An dieses müssten sich die Gemeinden als Baubewilligungsbehörden halten, egal, ob die Denkmalpflege beim Umbau von erhaltenswerten Gebäuden mitrede oder nicht. Im Fall Wattenwil seien die Pläne gemäss Baugesetz nicht bewilligungsfähig gewesen, da die äussere Erscheinung massiv verändert worden wäre.
Gerber weiss: Landschulhäuser haben für die Orte, in denen sie stehen, eine ähnlich wichtige Bedeutung wie etwa die Kirche oder die Dorfbeiz. In den letzten Jahren wurden viele geschlossen. Doch auch wenn sie denkmalgeschützt seien, könnten schöne Wohnhäuser daraus gemacht werden, sagt Michael Gerber. Das zeigten unter anderem die Beispiele in der Gemeinde Mühleberg (siehe Zweittext). «Wichtig ist in solchen Fällen, nicht das ganze Gebäude zu verändern, sondern die Eingriffe zu konzentrieren.»
Nochmals von vorne?
Wie es mit dem Schulhaus Wattenwil weitergeht, ist ungewiss. Derzeit seien Verhandlungen mit einem anderen Kaufinteressenten im Gange, erklärt Markus Lädrach. Falls diese scheitern, ist wahrscheinlich eine neue Ausschreibung nötig. «Irgendwann werden wir das Schulhaus bestimmt verkaufen können», sagt er. Angesichts dieser Ausgangslage sei die Frage nur: «Zu welchem Preis?»
ANDERE BEISPIELE
Nachdem Umbau zum preisgekrönten Denkmal
Es geht auch anders: In der Gemeinde Mühleberg wurden zwei Schulhäuser in Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege erfolgreich umgebaut.
In kinderreichen Zeiten eröffneten Landgemeinden ein Schulhaus nach dem andern. Jahrzehntelang taten die Häuser ihren Dienst, wurden oftmals auch unter Denkmalschutz gestellt. Dann kamen die kinderarmen Zeiten – und ein Schulhaus nach dem andern ging wieder zu. Zum Beispiel in Mühleberg. Heute besuchen alle Kinder der weitläufigen Gemeinde den Unterricht in Allenlüften.
Kompromisse gefunden
In den letzten zwanzig Jahren wurden gleich fünf Schulhäuser geschlossen – jenes in Buttenried im Jahr 2004. Das denkmalgeschützte Gebäude wurde an die Immobiliengesellschaft Weissenstein AG verkauft. Bei der Planung des Umbaus zog sie die Denkmalpflege von Anfang an mit ein. «So wussten wir früh, was möglich ist und was nicht», sagt Daniel Arn, der Vertreter der Bauherrschaft. Es habe durchaus auch kontroverse Diskussionen gegeben, aber daraus hätten Kompromisse resultiert, «mit denen wir gut leben können». Insgesamt wurden im Schulhaus Buttenried vier Wohnungen eingebaut, die heute alle vermietet sind.
«Ein Paradebeispiel»
«Innerlich wurde viel verändert. Äusserlich sieht man aber immer noch, dass es ein Schulhaus war», sagt René Maire, der Gemeindepräsident von Mühleberg. «Das ist ein Paradebeispiel.» In seiner Gemeinde gibt es noch ein zweites solches: das ehemalige Schulhaus Mauss. Franziska und Philipp Zingg haben das erhaltenswerte Kleinschulhaus gekauft und zu einem Einfamilienhaus umgebaut. Das ehemalige Klassenzimmer funktionierten sie zu Küche und Wohnzimmer um, in der ehemaligen Lehrerwohnung im Obergeschoss bauten sie Elternschlafzimmer und Kinderzimmer ein. Als Anerkennung für die umsichtige Planung erhielt die Familie Zingg 2010 den ersten Denkmalpflegepreis des Kantons Bern. maz
Erstellt:
11.01.2017
Geändert: 11.01.2017
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