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Oberdiessbach - «Die Solidarität war riesig»

Quelle
Berner Zeitung BZ

Vor etwas mehr als einem Jahr brannte in Aeschlen ein Bauernhaus ab, nachdem es vom Blitz getroffen worden war. Nun kann die Eigentümerfamilie mit dem Wiederaufbau beginnen.

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Die Profile stehen. Bis in einem Jahr soll das vom Blitz getroffene Bauernhaus in Aeschlen wiederaufgebaut sein. (Bild: Manuel Berger)
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Dieselbe Perspektive am 18. Juli 2013: Nach dem Blitzschlag blieb vom Wohnhaus mit Ökonomieteil nur noch eine Ruine übrig. (Bild: Markus Hubacher)
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Niemand möchte es erleben, und die meisten rechnen damit, dass das Schicksal sie damit verschonen werde: einem Blitzschlag ins eigene Haus. Die Familie Beat und Ursula Käser und das Ehepaar Samuel und Rosmarie Dummermuth mussten letztes Jahr genau diese Erfahrung machen.

Es war der 18. Juli 2013, kurz nach 15.30 Uhr: Beat Käser schnitt gerade Bäume auf seinem Hof an der Oberen Haube, als es aus dunklen Gewitterwolken zu regnen anfing. Wenig später sah er, wie ein Blitz in Richtung seines wenige Kilometer entfernten Zweithofs in Aeschlen einschlug. Noch wusste er zu diesem Zeitpunkt nicht, dass der Blitz tatsächlich sein Haus am Unterweg getroffen hatte. Käser rief seinen Lehrling an, der gerade dort in der Nähe arbeitete. «Dank ihm konnten wir einiges retten», sagt Käser.

Indes, viel Zeit dafür blieb nicht. Als der Lehrling eine halbe Minute nach dem Einschlag beim Hof ankam, habe bereits der ganze First in Flammen gestanden, erzählt er weiter. Gemeinsam konnten Samuel Dummermuth und der Auszubildende die neun Rinder und einen Heuzettler retten. Rosmarie Dummermuth, die im Haus die Wäsche gebügelt hatte, als der Blitz eingeschlagen hatte, schaffte es zudem, obwohl sie einen Stromschlag erlitten hatte, das Auto in Sicherheit zu bringen. Sie und ihr Mann arbeiten für die Familie Käser und wohnten bis zum schicksalhaften Tag im Hof am Unterhausweg.

Hab und Gut verloren

Glück im Unglück hatte Samuel Dummermuth, der soeben nach Hause gekommen war, als der Blitz das Haus traf. «Er wäre beinahe vom elektrischen Viehhüter erschlagen worden», sagt Käser. Sämtliche elektrischen Anlagen seien entweder durch die Gegend geflogen oder geschmolzen. Zwar war die Feuerwehr rasch vor Ort, doch ausrichten konnte sie nichts mehr. Das Haus war im Jahr 1692 erbaut worden, komplett aus Holz. «Die Feuerwehrmänner hatten keine Chance», erklärt Käser. Ausser dem Auto, einem Handy, einem Portemonnaie und den Kleidern, die sie am Leib getragen hatten, verloren die Dummermuths ihr gesamtes Hab und Gut. Wegen des Stromschlags musste Rosmarie Dummermuth die Nacht zur Abklärung im Spital verbringen. Mittlerweile wohnt das eigentlich pensionierte Ehepaar in Linden, arbeitet aber weiterhin auf dem Gehöft. «So weit haben wir uns erholt, aber es wird schon noch dauern, bis alles verkraftet ist», sagt Rosmarie Dummermuth.

Grosse Solidarität

Nach dem Erhalt der definitiven Baubewilligung Mitte September sind alle froh, dass es nun mit dem Wiederaufbau vorwärtsgeht. Der Bauernhof an der Oberen Haube bietet zu wenig Platz für den gesamten Viehbestand. Im Sommer gab ein provisorischer Unterstand den Tieren Schutz vor der Witterung. Im Winter fanden sie bei Berufskollegen in der Region Unterschlupf. Überhaupt, betont Beat Käser, hätten sie eine riesige Solidarität erfahren. Nachbarn und andere Bauern hätten sie auf verschiedenste Weise unterstützt. Bereits am Tag nach dem Blitzschlag und dem Brand richtete die Gemeinde Oberdiessbach für das Mieterehepaar und die Eigentümerfamilie zudem ein Spendenkonto ein. Für die erhaltenen Spenden und Zeichen der Solidarität sind die Familie Käser und das Ehepaar Dummermuth sehr dankbar.

Abschluss in einem Jahr

Das neue Bauernhaus wird etwas kleiner als das frühere. Dafür werde der Ökonomieteil nicht mehr im Haus integriert sein, sagt Käser, da nach neuem Tierschutzgesetz die Kühe mehr Platz brauchten. Der grössere Stall entsteht den räumlichen Gegebenheiten entsprechend etwa hundert Meter hangabwärts vom Wohnteil entfernt. Wenn alles nach Plan läuft, wird das neue Bauernhaus mit Ökonomieteil bis im Sommer oder Herbst 2015 fertig gebaut sein. Ob das Ehepaar Dummermuth dann wieder an den Unterhausweg ziehen wird, lässt es zurzeit offen. «So weit geht es uns gut», sagt Rosmarie Dummermuth. Der Alltag ist für sie noch immer aussergewöhnlich, jedoch sind sie in erster Linie froh, noch am Leben zu sein.

Autor:in
Manuel Berger, Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 15.10.2014
Geändert: 15.10.2014
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