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Linden - Raubversuch: Wie hoch werden die Strafen?

Quelle
Thuner Tagblatt

Die Männer, die den Raubversuch in Linden und eine ganze Serie von Einbrüchen begingen, haben ihre Taten gestanden. Nun stellten Staatsanwalt und Verteidiger ihre Anträge. Sie haben unterschiedliche Vorstellungen.

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Hier geschah es: Im April 2011 wurde eine Familie in der Wohnung über der Raiffeisenbank in Linden überfallen. (Bild: Thuner, TT)
Im Mai 2011 wurde in Hinterkappelen eine Diebesbande mit gestohlenem Kupfer erwischt. Die aufwändigen Untersuchungen durch die Polizei und die Staatsanwalt zeigten dann, in welchem Ausmass diese Männer überall eingebrochen waren. Als sie anfingen zu erzählen und sie die Polizei zu den Tatorten führten, ging die Fahrt auch nach Linden.

So kam heraus, dass fünf von dieser Bande auch für den versuchten Raubüberfall in Linden veranwortlich sind. Unklar ist bis heute, woher der Onkel des Tippgebers so viel Geld haben sollte, wie sein Neffe behautete. Aber die Männer glaubten es und planten, dort einzubrechen. Sie wollten unbedingt ans Geld. Die Rede war von bis zu 100'000 Franken, die in der Wohnung wären.

Als drei von ihnen in die Wohnung eindrangen, war diese nicht leer, wie sie annahmen. Der Neffe hatte sie jedoch darauf aufmerksam gemacht, dass die Frau und zwei Kinder in der Wohnung seien. Trotzdem drangen sie ein. «Weil sie sich maskierten und auch eine Spielzeugpistole mitnahmen, haben sie einen Raub geplant», argumentierte die Staatsanwältin. «Auch eine echt wirkende Spielzeugpistole ist geeignet ein Opfer in Angst und Schrecken zu versetzen», so die Staatsanwältin.

Da sie kein Geld fanden und ohne Beute abziehen mussten, spricht man von Raubversuch. Weil die fünf als Bande handelten, wo jeder auf seine Weise zur Tat beitrug, forderte die Staatsanwältin allein für den Raub eine Freiheitsstrafe von drei Jahren für jeden einzelnen. Bei allen kam dann noch etwas dazu für die diversen Einbrüche, wegen Drogenkonsum, Verstössen gegen das Strassenverkehrgesetz oder Vernachlässigung der Unterhaltspflichten.

Haftstrafen für alle

«Vier Monate lang waren die Anführer hauptberuflich Einbrecher», fasste die Staatsanwältin die damalige Situation zusammen. Für denjenigen mit den meisten Einbrüchen (rund 65) fordert sie darum eine Gesamtstrafe von 5 Jahren, die beiden Vorstrafen (bedingte Geldstrafen) werden widerrufen.

Beim zweiten Täter, der weniger Einbrüche beging, fordert die Staatsanwältin ebenfalls eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren. Es ist dies eine Gesamtstrafe, darin einhalten ist auch die Reststrafe aus einer früheren Verurteilung. Der dritte Täter soll zu einer Freiheitsstrafe von 4,5 Jahren verurteilt werden. Er habe ein umfassendes und sehr detailreiches Geständnis abgelegt. Zu nur 45 Monaten soll der Vierte, der an etwa 25 Einbrüchen beteiligt war, verurteilt werden. Er habe viel dazubeigetragen, die Rollen der verschiedenen Bandenmitglieder aufzuklären. Der Tippgeber und Neffe des Opfers soll zu einer unbedingten Freiheitstrafe von drei Jahren verurteilt werden. Eine teilbedingte Strafe kommt laut Staatsanwältin wegen der beiden Vorstrafen nicht in Frage.

«Viel zu hoch»

Die Verteidiger waren sich einig, die geforderten Strafen seien viel zu hoch. Ihre Argumente waren sehr verschieden, aber alle fanden, der Bonus für die Geständnisse sei zu gering ausgefallen. Ein Teil der Delikte hätte nur dank den Geständnissen aufgeklärt werden können. Es sei gar kein Raub gewesen, es habe sich um Nötigung gehandelt, wurde argumentiert. Einige Anwälte gingen auch davon aus, dass es sich beim Geld, das die Männer stehlen wollten, um Drogengeld gehandelt habe. «Woher soll sonst ein in bescheidenen Verhältnissen lebender Asylbewerber so viel Geld haben», wurde gefragt.

Bei Drogengeld handelt es sich um nicht geschütztes Eigentum. Da man dieses nicht besitzen kann, kann es auch nicht weggenommen werden, war ein weiteres Argument, um eine tiefere Strafe zu begründen. Allerdings wurde nicht bestritten, dass vier der Angeschuldigten bandenmässig und gewerbsmässig gehandelt hätten. Nur der Neffe des Opfers soll nicht Teil der Bande gewesen sein. Er gab ja nur den Tipp für den Einbruch in Linden und war nur bei zwei weiteren Einbrüchen als Mitläufer dabei.

Er bekam auch praktisch nichts von der Beute. «Beim Neffen zieht sich die Delinquenz nicht wie ein roter Faden durch sein Leben», erklärte die Anwältin. «Er soll die neue Strafe von acht Monaten absitzen, das ist sicher ein Lehrblätz», glaubt die Verteidigerin. Dafür soll bei ihm auf den Widerruf der Vorstrafe verzichet werden. Das Regionalgericht Bern-Mittelland wird nun alle Anträge und Argumente prüfen und ein Urteil fällen. Dieses wird am Freitag bekannt gegeben.

Autor:in
Margrit Kunz / Thuner Tagblatt TT
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Erstellt: 28.11.2012
Geändert: 28.11.2012
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