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Nervige Nachbarn: Gemeindepräsident plädiert für Toleranz

Hansruedi Blatti, Gemeindepräsident von Wichtrach, plädiert in einem aussergewöhnlichen Aufruf für mehr Toleranz im Zusammenleben. Dass die Mitmenschen manchmal Dinge machten, die andere störten sei normal und nicht zu vermeiden.

"Über das Zusammenleben - Etwas mehr Gelassenheit bitte" betitelt Hansruedi Blatti, Gemeindepräsident von Wichtrach seinen Aufruf an die Bevölkerung in der aktuellen Drachepost.

Er beginnt mit den Vorteilen, die das Leben in der Schweiz und, laut Blatti, besonders in Wichtrach biete: Politische Rechte, materielle Sicherheit, das Gesundheits- und das Bildungssystem, der funktionierende Rechtsstaat und die tiefe Arbeitslosenquote. "Eigentlich haben wir Wichtracher alles, um die glücklichsten Menschen auf der Welt zu sein".

Das Problem: Wir haben Nachbarn

Warum das trotzdem nicht der Fall ist? "Leider gibt es da ein Problem oder viele Problemchen. Ich bin nicht allein. Wir haben Nachbarn und mit diesen müssen wir auf mehr oder weniger engem Raum zusammenleben", so Blatti.

Er präsentiert eine Auswahl von 14 Problemen, die in den letzten 5 1/2 Jahren an ihn als Gemeindepräsidenten herangetragen worden seien. Dazu gehören bellende Hunde, Pferdekot auf der Strasse, plätschernde Brunnen, Jugendliche und ihre nächtlichen Treffpunkte, feiernde, rasenmähende oder grillierende Nachbarn, frisierte Töffli oder die Entsorgung von Glas zu Unzeiten. "Tendenz steigend", schreibt Blatti.

Was nun folgt, ist aber nicht in erster Linie ein Plädoyer für mehr Rücksichtnahme und Zurückhaltung, sondern dafür, den "sogenannt störenden Aktivitäten" der Mitmenschen mit mehr Gelassenheit zu begegnen.

Toleranz und Nachsicht

Es lasse sich nicht verhindern, dass bei fast allem, was man tue, jemand anderes dies unnötig oder störend finde. "Wir könnten nun detaillierte Regeln und Vorschriften erlassen und am Schluss fast jede Tätigkeit verbieten", schreibt Blatti, fügt aber gleich dezidiert an: "Davon halte ich nichts." In einer offenen und liberalen Gesellschaft solle der mündige und verantwortungsvolle Bürger nicht unnötig in seinen Tätigkeiten eingeschränkt werden.

"Gemeinde ist nicht zuständig"

Von den Verursachern störender Tätigkeiten fordert er zwar die nötige Rücksicht. Man solle "einfach mal überlegen, ob ich genau jetzt etwas tun muss oder ob dies nicht zu einem anderen Zeitpunkt oder auf eine andere Art und Weise geschehen könne." Noch mehr appelliert er aber an die Betroffenen, Toleranz und Nachsicht zu üben. "Ich bin überzeugt, dass zu unserem Alltagsleben auch eine gute Portion Gelassenheit gehört." Wenn man den ganzen Tag darauf warte, dass der Nachbar wieder mit diesem hässlichen Geräusch anfange, mache man sich einen lebenswerten Tag als glücklicher Wichtracher kaputt.

Auch sei in den allermeisten Fällen nicht die Gemeinde für zwischenmenschliche Meinungsverschiedenheiten zuständig. Hansruedi Blatt empfiehlt hier das direkte Gespräch.

Autor:in
pd/abu, info@bern-ost.ch
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Erstellt: 24.09.2017
Geändert: 24.09.2017
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