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Wichtrach - Festhütte Sagibachhalle

Quelle
Berner Zeitung BZ

Was tun, wenn die Hockeysaison vorbei und das Eis abgetaut ist, die Kosten aber unvermindert laufen? Die Genossenschaft Sagibach zieht Anlass um Anlass, Konzert um Konzert an Land – zurzeit herrscht hier Hochbetrieb.

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Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren: Betriebsleiter Jürg Rytz baut mit seinem Team die Bühne für die Kastelruther Spatzen auf. (Foto: Christian Pfander)

Bis vergangenes Wochenende das Barfestival. Am Donnerstag nun die Kastelruther Spatzen aus dem Südtirol. Und am Samstag gleich noch Trauffer aus dem Berner Oberland.

Jürg Rytz hat alle Hände voll zu tun in diesen Tagen. Dabei ist in der Wichtracher Sagibachhalle, wo Rytz als Betriebsleiter arbeitet, die Saison längst vorbei. Das Eis ist schon seit einem Monat abgetaut, und wo sich sonst die Spieler des Stammvereins EHC Wiki-Münsingen mit ihren Gegnern spannende Hockeyduelle liefern, herrscht gähnende Leere. Wobei dies eben nur bedingt gilt: Gemeinsam mit seinem Team ist Rytz gerade daran, die Bühne aufzubauen – damit alles bereit ist für das volkstümliche Schlagerkonzert von morgen und den Auftritt des Mundartsängers zwei Tage später.

Heute Abend wird der Hallenboden noch mit Stühlen bestückt, dann ist schon Donnerstag, und die Kastelruther Spatzen fahren mit ihrem Equipment vor. Es folgen die obligaten Licht- und Tontests und dann das Konzert, bevor am Freitagmorgen früh wieder Rytz mit seinen Helfern in Aktion tritt und die Stühle wegräumt. Die Halle wird dann nicht mehr 2500, sondern 4200 Leute fassen. Das ist nötig, denn Trauffer zieht. Der Samstagabend in Wichtrach ist schon lange ausverkauft.

Schwarze Null in Wichtrach

Ein Team, das für einen reibungslosen Ablauf sorgt. Dazu eine Halle, die akustisch etwas hergibt und auch so grosszügig gebaut ist, dass der Lastwagen mit all seiner Technik ins Innere fahren kann – diese Punkte sind entscheidend dafür, dass eine Halle wie jene in Wichtrach gemietet wird. Jürg Rytz stellt es fest, und er fährt fort: Für die Sagibach-Genossenschaft als Besitzerin der Anlage sind die Buchungen überlebenswichtig. Ohne sie wäre die eisfreie Zeit bis Anfang August finanziell kaum zu meistern, denn: «Die Löhne für die vier Angestellten laufen ja weiter.»

Neben den Konzerten für das breite Publikum gehen daher in der Sagibachhalle auch Firmen- oder Politanlässe im geschlossenen Rahmen über die Bühne. Die einen finden Jahr für Jahr statt, die anderen nur sporadisch, das Programm sieht also immer etwas anders aus. Heuer fehlt zum Beispiel die freikirchliche Veranstaltungsreihe Aarena, die letztes Jahr gleich eine Woche in Beschlag nahm. Dafür will die Gemeinde wieder einmal ein dreitägiges Dorffest feiern. Im Gegensatz dazu sind die Kastelruther Spatzen mittlerweile fast eine Art Stammgäste in Wichtrach.

Die wichtigste Einnahmequelle in der eisfreien Zeit bleibt indes das Barfestival. An den vier Wochenenden seit Ende März besuchten einmal mehr 14 000 Leute die zur Ausgehmeile gewordene Halle. Die unschönen Begleiterscheinungen früherer Jahre scheinen definitiv Geschichte zu sein. Das auf 18 Jahre angehobene Mindestalter wirkt ebenso wie die verstärkte Präsenz der Security und der Bus, der die Feiernden gratis heimbringt. «Wenn ich an den Festivaltagen am frühen Morgen durchs Dorf gehe, liegt kein Abfall mehr herum», stellt Rytz fest. «Bei den Jungen hat ganz offensichtlich ein Sinneswandel stattgefunden.»

Alles in allem steuern die Anlässe jährlich 300 000 Franken ans 1,3-Millionen-Budget bei. Sie erlauben es der Genossenschaft, regelmässig zu investieren und dennoch mit einer schwarzen Null abzuschliessen. Rytz redet von einer speziellen Situation, wie es sie so sonst kaum gebe: «Wir haben keine Gemeinde im Hintergrund, die uns regelmässig finanziert und allenfalls sogar ein Defizit deckt.»

Defizite in Lyss und Worb

Tatsächlich kommen vergleichbare Anlagen im Umland von Bern nicht ohne regelmässige Zuwendungen der Gemeinden aus. Das gilt für die Seelandhalle in Lyss, wo das Defizit vorletztes Jahr 500 000 Franken betrug, genauso wie für die Eisbahn im Worber Wislepark, wo die öffentliche Hand jeweils 360 000 Franken zahlt. Das hält die Verantwortlichen hier wie dort nicht davon ab, für die eisfreie Zeit ebenfalls nach Mietern zu suchen. Mit leicht unterschiedlicher Stossrichtung.

So ist in Lyss alle zwei Jahre die lokale Gewerbeausstellung Lysspo und alle Jahre Dick’s Armyshop mit dem Rampenverkauf zu Gast. Konzerte gibt es ab und zu zwar auch, doch sie sind eher die Ausnahme als die Regel. Immerhin gibt es mit der Kulturfabrik Kufa in der Gemeinde noch ein zweites Lokal, das nicht konkurrenziert werden soll. Worb wiederum setzt in der eisfreien Zeit vor allem auf eine sportliche Nutzung. Ein spezieller Boden macht zum Beispiel Inlinehockey möglich.

STADT BERN

Eisfreie Zeiten gibt es auch in der Postfinance-Arena in der Stadt Bern. Genutzt wird der Hockeytempel «in der Tendenz für sportliche Aktivitäten», wie SCB-Sprecher Christian Dick sagt. Das können eigene Trainings sein, dazu Sportanlässe wie Tennis, Schwing- oder Boxkämpfe.

Der SCB betreibt die Anlage aus dem Portefeuille des Immobilienunternehmens Swiss Prime Site als Hauptmieter und vermietet sie bei Bedarf an Dritte weiter. Anders als in Wichtrach spielen die Einnahmen aus diesem Geschäft nur eine untergeordnete Rolle. Die Rechnung müsse so oder aufgehen, sagt Dick. Man wisse ja im Vorfeld nie genau, wie sich die Halle vermieten lasse. skk


Autor:in
Stephan Künzi, BZ
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Erstellt: 25.04.2018
Geändert: 25.04.2018
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