- Wirtschaft
Firma Kästli in Rubigen: Kiesabbauer muss keine Busse bezahlen
Politiker sind überrascht: Die Firma Kästli wird nicht bestraft, obwohl sie in Rubigen ohne Bewilligung Kies abgebaut hat.
Wer im Kanton Bern illegal einen Schuppen erstellt, muss mit einer Busse rechnen – wenn er erwischt wird. Im Falle des Kiesabbaus ohne Bewilligung in Rubigen hingegen wird keine Busse verhängt. Die Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland hat das Verfahren gegen die Firma Kästli eingestellt. Die Staatsanwaltschaft musste sich der Sache annehmen, weil das Verwaltungsgericht im Februar zum Schluss gekommen war, dass in einem Teil der Rubiger Kiesgrube die nötigen Bewilligungen für den Abbau fehlten.
Das Urteil hat mittlerweile einigen Aktivismus ausgelöst. Der Kanton ordnete kürzlich eine Kontrolle aller rund 125 Gruben an. Unter der Leitung der Regierungsstatthalter wird geprüft, ob es auch andernorts Probleme mit den Bewilligungen gibt (siehe "Bund" vom 13. Oktober). Zudem beschäftigen sich die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rats (GPK) und die kantonale Finanzkontrolle mit dem Fall Rubigen.
"Bemerkenswerter Entscheid"
Die Verfügung der Staatsanwaltschaft liegt dem "Bund" vor. Darin heisst es zwar, dass der Tatbestand "objektiv erfüllt" sei. Eine Baubewilligung für den betroffenen Teil der Grube in Rubigen sei nicht vorhanden. Insgesamt stuft die Staatsanwaltschaft die Schuld der Verantwortlichen der Firma Kästli jedoch als "gering" ein. Sie hätten weder fahrlässig gehandelt noch das Gesetz vorsätzlich verletzt. Dem Grubenbetreiber könne "in strafrechtlicher Hinsicht kein Vorwurf gemacht werden".
Gemäss Staatsanwaltschaft verfügte das Unternehmen über gewisse Bewilligungen, auch wenn diese vom Verwaltungsgericht als nicht ausreichend erachtet wurden. Zudem schreibt die Staatsanwaltschaft, dass sich die Kästli AG stets auf die Baupolizeibehörde verlassen habe. Die Gemeinde Rubigen hatte nie einen Fehler festgestellt. Erst als sich Anwohner beschwerten, wurde die Angelegenheit untersucht.
SP-Grossrat und GPK-Präsident Peter Siegenthaler überrascht es, dass der Kiesabbauer ohne Busse davonkommt: "Der Entscheid der Staatsanwaltschaft ist bemerkenswert." Bei GPK-Anhörungen hätten Leute aus der Kantonsverwaltung einen anderen Standpunkt vertreten. Wiederholt sei gesagt worden, dass die Grubenbetreiber selbst für die Einholung der Bewilligungen zuständig seien.
Aus Verwaltungskreisen ist denn auch zu hören, dass der Kiesabbauer durchaus hätte bestraft werden können. Öffentlich bestätigen will dies niemand. Das Gesetz sieht beim Bauen ohne Bewilligung Strafen zwischen 1000 und 40'000 Franken vor, bei schweren Vergehen bis zu 100'000 Franken. Zudem können widerrechtlich erwirtschaftete Gewinne eingezogen werden. In Rubigen geht es um eine Abbaufläche, die grösser als acht Fussballfelder ist. In den letzten 15 Jahren wurde dort fast eine Million Kubikmeter Kies aus dem Boden geholt. Viel Kies ist im betroffenen Teil der Grube nicht mehr übrig.
Firma sieht sich bestätigt
Derweil begrüsst Daniel Kästli, Verwaltungsratspräsident der Firma Kästli, den Entscheid der Staatsanwaltschaft: "Aus der Verfügung geht hervor, dass es sich um einen formellen Mangel handelt." Dies habe im Übrigen auch schon das Verwaltungsgericht festgestellt. "Damit wird bestätigt, dass wir mit bestem Wissen und Gewissen gehandelt haben." Um den "formellen Mangel" zu beheben, hat Kästli ein nachträgliches Baugesuch eingereicht. Der Regierungsstatthalter wird demnächst darüber befinden.
Wichtiger ist der Entscheid der Wettbewerbskommission (Weko). Sie prüft seit 2014, ob Kiesabbauer im Raum Bern-Thun eine marktbeherrschende Stellung missbraucht haben. Kästli gehört zu den Firmen, gegen die ermittelt wird. Ob die Weko Bussen verhängt, ist offen. Frühestens Ende Jahr wird dies bekannt gegeben. Dem Vernehmen nach wird hinter den Kulissen an einem Deal gearbeitet.
[i] Brisanter Bericht Wie weiter?
Die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rats (GPK) hat den Bericht der Finanzkontrolle zum Kiesund Deponiewesen noch nicht zu Ende beraten. Erst wenn die Diskussion abgeschlossen ist, wird die GPK über das weitere Vorgehen informieren. Im Juli veröffentlichte der «Bund» Ergebnisse des Berichts: Der Schaden des Kantons wird auf mehrere Millionen Franken beziffert. (ad)
Erstellt:
24.10.2017
Geändert: 24.10.2017
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