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Grosshöchstetten - Hitler bringt sein Geschäft in Gefahr

Quelle
Berner Zeitung BZ

Adolf Hitler war auf einem Kaffeerahmdeckeli zu sehen. Das kostet Deckeli-Produzent Peter Wälchli womöglich die Firma. Obwohl nicht er es sei, der das Sujet verkauft habe.

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Geschäftsführer Wälchli: "Unglaublich ist das." (Bild: Beat Mathys)

In einem Café in Baden. Ein Mann will Rahm in seinen Kaffee schütten und erschrickt. Erschrickt, weil er auf dem Rahmdeckeli einen Mann sieht, der dort nicht sein sollte: Adolf Hitler.

So beginnt eine Geschichte, an deren Ende Peter Wälchli in seinem Geschäft in Grosshöchstetten steht und sagt: «Unglaublich ist das.» Der Name des Deckeli-Produzenten steht in etlichen Medien. Hunderte Mails hat er erhalten, ständig klingelt das Telefon. Seine drei Mitarbeiter bleiben zu Hause, viele der Anrufer haben sie beschimpft. «Ich wusste gar nicht, was ich alles bin», sagt Wälchli und lacht säuerlich.

Gefunden auf dem Flohmarkt

In der Schweiz gibt es kein Kaffeerahmdeckeli, das Wälchli nicht liefern kann. Seine Karo-Versand GmbH gestaltet seit 18 Jahren selber viele davon. Ständig ist die Firma auf der Suche nach Themen. «Es hat schon fast alles gegeben», sagt Peter Wälchli. Auf einem Flohmarkt sei er im Jahr 1999 auf ein Buch gestossen mit Bildern von alten Zigarren-Banderolen. Wälchli machte daraus eine Serie mit 30 Sujets. US-Präsidenten sind zu sehen, Napoleon, aber auch Benito Mussolini und Adolf Hitler. «Wir haben diskutiert, ob das problematisch ist», sagt Wälchli. Eingebettet in die Serie fanden sie aber: nein.

So liess Karo Versand die Rähmli abfüllen, bei der Migros-Tochter Elsa. Ab Anfang 2013 verkaufte die Firma sie, allerdings nicht an Restaurants, sondern nur an die 5000 Sammler in der Schweiz. Kein einziger habe reklamiert, sagt Wälchli.

Grosse Schlagzeile

Am Montag rief ein Journalist von «20 Minuten» an. «Am nächsten Morgen hat es mich fast vom Stängeli geputzt», erzählt der 50-Jährige. «Migros-Tochter verkauft Hitler-Kaffeerähmli», hiess es auf der Frontseite.

Umgehend entschuldigte sich die Migros für das Sujet – Wälchli aber verteidigte sich. Er verstehe den Aufruhr nicht, sagte er den Journalisten. «Problemlos» sei das Sujet, zitierten ihn einige Medien. Ein Wort, das er so nie gebraucht habe, sagt Wälchli. Doch die Folgen sind enorm: «Inakzeptabel» seien diese Äusserungen, fand die Migros. Mit Karo-Versand wolle man nichts mehr zu tun haben, sagte ein Sprecher den Medien. Persönlich hat Wälchli noch nichts von der Migros gehört. «Ich habe x-mal angerufen, aber immer hiess es, niemand habe Zeit.» Elsa ist die einzige Firma, die so kleine Mengen abfüllt. «Wenn wir dort nicht produzieren können, stehen wir vor dem Aus.» Die Sammlerszene hätte ein Problem: Karo-Versand stellt nicht nur Serien her, sie dokumentiert auch sämtliche Deckeli aller anderen Produzenten.

Ein Lapsus

Im Rahmen der ganzen Serie sei das Hitler-Deckeli gut eingeordnet, findet Peter Wälchli. Nun aber sind die Rähmchen plötzlich einzeln in einem Café gelandet. Laut Wälchli hätte das nie passieren sollen. Es habe einen Restposten Folie gegeben, der bei Elsa lagerte, der aber Karo-Versand gehörte. Wälchli sagt: «Die Firma hat diese einfach gebraucht, ohne uns vorher zu fragen. Denen ist ein riesiger Lapsus passiert.»

Autor:in
Dominik Galliker, Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 24.10.2014
Geändert: 24.10.2014
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