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Kästli in Rubigen: Was hat die Gemeinde davon?

Seit einigen Jahren wird vor allem von zwei Anwohnenden der Kiesgrube in Rubigen immer wieder Kritik an der Firma Kästli laut, welche dort seit 60 Jahren Kies abbaut. Derzeit läuft ein baupolizeiliches Verfahren, weil die Auffüllung der Kiesgrube gemäss Anwohnern nicht wie vereinbart vonstattengehe. Negative Schlagzeilen, Lärm und Staub – Was hat die Gemeinde Rubigen eigentlich von Kästli? BERN-OST hat bei Gemeindepräsident Renato Krähenbühl (BDP) nachgefragt.

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Der Kiesabbau bringt Lärm, Staub und inskünftig auch mehr Steuereinnahmen. (Bild: kaestligruppe.ch)
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"Brächte Kästli Rubigen nichts, wären sie schon lange weg": Der Rubiger Gemeindepräsident Renato Krähenbühl (BDP). (Bild: Archiv BERN-OST)
Visualisierung des etappierten Kiesabbaus durch die Kästli AG. (Video: kies-ruetiweid.ch)
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Übersichtsgrafik der IG UeO Kiesabbau Rütiweid NEIN. (Grafik: schuetzt-rubigen.ch)
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„Es würde mich einmal interessieren, was die Bevölkerung von Rubigen von der Kiesgrube profitiert“, kommentiert Willy Gammeter aus Rubigen den letzten BZ-Artikel über das baupolizeiliche Verfahren gegen Kästli und verweist auf Schwerverkehr, Staub und Lärm.

„Kästli ist seit 1958 in Rubigen. Brächte Kästli Rubigen tatsächlich nichts, wären sie schon lange weg“, sagt Krähenbühl. Die Bevölkerung habe sich ja bei Abstimmungen immer wieder für Kästli ausgesprochen.

Kein leises Gewerbe

„Es ist aber unbestritten, dass der Kiesabbau kein leises Gewerbe ist und Staub und Lärm bringt“, sagt Krähenbühl. Seit jeher würden aber Massnahmen ergriffen, um die Auswirkungen auf die Bevölkerung und Umwelt möglichst klein zu halten.

Kästli engagiere sich auch im Dorf, sei ein wichtiger Arbeitgeber und bilde Lernende aus. „In Rubigen und in der Region wohnen zirka siebzig Personen, die für Kästli arbeiten“, so Krähenbühl. Insgesamt sind es 150 Arbeitsplätze.

Neues Dienstleistungszentrum bringt Arbeitsplätze

Das Weiteren verlege Kästli derzeit ihr Dienstleistungszentrum nach Rubigen. „Damit kommen ungefähr 200 weitere Arbeitsplätze nach Rubigen, insgesamt sind es dann etwa 350“, sagt Krähenbühl. Dies sei für Rubigen wichtig, da im Dorf deutlich mehr Wohn- als Industriezonen vorhanden seien. Der Gemeinderat verfolge den Leitsatz, Wohnen und Arbeiten in Rubigen zu fördern.

„Mit dem Verlegen des Sitzes nach Rubigen steigt zudem das Steueraufkommen der juristischen Personen um etwa 30 Prozent“, so Krähenbühl. Weitere Steuereinnahmen im Zusammenhang mit Kästli entstünden durch die finanzielle Entschädigung, welche die Grundeigentümer mit abbaubarem Kiesvorkommen erhielten und welche sie wiederum in Rubigen versteuerten.

Kreisel wirkt gegen Raser

Im Zuge des Baus des neuen Dienstleistungszentrums ist bereits vor rund zwei Jahren ein neuer Kreisel gebaut worden. „900 000 Franken Steuergelder von den Rubiger Bürgern für einen Kreisel, der nur dem Grubenbetreiber nützt, ist dieser doch genau für diesen Schwerverkehr gebaut worden“, moniert Kommentarschreiber Gammeter weiter.

Der vorherige Anschluss stamme aus dem Jahr 1958 und habe den modernen Anforderungen nicht mehr genügt, meint Krähenbühl und präzisiert: „Auf dem Industriegebiet, welches der Kreisel erschliesst, befinden sich auch andere Firmen“. Zudem sei der Kreisel auch die Abzweigung nach Kleinhöchstetten, welche neu mit einem Trottoir versehen sei. Des Weiteren bremse der Kreisel den Verkehr von Allmendingen her stark ab. „Seit dem Bau des Kreisels haben wir dort weniger Geschwindigkeitsüberschreitungen“, so Krähenbühl.

Die Finanzierung des Kreisels hätten sich der Kanton mit 600 000 Franken, Kästli mit 1,7 Millionen Franken und die Gemeinde mit den genannten 900 000 Franken geteilt. „Die Gemeinde konnte dazu eine Mehrwertabschöpfung von 500 000 Franken in Abzug bringen, womit wir nur noch 400 000 Franken bezahlten“, sagt Krähenbühl.

Kiesabbau Rütiweid: Viel Geld für eine kleine Gemeinde


Am 10. Juni stimmt Rubigen über die Überbauungsordnung zum neuen Kiesabbaugebiet Rütiweid ab. 4,5 Millionen Franken will die Kästli der Gemeinde Rubigen innert 30 Jahren für die geplante Ausbeutung der Kiesvorkommen im Gebiet Rütiweid bezahlen. Die Gegner finden das wenig. „Ich bin mir bewusst, dass dies für manche eine Kleinigkeit ist, aber für eine kleine Gemeinde wie Rubigen ist es viel“, sagt Krähenbühl.

Die Gemeinde sei nicht Grundeigentümerin des betreffenden Gebiets. „Wären wir das und würde dort Gold geschürft, bekämen wir mehr“, so Krähenbühl. Kästli bezahle der Gemeinde einen sogenannten Infrastrukturbeitrag.

Bewusst noch keine Steuersenkung


Die Kiesgrubengegnerin Corinne Beringer störte sich gegenüber der Berner Zeitung zudem daran, dass die Steuern in Rubigen nicht gesenkt würden. Krähenbühl: „Wir verkaufen das Fell des Bären erst, wenn wir den Bären haben.“ In der gegenwärtigen Finanzplanung 2019-2022 seien mit Absicht keine Einnahmen aus dem Kiesabbau miteinberechnet worden, da die Gemeinde dann noch nicht mit solchen rechne. „Sonst müssen wir uns den Vorwurf anhören: Ihr habt mit einer Steuersenkung spekuliert, obwohl noch nichts sicher war“, sagt Krähenbühl.

Die Gegner der neuen Kiesgrube befürchten zudem eine Zunahme des Schwerverkehrs. Krähenbühl relativiert: „Ohne den Kiesabbau in Rubigen verschwindet die rechtsgültige Industriezone nicht.“ Das Kies müsste von anderswo mit Lastwagen zur Bearbeitung in das Kieswerk in Rubigen gebracht, und dann aufbereitet wieder mit Lastwagen weggeführt werden. Zudem werde das Kies aus der neuen Grube mit Förderbändern ins Kieswerk geschafft. „Unter dem Strich gibt das wahrscheinlich etwa gleich viel Verkehr wie bis anhin, sicher nicht mehr“, so Krähenbühl.

 

Beschwerde gegen Wiederauffüllung: Begehung im Juni

Bezüglich des baupolizeilichen Verfahrens bestätigt Gemeinderat Stefan Rolli, Ressort Tiefbau, dass es hängig ist. „Die baupolizeiliche Abteilung der Gemeinde Rubigen muss nun prüfen, ob die Vorwürfe zutreffen“, sagt Rolli. Im Juni gebe es eine Begehung mit den betreffenden Parteien.

[i] Abstimmungskampf auch im Internet:

Seit Kurzem präsentiert die Kästli AG ihre Argumente für die UeO auf der Webseite www.kies-ruetiweid.ch. Verwaltungsratspräsident Daniel Kästli begründet den Schritt: "Bei der UeO Rütiweid handelt es sich um ein komplexes Vorhaben, welches nicht einfach mit emotionalen Schlagworten erklärt werden kann. Es ist uns wichtig, dass sich die Stimmberechtigten umfassend und transparent aufgrund von Fakten mit der Vorlage auseinandersetzen können. " Herzstück der Webseite ist ein Fragenkatalog, in dem die Firma auf viele der Fragen eingeht, die im Zusammenhang mit der UeO gestellt wurden. Für den Inhalt der Webseite zuständig sind gemäss Kästli die Kommunikationsabteilung der Firma und er selber als Projektverantwortlicher Rütiweid. Erstellt wurde sie in Zusammenarbeit mit einer externen Fachperson. Zu den Erstellungskosten wie auch zum Abstimmungsbudget allgemein macht Kästli keine konkreten Angaben: "Ein Planungsvorhaben wie die ÜO Rütiweid, welches rund zehn Jahre gedauert hat, ist kostenintensiv. Die Kosten für den letzten Akt der Planungsphase, die Abstimmung, liegen dabei lediglich bei ca.1% der Planungskosten." Als nächster und letzter Schritt wird Kästli nächste Woche einen Flyer verschicken, auf dem sie auf die Webseite verweist.

Auch die IG UeO Kiesabbau Rütiweid NEIN ist im Netz mit einer eigenen Webseite präsent. Als Grund gibt Corinne Beringer an, die Gemeinde habe selber nicht sehr gut informiert. "Sie hat nicht direkt gelogen", betont Beringer. "Aber sie hat Aspekte ausgelassen. Schon nur der Name ist irreführend. Rütiweid kennt niemand. Wenn die Leute erfahren, dass es um das Naherholungsgebiet Schattholz geht, sehen sie die Sache gleich kritischer". Auf der Webseite www.schuetzt-rubigen.ch präsentiert die IG nebst ihren Argumenten auch Bilder des Naherholungsgebiets, Stimmen von kritischen Rubigern und Rubigerinnen und sogar ein Gedicht. Beringer hat die Webseite selber erstellt. Für das Hosting zahlt die IG 10 Franken pro Monat. Ansonsten habe man kein Abstimmungsbudget. Ob die IG weitere Aktionen zur Abstimmung geplant hat, wollte Corinne Beringer noch nicht sagen.


Autor:in
Isabelle Berger, isabelle.berger@bern-ost.ch
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Erstellt: 20.05.2018
Geändert: 20.05.2018
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