• Region

Münsingen - Der Clou mit der Hundehalle

Quelle
Berner Zeitung BZ

Linke Politiker kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Erst verhinderten sie erfolgreich eine Hundesporthalle bei der Aare. Nun müssen sie zusehen, wie das Projekt immer umfang­reicher wird.

d48b31f1899cfc832e280880938d5248.jpg
d48b31f1899cfc832e280880938d5248.jpg
Jürg Dähler: Der ehemalige Parlamentarier befürchtet, dass ein Entscheid von 2015 zur Farce verkommt. (Bild: Beat Mathys)
Am 1. Dezember 2015 war der Münsinger Gemeindeparlamentarier Jürg Dähler für einen wichtigen politischen Entscheid mitverantwortlich: Auch wegen seiner Stimme wurde eine Vorlage knapp abgelehnt, die eine Hundesporthalle in der Münsinger Au ermöglicht hätte. Kurz darauf zog sich der Grünliberale aus der Politik zurück.

Nun kümmert es Dähler gerade sehr, was in Münsingen abläuft. Am Mittwochabend steht er auf der Brücke über die Autobahn und schaut hinunter auf eine grosse Baustelle. Die Hundehalle befindet sich längstens im Bau. Und sie wird jetzt sogar erweitert. «Das stösst mir sauer auf», sagt er.

Der Entscheid

Dähler blickt anderthalb Jahre zurück: Das Parlament befand Ende 2015 über eine Überbauungsordnung mit einer Änderung des Zonenplans. Dies sollte es dem Pferdestallbetreiber Hans­peter Glur ermöglichen, eine Hundehalle zwischen Autobahn und Aare zu bauen.

Das Projekt stiess bei SP, Grünen und Grünliberalen aus mehreren Gründen auf Widerstand. «Wir störten uns am Mehrverkehr sowie an nicht zonenkonformen Nutzungen wie Wohnungen, Fitnesscenter oder einer Hundephysiotherapie», sagt Dähler. Jetzt befürchtet er, dass dieser Entscheid zu einer «Farce» verkommt.

Die Halle

Der Parlamentsentscheid führte einfach dazu, dass Glur das Projekt anpasste. Er verzichtete auf das Fitnesscenter, den Hundesalon und die Wohnungen für den Betriebsleiter. Der Clou: Jetzt passte der Bau in die geltende Zone, ohne dass sich an den Dimensionen etwas änderte.

Glur brauchte keine Planänderung mehr, sondern nur noch eine Baubewilligung. Im letzten Sommer reichte er das Gesuch ein, im Herbst konnte er bauen. Die Anlage heisst Swiss Dog Arena und wird in einem halben Jahr eröffnet.

Damit nicht genug: Im April reichte Glur ein zweites Baugesuch nach. Er will eine 4 1/2-Zimmer-Wohnung für den Leiter der Hundehalle einbauen. Dies wird sein Sohn Philipp sein, der seit vielen Jahren den Hundesport Agility betreibt. Für die Wohnung beansprucht er eine Ausnahmebewilligung.

Die Kritiker

Für Dähler steht fest: «Das ist eine Zwängerei.» Das Parlament habe klar entschieden, dass es kein Projekt wolle, das nicht zonenkonform sei. Nun schiebe Glur, kaum habe er die Baubewilligung im Sack, ein weiteres Ausnahmegesuch hinterher. «Das ist Salamitaktik.» Dähler stört sich daran: «Es war von Anfang an klar, dass eine Wohnung nicht zonenkonform ist.»

Auch die linken Parteien horchten auf, als sie von Glurs Plänen erfuhren. SP-Parlamentarier Heinz Malli findet das Vorgehen «stossend», wie er auf der Website schreibt. Auf einmal sei es nötig, dass die Anlage dauernd überwacht werde. «Hat man diese Notwendigkeit erst jetzt bemerkt?» Und Grünen-Präsident Jürg Schacher sagt: «Diese Ausnahmebewilligung stört uns unheimlich, auch wenn die Vorschriften eingehalten werden.»

Die Verteidiger

Bauherr Glur will keine Auskunft geben. «Das hat Hand und Fuss», sagt er nur und verweist dann an Ueli Zaugg. Der ehemalige Ko­nolfinger Regierungsstatthalter kümmert sich um die baurechtlichen Belange des Projekts und sah sich in den letzten Wochen mit dem Vorwurf der Mauschelei konfrontiert. Er weist ihn zurück: «Das kann ich mir als ehemaliger Statthalter gar nicht leisten.»

Zaugg hält fest: «Wir wussten von Anfang an, dass wir eine Betriebsleiterwohnung brauchen.» Das sei nötig, um die Anlage vor Vandalen zu schützen. Denn gerade im Sommer sei das Aareufer bevölkert. «Beim ersten Baugesuch ging es darum, möglichst rasch eine Bewilligung zu bekommen.» Ansonsten hätte sich das Projekt um ein ganzes Jahr verzögert.

Zum einen habe die Decke der Einstellhalle fertig erstellt werden müssen, bevor das Grundwasser wieder steige. Zum anderen habe die Gemeinde verlangt, dass die grossen Träger vor der Badieröffnung in die Au transportiert werden. Dies sei nun geschehen – die Badi eröffnet dieses Wochenende.

Gemeinderat Andreas Kägi (FDP) hält die Kritik für unbegründet. «Wir befinden uns nicht mehr im Planungsverfahren, sondern im normalen Baubewilligungsverfahren.» Glur halte sich an das geltende Recht. Es sei jedem Bauherr freigestellt, im Rahmen eines Baubewilligungsverfahrens ein Ausnahmegesuch zu stellen. «Und das werden wir jetzt beurteilen.»

Die Befürchtung

Das Gesuch liegt noch bis Montag auf. «Ich werde Einsprache erheben», sagt Jürg Dähler. Viel Hoffnung macht er sich aber nicht. Viel mehr befürchtet er, dass die Arena irgendwann eine eigene Zufahrt bekommt. Und dass das Naturschutzgebiet, in dem die Halle liegt, noch weiter beeinträchtigt wird.

Autor:in
Johannes Reichen, Berner Zeitung BZ
Nachricht an die Redaktion
Statistik

Erstellt: 05.05.2017
Geändert: 05.05.2017
Klicks heute:
Klicks total: