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Vechigen - Statt Ballonfahrer kamen Fahrende

Quelle
Der Bund

Eine Gruppe von ausländischen Fahrenden hat in Vechigen ein Stück Land gemietet. Mit einer bekannten Masche hätten ihn die ausländischen Fahrenden hinters Licht geführt, sagt der Bauer.

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Die Gemeinde stellte für die Fahrenden in Vechigen mobile Toiletten auf. Für Verunreinigungen will sie den Grundeigentümer haftbar machen. (Bild: Franziska Rothenbühler)

Oberhalb des Dachshölzli in der Gemeinde Vechigen stehen rund 30 Wohnwagen. Das Grundstück gehört einem Landwirt. Dieser hat mit den Fahrenden einen Mietvertrag für die Dauer von zwei Wochen abgeschlossen. Der Landeigentümer sei überrumpelt worden, schrieb die Gemeinde in einer Medienmitteilung gestern. Statt der bewilligten zwei bis drei Gespanne stünden nun viele mehr auf dem Platz. Der Gemeinde seien die Hände gebunden.

Er sei «reingefallen», bestätigt der betroffene Landwirt. Er selbst will anonym bleiben. Den Vorwurf gegenüber den Fahrenden verschärft er sogar: «Sie haben mich angelogen.» Zwei Männer hätten das Land mieten wollen, um Heissluftballone steigen zu lassen. Das habe er bewilligt und ein vorbereitetes Dokument unterzeichnet. Am Abend hätten Nachbarn die Polizei gerufen. «Ich hätte es wissen sollen», sagt er. Die Masche sei ihm sogar bekannt. Hätten die Fahrenden mit offenen Karten gespielt, hätte der Bauer das Land nicht vermietet. «Man weiss, dass es welche gibt, die Probleme machen», sagt er. Probleme hat er aber bisher keine. «Jedenfalls keine grösseren.» Die Fahrenden seien freundlich, wenn er sie besuche. Man sei per Du. Es gebe nun viel mehr Verkehr im Dorf als erwartet.

Der Bauer besucht die Fahrenden täglich. Das dient aber vor allem der Kontrolle. Denn die Gemeinde macht ihn für Schäden und allfällige Verunreinigungen verantwortlich. Sie will ihn nötigenfalls «zur Verantwortung ziehen», schrieb die Gemeinde gestern. Sie rät Landbesitzern denn auch, vor einer Unterschrift auf einem Vertrag Kontakt mit der Polizei und den Behörden aufzunehmen. Dies, um künftig Camps von Fahrenden verhindern zu können. Sperrt sich Vechigen also grundsätzlich gegen Fahrende? Gemeindepräsident Walter Schilt (SVP) winkt ab. «Es geht nicht darum, die Leute zu verurteilen», sagt er. «Zwei, drei Wagen wären auch kein Problem gewesen.» Doch nun hätten sich um die 100 Personen versammelt. «Ein Camp in dieser Grössenordnung wollen wir tatsächlich kein zweites Mal», sagt Schilt. «Zudem will man es ihnen ja dann doch nicht all zu wohl einrichten, sonst kommen sie gleich wieder.»

Andreas Geringer, ist Mediator zwischen Fahrenden und Behörden. Er kenne die Gruppe in Vechigen. Sie sei von Jegenstorf hergezogen. Die vorwiegend französischen Familien besuchten die Schweiz seit den 1970er-Jahren und hätten «einen guten Ruf». Vor zwei Jahren sei der provisorische Platz in Biel, den sie oft benutzt hätten, geschlossen worden. «Sie hatten Pech», sagt er. Dass sie bei ihren Vertragsverhandlungen angeblich nicht völlig transparent agiert hätten, findet er zwar nicht gut, hat aber ein gewisses Verständnis dafür. «Kürzlich habe ich für unseren Verband in 300 Gemeinden erfolglos um einen Standplatz angefragt», erzählt der Präsident des Verbandes Sinti und Roma Schweiz.

Gute und schlechte Erfahrungen

Intensive Erfahrungen mit französischen Fahrenden hat ein Bauernpaar aus Radelfingen gemacht; sehr gute und auch schlechte. Auch sie wollen anonym bleiben. Sie wollen keine Gemüter erhitzen. Letzten Sommer vermieteten die beiden verschiedenen Gruppen von Fahrenden ein Stück Land. «Mit der ersten Gruppe war es super», berichtet die Bäuerin. Das seien «Saubere» gewesen, eine Familie mit etwa zwanzig Wohnwagen aus Strassburg. Sie hätten Referenzen eines Landwirts aus der Ostschweiz gehabt und seien drei Wochen geblieben. «Die Anwesenheit der Fremden war faszinierend und gab auch Einblick in eine fremde Lebenskultur», erinnert sich die Bäuerin.

Arrogante Männer provozieren

Nachdem die erste Gruppe weg war, seien bald darauf weitere Fahrende angekommen, die sich als Verwandte der ersten Gruppe vorgestellt hätten. Mit ihnen hätten aber die Probleme begonnen. «Es hatte darunter einen windigen Typen, der uns auf dem falschen Fuss erwischte», erzählt sie. Der Mann habe das Feld mieten wollen, um eine Hochzeit zu feiern. Durch die positiven Erfahrungen ermutigt, habe man ihm einen sehr günstigen Mietvertrag für 80 Wohnwagen ausgestellt. Gekommen seien dann aber viele mehr. «Darunter hatte es sehr arrogante junge Männer», sagt die Frau. Auf der Zufahrtsstrasse seien sie zu schnell gefahren, hätten Müll zum Autofenster hinausgeworfen und damit die Anwohner gegen sich aufgebracht. Dass das Paar vorerst keine Fahrenden mehr aufnehmen will, liegt aber nicht nur an diesen, sondern auch an den Reaktionen, die diese im Dorf auslösten.

[i] Siehe auch Newsbericht: "Vechigen - Von Fahrenden überrumpelt" vom 18.07.2017


Autor:in
Naomi Jones und Gianna Blum, Der Bund
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Erstellt: 21.07.2017
Geändert: 21.07.2017
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