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Biglen - Auf alle Felle

Quelle
Berner Zeitung BZ

Seit über 20 Jahren ist Theres Aeberhard in der Fellnähgruppe und näht aus Kaninchenfell flauschige Tierchen. Dieses Wochenende präsentiert die Gruppe ihre Kreationen an der Kleintierschau in Zäziwil.

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Die Fellnähgruppe mit Präsidentin Theres Aeberhard (l.) näht alle 14 Tage gemeinsam. (Foto: Christian Pfander)
Ein Mehrzweckraum im Schulhaus in Biglen: Elf Frauen hieven vier Tische in die Mitte und stellen Stühle dazu. Theres Aeberhard holt Felle und Schafwolle aus Taschen und Kisten, die unter einer Wandtafel stehen.

 

Die Frauen setzen sich hin, packen ihre Nähkästchen aus, entfalten die verschiedenen Abteilungen. Nadeln, Faden, Aalen, Messer, kleine Schächtelchen mit Glasausgen kommen zum Vorschein. Theres Aeberhard wühlt in ihrem Nähkasten, sucht nach dem passenden Werkzeug.

Sie ist Präsidentin der Fellnähgruppe Biglen und Umgebung. Sie trifft sich regelmässig, um Felltierchen zu nähen. Ab und zu auch Kissen oder Kleider.

Vom Schneiden

Aeberhard greift zu einer Schablone. «Ohr, zweimal», steht auf dem Stück Karton. Die 54-Jährige legt die Vorlage auf das Leder und zeichnet den Rand nach. Nach einer Umrundung mit dem Stift hebt sie das Fell. «Zum Schneiden muss es frei in der Luft sein», erklärt sie und spannt eine Rasierklinge in eine Art Teppichmesser. «Mit einer normalen Schere zerfleddert das Fell.» Aeberhard schneidet die eingezeichnet Form aus, Härchen segeln zu Boden.

Die Fellnäherinnen hätten sich schon manchen Vorwurf von Tierschützern anhören müssen. «Obwohl wir nur Felle von Tieren aus der Region benutzen», sagt Aeberhard. Von Kaninchen, die so oder so geschlachtet würden. «Wenn wir die Felle nicht nehmen, muss der Züchter sie entsorgen.» Es sei schade, dass Tierschützer Kaninchen mit Nerzen gleichsetzen.

Seit 2014 gilt in der Schweiz die Deklarationspflicht für Felle. Penibel muss festgehalten werden, woher die Produkte stammen. «So kann man sich vom Fell zweifelhafter Herkunft abgrenzen.»

Vom Nähen

Vor Aeberhard liegen die ausgeschnittenen Fellstücke. Sie nimmt zwei und legt sie übereinander mit der Lederseite nach aussen. Klammern halten die Stücke zusammen. Aeberhard fädelt den Faden ein und stülpt einen Fingerhut auf ihren Zeigefinger. Sie näht mit einer Dreikantnadel. Damit entstehen keine Löcher, sondern Schnitte. «Und dann macht man einfach einen Überwindungsstich.»

Handarbeit sei ihr schon immer gelegen, sagt Aeberhard. Ihr Vater war Kaninchenzüchter, beide Eltern waren im Züchterverein. Jungoder Kleintierausstellungen habe sie häufig besucht. Bei einer solchen Schau habe sie die Fellnäherinnen kennen gelernt.

Von innen nach aussen

Inzwischen hat Aeberhard die Fellstücke zusammengenäht. Durch eine Lücke, die sie beim Nähen freigelassen hat, stülpt sie die Fellseite von innen nach aussen. Aus einem blauen Sack greift sich Aeberhard eine Handvoll Schafwolle. «Man könnte auch andere Materialien zum Stopfen nehmen. Doch wir nehmen Schafwolle, so ist alles natürlich.»

Die Fellnähgruppe Biglen besteht seit über 40 Jahren. Vorher waren die Biglerinnen dem Verein in Konolfingen angeschlossen. «Wie viele waren es damals?», fragt Aeberhard in die Runde. «Oh, das waren viele. Bestimmt über 60», sagt Ida Herzig. Sie ist Gründungsmitglied der Bigler Gruppe. «Und heute sind wir mit elf Frauen schon eine grosse Gruppe.» Nachwuchs zu finden, sei schwierig. Man habe schon vieles versucht, zum Beispiel mit Inseraten im Dorfladen. «Aber die jüngeren Frauen nähen einfach nicht mehr.»

Vom heiklen Schluss

Theres Aeberhard ist an einem heiklen Punkt angelangt. Das Zusammennähen der letzten Lücke. Sie nimmt eine Zahnbürste, taucht sie ins Wasser und benetzt die Fellhaare rund um die Öffnung. «Auf der Fellseite zu nähen, ist heikel», erklärt sie. Die nassen Haare sind geplättet und geben die Sicht auf die Lücke frei. Geübt, mit sorgfältigen Stichen, näht sie das graue Fellhäschen zu.

[i] Jungtierschau Zäziwil, heute 12–21 Uhr, morgen 9–16 Uhr.


Autor:in
Stephanie Jungo, Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 19.05.2018
Geändert: 19.05.2018
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