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Schlosswil - Der letzte Akt

Quelle
Berner Zeitung BZ

In rund einem Monat ist die Gemeinde Schlosswil Geschichte – das Dorf schliesst sich mit Grosshöchstetten zusammen. An der letzten Gemeindeversammlung haben die Stimmberechtigten ihre zwei Vertreter für den neuen Gemeinderat bestimmt.

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Tempi passati: Schlosswil ist schon bald keine eigene Gemeinde mehr. (Bild: Beat Mathys)

Am Ende ist da Wehmut. Wenn der Männerchor vom «Dörfli» singt: «Äs het kei Bärge, het kei See, u trotzdäm darf es sich la gseh». Ein Refrain als Ode. An den Ort, in dem die meisten der Zuhörer leben, in dem sie aufgewachsen, verwurzelt sind: Schlosswil. An diesem Donnerstagabend ist das Ende nahe. Spürbar. Im Dorf mit dem ikonischen Gemäuer auf dem Hügel beginnt die allerletzte Gemeindeversammlung der Ortsgeschichte – und der Saal ist bis auf den letzten Platz gefüllt.

Schlosswil fusioniert per Anfang 2018 mit Grosshöchstetten und wird fortan zum Ortsteil der Nachbargemeinde. Für die erste Legislatur nach der Fusion wird die Exekutive auf neun Sitze erweitert. Sieben dieser Sitze sind seit den Höchstetter Gemeindewahlen im Oktober vergeben. Am Donnerstag geht es um die restlichen zwei, um jene, die Schlosswil garantiert wurden. Vier Personen stellen sich zur Wahl, alles Schlosswiler Gemeinderäte.

Grünes Papier, warten

«Ist ja wie bei Bundesratswahlen», sagt einer der Anwesenden, als im Saal das Prozedere bekannt gegeben wird. Die anwesenden 107 Stimmberechtigten erhalten ihre Stimmzettel, schreiben zwei Namen drauf, werfen das grüne Papier in die Urnen. Dann ziehen sich die Stimmenzähler zurück. Fünf Minuten: Das Gemurmel im Saal schwillt an. Zehn Minuten: Eine Frau in der hintersten Reihe tupft sich die Schweissperlen von der Nase. Fünfzehn Minuten: Glockengebimmel, im Saal wird es still.

Die Resultate stehen fest. Der scheidende Gemeinderat Bendicht Stucki gibt sie bekannt: «Eingereichte Wahlzettel, 107. Ungültige, 0. Gültige, 107. Absolutes Mehr, 54. Gewählt ist...»

Zwei Männer, keine Frau

Den Entschluss, sich definitiv der grossen Nachbarin anzuschliessen, hat Schlosswil im September gefasst – nach jahrelanger Planung. Rund 70 Prozent stimmten für die Fusion. Und doch gab es bis zuletzt leisen Widerstand. Jüngst montierten Unbekannte die Ortsschilder an den Dorfeingängen ab, auch das Wappen am Gemeindehaus wurde in einer Nacht- und-Nebel-Aktion entfernt (wir berichteten). Kritische Voten bleiben am Donnerstag aber aus.

Stattdessen verkündet Bendicht Stucki: «... gewählt ist mit 85 Stimmen: Markus Geist.» Der Gemeindepräsident also macht das Rennen. Geist (FDP) führte Schlosswil in die Fusion. «Ein gutes Resultat», sagt er, kurz nachdem die Versammlung zu Ende gewesen ist. «Ich werde versuchen, unsere Kultur nach Grosshöchstetten zu transportieren.» Heisst für ihn: schlanke Verwaltung, einfache Lösungen den komplizierten vorziehen.

Mit Markus Geist zieht auch Stefan Graf (parteilos) in die neue Exekutive ein («... gewählt ist mit 80 Stimmen...»). Das Nachsehen haben Regina Steiner und Franziska Zumbrunnen. Ihnen bleiben die Ersatzplätze. In rund einem Monat ist die Gemeinde Schlosswil Geschichte. Das Ende, es ist nahe. Und der Chor stimmt nochmals an.


Autor:in
Cedric Fröhlich, Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 02.12.2017
Geändert: 02.12.2017
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