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Konolfingen - Zeuge: "Es war wie eine Hinrichtung"

Quelle
Berner Zeitung BZ

Beim zweite Prozesstag gegen den Mazedonier, der am Bahnhof Konolfingen einen Mann niedergeschossen hat. Die Staatsanwaltschaft beantragt 18 Jahre Haft.

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Im 4'751-Seelendorf Konolfingen kam es im Juli 2012 zu einer Auseinandersetzung einer Schiesserei. (Bild: Claudia Salzmann)
Ist es nun versuchter Mord oder versuchte Tötung? Gestern wurden am Regionalgericht Bern-Mittelland Plädoyers gehalten. Zur Schiesserei am Bahnhof Konolfingen und zum Täter äusserten sich zwei Anwälte, ein forensischer Psychiater und Staatsanwältin Irma Jaggi. Ihr Plädoyer leitete sie mit dem Zitat eines Augenzeugen ein, der gesehen hatte, wie der Schütze auf den Kopf seines Opfers schoss: «Es war wie eine Hinrichtung.»

Der Niedergeschossene, ein 47-jähriger Albaner, wird den Rest seines Lebens im Rollstuhl sitzen. Er hatte versucht, Geld für einen BMW einzutreiben, den ein Kollege einem fast 28-jährigen Familienvater aus Mazedonien verkauft hatte. Dieser hatte Schulden, seine Frau und die drei Kinder lebten von der Sozialhilfe. Er verkaufte den Wagen weiter, ohne ihn zu bezahlen. 

 

Keine Einsicht

 

Statt den Autoverkäufer und dessen Vermittler zu bezahlen, verjubelte der Mazedonier den Gewinn aus dem BMW-Verkauf in einem Sexclub und im Spielcasino. «Er hatte seine Lage selbst verschuldet», sagte Staatsanwältin Jaggi. Die Gläubiger machten aber Druck und gingen dabei laut Jaggi unzimperlich vor. Sie bedrohten und terrorisierten den Käufer des BMW. Dieser lockte sie für eine angebliche Geldübergabe in seine Wohnung in Konolfingen, wo er sie mit der Pistole empfing. «Es war nicht Notwehr. Er machte alles, um seine Opfer zu töten», sagte Jaggi. Der Angeschuldigte habe kaltblütig und besonders verwerflich gehandelt, indem er das am Boden liegende Opfer noch beraubte.

 

Die Staatsanwältin beantragt dem Gericht, den Schützen des versuchten Mordes schuldig zu sprechen. Dafür erachtet sie 18 Jahre Haft als gerechtfertigt. Eine «allenfalls leichtgradig verminderte Schuldfähigkeit», wie sie der forensische Psychiater erwähnte, sei nicht gegeben. «Der Angeschuldigte bagatellisiert seine Tat. Von Einsicht ist nichts zu spüren», so Jaggi.

 

Psychisch angeschlagen

 

Der Anwalt des Autoverkäufers schilderte den Zustand seines Mandanten, der zwar von keiner Kugel getroffen worden sei, aber psychisch schwer verletzt sei. Der Beschuldigte hatte gesagt, dass er den Albaner getötet hätte, wenn dieser nicht geflüchtet wäre. Vor Gericht nahm er dieses Geständnis wieder zurück und sagte, er habe nur die Waffe getestet. «Das sind unglaubwürdige Schutzbehauptungen», so der Anwalt, der den Tatbestand eines vollendeten vorsätzlichen Mordversuchs als erfüllt erachtet. Er hofft auf eine angemessene Bestrafung. Für seinen Mandanten verlangt er 10'000 Franken Genugtuung.

 

Der amtliche Verteidiger des Angeschuldigten erachtet das Tatmotiv als «nicht restlos geklärt». Sein Mandant habe niemanden töten wollen, sondern nur einen Warnschuss abgegeben. Es sei zwar unbestritten, dass er auf die Männer geschossen habe, aber: «Es war eine regelrechte Verzweiflungstat.» Der Griff zur Waffe könne nicht als planmässig bezeichnet werden. Sein Mandant sei von versuchtem Mord freizusprechen. Der Verteidiger beantragt höchstens 7 Jahre Haft. Am Freitag fällt das Gericht das Urteil.

Autor:in
Laura Fehlmann, Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 27.11.2013
Geändert: 27.11.2013
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