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Mit dem Velo von Gysenstein nach Griechenland: Fiona Hutmacher verknüpft Abenteuer und Solidarität

Den Gedanken daran trug sie schon länger mit sich herum. Nun setzt Fiona Hutmacher ihre Pläne in die Tat um. Innerhalb von vier Wochen will die studierte Rechtswissenschaftlerin rund 2000 Kilometer mit dem Fahrrad zurücklegen – und dabei Geld für eine Flüchtlingsorganisation sammeln.

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Probefahrt in Gysenstein: Anfang September startet Fiona Hutmacher von ihrem Heimatdorf aus nach Griechenland. (Bild: zvg)
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Outdoor-Sportarten wie Klettern ... (Bild: Owen Tomkins / zvg)
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... und Bergsteigen sind Fiona Hutmachers Leidenschaft. (Bild: Owen Tomkins / zvg)
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Ein schwarzer, schlichter Rahmen und mit rund 13 Kilogramm relativ leicht. Das Tourenvelo hat Fiona Hutmacher (25) extra für die Reise gekauft. „Es ist besonderes stabil und einfach gehalten. Das macht die Reparaturen einfacher“, verrät die Gysensteinerin mit einem herzhaften Lachen. Da sie auf den rund 2‘000 Kilometern vorwiegend alleine unterwegs sein wird, wird sie einfache Reparaturen denn auch selber ausführen. „Einen Schlauch wechseln kann ich. Und sonst vertraue ich darauf, dass es auch unterwegs gute Velomechaniker gibt.“

Vor Ort ein Bild machen

Die Vorfreude und die Begeisterung, mit denen Fiona Hutmacher über ihr Projekt spricht sind ansteckend. Die Reise, die am 2. September startet, soll jedoch nicht nur dem Vergnügen dienen. „Seit zwei Jahren beschäftigt mich, was in Italien und Griechenland geschieht. Seither hatte ich das Ziel, mir selber vor Ort ein Bild zu machen“, erklärt Hutmacher, die im Sommer den Master in Rechtswissenschaften abgeschlossen hat und sich besonders für Migrationsrecht interessiert.

Zur Zeit arbeitet sie an zwei Tagen pro Woche für das Hilfswerk der evangelischen Kirchen Schweiz (HEKS) und ist in dieser Funktion als neutrale Beobachtungsperson bei den Anhörungen von asylsuchenden Flüchtlingen präsent. Den Rest der Woche verbringt die begeisterte Sportlerin in Unterseen, wo sie bei Mountainsurf arbeitet. Ein willkommener Ausgleich nach den teilweise emotional belastenden Situationen und eine Kombination, die sich auch in ihren Reiseplänen wiederfindet.

Von Abenteuern und Schutzsuchenden

„Ich kann zwei Sachen kombinieren, die mir wichtig sind“, sagt Hutmacher. Einerseits das Abenteuer, das die Reise für sie bedeute, andererseits die Solidarität für Flüchtlinge. Via Crowdfunding will die Gysensteinerin für jeden mit dem Velo zurückgelegten Kilometer mindestens einen Franken sammeln. Das auf diese Weise gesammelte Geld geht an MOAS, eine private NGO, die sich für Flüchtlinge einsetzt. Die Reisekosten trägt sie selber.

„Oft wird vergessen, dass die Flüchtlinge Schutzsuchende sind“, ergänzt Hutmacher, die für ihr Projekt deshalb den Namen Shelterseeking gewählt hat und auf ihrer Webseite regelmässig über die Erlebnisse unterwegs berichten wird. „Zwischen der Velo-Tour und dem Schicksal der Flüchtlinge sehe ich Parallelen. Oft betrachten wir das Unbekannte beim Reisen als Abenteuer. Es gibt jedoch auch Menschen, die sich dies nicht aussuchen können und für die das Ungewisse furchteinflössend sein kann.“ Dass sie unterwegs im Zelt übernachten werde, mache ihr umso mehr bewusst, wie wichtig ein sicherer Platz sei.

„Eine gewisse Naivität kann helfen“

Angst alleine unterwegs zu sein, hat sie dennoch nicht. Zwar wird sie zu Beginn der Reise ihre Mutter begleiten. Da ihr Freund in diesem Zeitraum als Industriekletterer auf einer Ölplattform tätig ist, wird sie anschliessend vorwiegend auf sich gestellt sein. „Ich mache öfters solche Sachen“, verrät sie mit einem Schmunzeln. So sei sie etwa mit einer Freundin per Autostopp durch Europa gereist. Oder als Backpackerin durch Mexiko. „Manchmal hilft es vermutlich, wenn man eine gewisse Naivität an den Tag legt.“

Naiv scheint ihr Plan jedoch nicht zu sein. Bereits schmücken rote Sacochen, die ein Velogeschäft zur Verfügung stellt, das Tourenvelo. Details zu Lademöglichkeiten für die elektronischen Karten sind in Abklärung. Und auch die Routenplanung nimmt Form an. Nachdem der ursprüngliche Plan, dem Meer entlang zu fahren, aufgrund der grossen Anzahl Höhenmeter scheiterte, steht nun die Streckenplanung. Via Österreich und Italien wird die leidenschaftliche Outdoor-Sportlerin über Kroatien, Serbien und Mazedonien nach Griechenland fahren. „Ich rechne mit 24 Tagen à 80 Kilometer.“

Shelterseeking soll sensibilisieren

In Griechenland angekommen, wird die Rechtswissenschaftlerin während drei Monaten in Tessaloniki im Namen einer weiteren NGO Flüchtlinge in rechtlichen Fragen beraten. „Auf diese Art kann ich vermutlich mehr leisten, als wenn ich in einem anderen Bereich helfen würde“, sagt Hutmacher, die mit ihren Reiseplänen vor allem eines möchte. „Ich möchte in Bezug auf die Flüchtlingsthematik sensibilisieren und einer stillen Akzeptanz der Geschehnisse entgegenwirken.“

Und während sie sich aufs Velo schwingt, um in Richtung Gysenstein davonzuradeln, fügt sie an: „Ein schreckliches Foto kann man nicht liken – das Bild eines Velos jedoch schon.“


[i] Auf ihrer Webseite www.into-the-unknown.org sowie via Instagram  wird Fiona Hutmacher ab Anfang September regelmässig über ihre Reise berichten. Via Crowdfunding kann das Projekt Shelterseeking auch vor Reisebeginn schon unterstützt werden.


Autor:in
Eva Tschannen, eva.tschannen@bern-ost.ch
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Erstellt: 13.08.2017
Geändert: 13.08.2017
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