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Ludotheken: "Wir leihen nur noch halb so viele Spielsachen aus"
Rückläufige Ausleihzahlen und kaum noch Freiwillige: Ludotheken bewegen sich in einem schwierigen Umfeld. In Worb zieht der Verein deshalb die Konsequenz. Ende Dezember schliesst die Ludothek ihre Türen.
Was lange befürchtet wurde, ist nun offiziell: Die Ludothek in Worb muss nach 28 Jahren schliessen. «Der Mietvertrag ist gekündigt», sagt Beatrice Lussi, Präsidentin des Ludothekvereins. Noch bis Ende Dezember können Spielsachen ausgeliehen werden. Danach ist Schluss.
Seit sechs Jahren seien die Ausleihzahlen rückläufig, nennt Lussi einen der Gründe für die Schliessung. «Wir leihen heute nur noch halb so viele Spielsachen aus.» Dazu trage wohl auch das Internet bei, mutmasst Lussi.
Denn auf Tausch- und Auktionsplattformen liessen sich schnell die gewünschten Spielzeuge finden. Zudem seien die beschränkten Öffnungszeiten der Ludothek nicht kundenfreundlich.
Der Hauptgrund für die Schliessung sei aber ein anderer: «Wir haben einfach nicht genügend Freiwillige gefunden.» Von den Frauen, die sich seit Jahren freiwillig in der Ludo engagieren, würden die meisten aufhören. «Zu dritt können wir die Ludothek nicht mehr weiterführen.»
Auch die Suche nach neuen Freiwilligen sei ohne Ergebnis geblieben. «Wir haben bereits vor zwei Jahren angefangen zu suchen.» Über 250 Vereinsmitglieder seien angefragt worden. Mit bescheidenem Erfolg: Nur eine einzige Person habe sich gemeldet.
Freiwillige fehlen
«Dort, wo ehrenamtlich gearbeitet wird, stehen die Leute nicht Schlange», sagt auch Regula Herren. Sie ist Präsidentin des Ludothekenvereins Bremgarten. Momentan engagieren sich zehn Frauen im Verein. «Ideal wären aber zwölf», meint Herren.
Heutzutage seien viele Frauen berufstätig. Das mache es schwer, Freiwillige zu finden. Aktiv rekrutiere die Ludothek aber nicht. «Gelegentlich hängen wir Flyer aus im Dorf oder fragen gezielt, wenn jemand Interesse anmeldet. «Es bringt nichts, wenn wir ständig Leute einarbeiten, die dann doch wieder abspringen, weil ihnen der Aufwand zu gross ist.»
Regula Herren ist seit 2012 im Team der Ludothek. «Damals waren die Ausleihzahlen rückläufig.» Besonders 2013 war mit 721 Ausleihen ein schwaches Jahr. «Aber danach ging es kontinuierlich bergauf», freut sich Herren.
Heute verbuche die Ludothek um die 1000 Ausleihungen pro Jahr. Das sei vor allem der Bautätigkeit in der Gemeinde geschuldet. Denn dadurch seien viele junge Familien zugezogen. «Wir versuchen, dieses Niveau zu halten.»
Erfolg in Münsingen
Mit 6000 Ausleihen gehört die Ludothek Münsingen zu den grösseren der Region. Fehlende Freiwillige oder rückläufige Ausleihzahlen kennt man dort im Moment nicht. Doch das sei nicht immer so gewesen, sagt Mitarbeiterin Michéle Born.
«Die Freiwilligen bei uns haben sehr viel Zeit und Engagement in die Ludothek gesteckt.» Es werde viel Werbung gemacht und Veranstaltungen durchgeführt. «Ein motiviertes Team, das anpackt, ist sehr wichtig, um erfolgreich zu sein.»
Regelmässig gehen die Mitarbeiterinnen gemeinsam auf Spieleausstellungen. «Wir achten darauf, dass wir immer das neueste Spielzeug anbieten.» Das trage massgeblich zum Erfolg der Ludothek bei.
Doch Michéle Born betont auch: «Ohne die Unterstützung der Gemeinde ginge es nicht.» Die Ludothek sei auf die finanziellen Beiträge angewiesen.
Doch noch eine Zukunft?
Was mit den Spielsachen der Ludothek Worb nun passiere, sei noch nicht sicher, sagt Beatrice Lussi. «Voraussichtlich machen wir einen Ausverkauf.» Dabei sollen vor allem die Institutionen der Gemeinde berücksichtigt werden.
Noch Hoffnung für die Ludothek hat indes Gemeinderat Christoph Moser (SP): «Es wäre enorm schade, wenn die Ludothek tatsächlich zuginge.» Der Gemeinderat suche deshalb nach einer Lösung. Präsidentin Beatrice Lussi ist weniger optimistisch. «Sollte aber eine zukunftsgerichtete Lösung gefunden werden, wäre dies eine grosse Genugtuung.»
VERBAND DER SCHWEIZER LUDOTHEKEN
Der Verband setzt auf Professionalisierung
«Personalmangel ist für Ludotheken ein grosses Problem», sagt Katharina Dysli. Sie ist die Berner Regionalvertreterin im Verband der Schweizer Ludotheken (VSL). Es sei schwierig geworden, neue ehrenamtliche Mitarbeiterinnen zu finden. «Junge Frauen suchen sich meist Arbeit, für die sie auch bezahlt werden.» Neben Worb hätten aus diesem Grund bereits andere Ludotheken schliessen müssen. Beispielsweise diejenigen in Brienz oder Grindelwald.
Auch zurückgehende Ausleihzahlen seien vielerorts ein Problem. «Das war früher anders», sagt Dysli, die seit 25 Jahren in der Ludothek Langnau arbeitet. «Als ich angefangen habe, standen die Leute manchmal Schlange, um Sachen auszuleihen.» Für elektronische Geräte, wie den Nintendo 64, habe es lange Wartelisten gegeben. «Heute haben die Kinder ihre eigenen elektronischen Geräte.» Ohnehin gebe es immer mehr Familien, die Spielzeug nicht mehr ausleihen, sondern gleich kaufen würden.
Mit einer Professionalisierung versucht der Verband, dem Abhilfe zu schaffen, wie Dysli sagt. Beispielsweise könnten Ludo-Mitarbeiterinnen Basis- oder Führungsausbildungen absolvieren. Bei Problemen biete der VSL zudem Coachings an. Dabei habe sich gezeigt, dass es immer wichtiger werde, Veranstaltungen durchzuführen. «Das macht das Angebot bekannt.»
Eine professionelle Führung reiche jedoch nicht aus. Damit Ludotheken auch in Zukunft überleben, brauche es Rückendeckung der Gemeinden. «So wie bei den Bibliotheken», fordert Dysli. Denn oft seien die Gemeinden nicht bereit, die Ludotheken gleichermassen zu unterstützen. js
Erstellt:
27.04.2017
Geändert: 27.04.2017
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