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Von Zäziwil bis Aserbeidschan: "Lernen, wie die Schweizer so ticken"

Der Advent bot den Konolfingerinnen und Konolfingern die Gelegenheit, einander besser kennenzulernen. Jeden Abend im Dezember öffnete ein Betrieb, eine Familie oder eine Institution ihre Türen. Am Samstag laden das Mosaik, die ikut-Frauen und das Durchgangszentrum der Heilsarmee zum internationalen Nachtessen. BERN-OST sprach mit zwei der ikut-Frauen.

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Christina Bläuer und Irina Masoud im Café BERN-OST. Masoud fühlt sich noch nicht sicher genug, um ihr Gesicht zu zeigen: "Irakische Bekannte zeigten sich in einem Magazin und wurden danach von Islamisten bedroht." (Bild: Res Reinhard)

Den ikut (interkultureller Treffpunkt für Frauen) in Konolfingen gibt es seit elf Jahren. Einmal im Monat treffen sich ausländische Frauen und Schweizerinnen, oft mit den Kindern, zum Kennenlernen, Plaudern und Basteln. Finanziert wird das Projekt von der politischen Gemeinde Konolfingen, den Raum stellt die katholische Kirchgemeinde zur Verfügung.

 

"Lernen, wie die Schweizer so ticken"

 

Die Frauen kommen aus Zäziwil, Grosshöchstetten, Kiesen, Oberdiessbach, Münsingen, Biglen oder Oberdiessbach. Sie kommen aber auch aus Brasilien, Sri Lanka und Pakistan, aus Nepal und Aserbeidschan, aus Eritrea, Äthiopien und Sudan, Ghana, Kongo, Kenia oder Kamerun, aus Syrien, Ägypten, Marokko, Weissrussland, Russland, der Ukraine, Italien, Deutschland, Spanien oder Frankreich. Organisiert werden die Treffen von sieben Frauen mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund.
 
Zwei davon sind Christina Bläuer aus Biglen und Irina Masoud aus Münsingen. Zum Interview kommen sie mit einer zünftigen Verspätung. "Das ist afrikanische Zeit", lachen sie. Im ikut könnten Neuankommende von denen, die schon länger da sind lernen, "wie die Schweizer so ticken." Die Pünktlichkeit sei so ein Thema. Aber auch, dass wir am Sonntag Züpfe essen oder wie man einen Adventskranz bastelt.
 
Flucht aus Ägypten
 
Bläuer und Masoud kennen den Kulturschock des Ankommens beide aus eigener Erfahrung. Masoud ist ursprünglich aus der Ukraine. Als junge Frau arbeitete sie während eines dreimonatigen Austauschs in einem Hotel in Ägypten, verliebte sich, heiratete und lebte dreizehn Jahre in Kairo. Masouds Ehemann gehört zur Minderheit der koptischen Christen und war aktives Kirchenmitglied. Als die Muslimbrüder immer stärker wurden fühlten sich Masouds sich in Ägypten zunehmend bedroht.
 
Als schliesslich eines Nachts ihr Haus in Flammen stand, flohen sie. "Wir hatten vorallem Angst um unsere Töchter." Die zwei Mädchen sind heute acht und zwölf Jahre alt. Über die tschechische Republik reiste die Familie Masoud in die Schweiz und erhielt nach einem komplizierten, aber mit drei Jahren verhältnismässig kurzen, Verfahren vor einigen Wochen einen positiven Asylbescheid und damit die Aufenthaltsbewilligung B. Nun muss sie aber ihre Flüchtlingswohnung verlassen und ist in Münsingen auf Wohnungssuche.
 
Fremd sein
 
Bläuer lebte die ersten zwölf Jahre ihres Lebens im zentralafrikanischen Kamerun. Als sie mit ihrer Familie nach Bern zurückkehrte, beendete sie ihre Schulzeit an der französischen (Privat-) Schule. "An beiden Orten war ich fremd: In Kamerun das weisse unter all den schwarzen Kindern, in der Schweiz die einzige "arme" unter all den reichen Schülern." Bläuer hat drei Söhne und eine Tochter zwischen sechzehn und vierundzwanzig Jahren.
 
Die beiden Frauen wissen, an wie viele kleine Sachen man sich in einem neuen Land gewöhnen muss. Eine grössere Sache, an die man sich gewöhnen muss, ist die Sprache. An den ikut-Treffen ist die Umgangssprache nach Möglichkeit Deutsch. Masoud spricht nebst russisch, ukrainisch, englisch und arabisch schon sehr gut deutsch. "Ich meldete mich gleich nach unserer Ankunft beim Frauenverein Konolfingen, um ehrenamtlich in der Brockenstube zu arbeiten", erzählt sie. "Irina hat einen enormen Integrationswillen", sagt Bläuer über die Freundin.
 
Internationales Nachtessen mit kanadischem Buffet
 
Unter den Frauen, die im ikut mitmachen, sind viele, die einer anderen Religion angehören als der christlichen. Dass der Anlass am Samstag ein adventlicher ist, habe aber nicht für Diskussionen gesorgt. "Im Gegenteil. Das Interesse an der schweizerischen Kultur ist sehr gross", sagt Bläuer.
 
Am Samstag wird es nebst schweizerischem aber vorallem ganz viel internationales Essen zu kosten geben. Das Essen funktioniert nach dem Prinzip eines "kanadischen Buffets": Jede und jeder bringt etwas mit. Bläuer betont aber: "Es wird auch genug da sein für jene, die nichts selber mitbringen!" Das musikalische Rahmenprogramm bestreitet Christina Bläuer. Sie wird am Klavier Weihnachtslieder und Gospels singen.
 
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Autor:in
Anina Bundi, anina.bundi@bern-ost.ch
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Erstellt: 20.12.2013
Geändert: 20.12.2013
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