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Oberthal/Kanton Bern - Einfamilienhäuser sind von gestern

Quelle
Der Bund

Höhere Gebäude, weniger Landverschleiss: Im Kanton Bern läuft der Trend immer mehr Richtung Siedlungsentwicklung gegen innen. Die BDP nimmt bei der künftigen Ausrichtung der Raumplanung eine Schlüsselrolle ein. Sie hat sich auf die Seite der Linken geschlagen.

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Der Bau von Einfamilienhausquartieren, wie hier in Krauchthal, laufen den Zielen der Siedlungsentwicklung gegen innen zuwider. (Foto: Adrian Moser)

Die Emmentaler Gemeinde Oberthal plant auf dem Möschberg ein neues Einfamilienhausquartier. 35 Leute könnten dereinst dort wohnen. Dafür soll eine Hektare Kulturland geopfert werden. Das Projekt ist so gut wie genehmigt. Laut SP-Grossrat Luc Mentha ist dies eine unsägliche Planung. «So darf es nicht weiter­gehen. Es hat keinen Platz mehr für neue Einfamilienhausquartiere», sagt der ehemalige Könizer Gemeindepräsident.

Mentha ist denn auch der Meinung, dass der Regierungsrat mit dem neuen Richtplan in die richtige Richtung zielt. Dieser sieht, gestützt auf die vom Schweizer Stimmvolk angenommene Revision des Raumplanungsgesetzes, einen Paradigmenwechsel vor. Künftig soll der Kanton mit dem Boden haushälterischer umgehen und auf die Karte Siedlungsentwicklung gegen innen setzen. Dies ist im Grundsatz denn auch unbestritten, wie die heute zu Ende gehende Vernehmlassung zeigt. Selbst die SVP spricht von ­einem «interessanten Ansatz».

Wie viel Bauland braucht es noch?

Viel weiter geht der allgemeine Konsens allerdings nicht. Dies zeigt folgendes Beispiel. Der Regierungsrat will in den nächsten 25 Jahren im ganzen Kanton ein Bevölkerungswachstum von rund 10 Prozent anstreben, gleichzeitig sollen die ­bebauten Flächen aber nur halb so stark wachsen – um maximal 1400 Hektaren. Rechtsbürgerlichen Kreisen geht diese Beschränkung zu weit. Sie fordern eine Vergrösserung des Siedlungsgebietes um mindestens 2800 Hektaren. «Ansonsten wird die Entwicklung des Kantons gebremst», sagt Adrian Haas, Chef der FDP-Grossratsfraktion und Direktor des kantonalen Handels- und Industrievereins (HIV). Mentha ist anderer Meinung. In Köniz sei das Wachstum nicht gestoppt worden, obwohl sich die Gemeinde 2008 ein Bauzonenmoratorium auferlegt habe. Noch weiter gehen Grüne und GLP. «Um die Landschaft besser schützen zu können, sind 1400 Hektaren zu hoch ­angesetzt», sagt die grüne Grossrätin Daphné Rüfenacht. Einen konkreten Wert nennt sie nicht. Das tun die Grün­liberalen. Sie verlangen, dass die Grenze bei 1000 Hektaren angesetzt wird.

SVP und FDP stehen alleine da

Im Weiteren will der Regierungsrat 75 Prozent des Wachstums in den Städten und Agglomerationen sowie entlang der Verkehrsachsen realisieren. Die Gemeinden sollen zu diesem Zweck in fünf Zonen eingeteilt werden. Das Credo dahinter: Je zentraler eine Kommune liegt, des­to mehr darf sie sich entwickeln, des­to höher muss aber auch die Bevölkerungsdichte sein. Die Stadt Bern kann demnach ein Bevölkerungswachstum von 12 Prozent anstreben, wobei 88 sogenannte Raumnutzer pro Hektare vorgesehen sind. In Oberthal ist bei 30 Raumnutzern pro Hektare 1 Prozent Wachstum geplant. Haas glaubt aber, dass dieses Verdichtungspotenzial zu hoch angesetzt ist: «Es gibt tausend Gründe, um nicht zu verdichten.» Er denkt etwa an die alte Feuerwehrkaserne in Bern, wo der Denkmalschutz der künftigen Nutzung Grenzen setzt. Die SVP schlägt daher vor, dass Vorschriften abgebaut werden müssten, um die innere Verdichtung zu fördern. Die Aufstockung von Gebäuden oder Erweiterungen von bestehenden Gewerbe­betrieben sollten erleichtert werden. Zudem will die SVP den ländlichen Gebieten mehr Wachstum zugestehen als die Regierung. Die BDP sieht das anders. Sie fordert selbst für Gemeinden wie Oberthal eine noch höhere Dichte. «Für uns ist es wichtig, dass sich das Siedlungsgebiet nicht zu stark ausdehnt», sagt Präsident Heinz Siegenthaler.

Die BDP befindet sich ohnehin in einer Schlüsselposition in Bezug auf die künftige Ausrichtung der kantonalen Raumplanungspolitik. Denn die Partei grenzt sich derzeit klar von SVP und FDP ab. Sie hat sich bereits dafür ausgesprochen, dass die Planungshoheit der Gemeinden beschränkt werden sollte. Zudem gehört sie als einzige bürgerliche Partei dem ­Komitee der Kulturlandinitiative an – zusammen mit dem Bauernverband Lobag und den Grünen. «Wir meinen es ernst mit dem Schutz der schönen Landschaften des Kantons Bern», sagt Siegenthaler. Damit kristallisiert sich bereits heraus, dass Mitte-links künftig gemein­same ­Sache machen könnte. Die Position der BDP ist nämlich weitgehend mit derjenigen der SP, der Grünen, der GLP und zum Teil auch der EVP kongruent. Diese Parteien verfügen im Grossen Rat über eine Mehrheit. Das ist von entscheidender ­Bedeutung. In den nächsten zwei Jahren werden in der bernischen Raumplanungs­politik die Weichen für die Zukunft gestellt: Der Regierungsrat wird den Richtplan verabschieden, der Grosse Rat das revidierte Baugesetz beraten und das Volk über die Kulturlandinitiative abstimmen. Mentha ist denn auch froh über die breite Allianz. «Langfristig wird das dem Kanton Bern guttun.»


Autor:in
Adrian Schmid, Der Bund
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Erstellt: 18.12.2014
Geändert: 18.12.2014
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