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Konolfingen - Google erobert das Schulzimmer

Quelle
Berner Zeitung BZ

In Konolfingen bekommt jeder Schüler ab der 7. Klasse ein eigenes Chromebook ausgehändigt. Mit dem Pilotprojekt sollen die Schüler den Umgang mit neuen Medien und dem Internet lernen.

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Für Anja Studer (l.) und Lynn Wäfler sind die Google-Anwendungen noch Neuland - trotz Erfahrungen mit dem Smartphone (Bilder: Stefan Anderegg, Berner Zeitung BZ).
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Samuel Jäggi hilft das Chromebook startklar zu machen.
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Es läutet zur grossen Pause. Samuel Jäggi sagt: «Hat jemand noch eine Frage?» Ein Dutzend Hände schiessen in die Höhe. Mit der Pausenglocke geht für die Sek-Schüler der 7. Klasse in Konolfingen eine der ersten ICT-Schulstunden zu Ende. ICT? Das bedeutet: Informations- und Kommunikationstechnik. Die Schule Konolfingen hat auf das neue Schuljahr ein Pilotprojekt gestartet, in dem neue Technologien und der Umgang mit Medien fest zum Unterricht gehören.

Samuel Jäggi ist der Verantwortliche des Pilotprojekts. Er unterrichtet seit 2001 in Konolfingen und arbeitet zudem beim Institut für Medienbildung an der Pädagogischen Hochschule Bern. Für ihn ist klar: «Informations- und Kommunikationstechnologien sind neben Lesen, Rechnen und Schreiben heute eine vierte Grundkompetenz, die zum Unterricht gehören muss.» So sehe es auch der Lehrplan 21 vor (siehe Kasten). In der ersten Schulwoche bekamen die Schüler der 7. Klasse alle ein Chromebook ausgehändigt. Das Gerät wird nun jeden neuen Siebtklässler bis zum Schulabschluss drei Jahre später begleiten. «Ein Chromebook soll zum Arbeitsgerät werden, so selbstverständlich wie das Etui», sagt Bernhard Bacher. Er ist Abteilungsleiter Bildung der Gemeinde und ICT-Projektleiter. 

Das Chromebook

Die Unterrichtsstunde beginnt wie jede andere auch. «Guten Morgen Herr Jäggi», hallt es aus den Reihen. Danach öffnen die Schüler ihre Pultdeckel und nehmen ihr neues Gerät hervor. Kurz darauf das erste Problem: «Keine Chance, dich irgendwie an das Passwort zu erinnern?», fragt Jäggi. Der Schüler mit Brille und Pilzfrisur schüttelt nur den Kopf.

Ein Chromebook sieht von aussen aus wie ein Laptop. Der Unterschied ist, dass die Anwendungen nur über eine Internetplattform laufen, bereitgestellt von Google. Die Daten werden nicht auf den Geräten abgespeichert, sondern im Internet in sogenannten Clouds. Rund 300 Franken kostet ein Chromebook. 70 Geräte hat die Schule Konolfingen angeschafft. Für die Eltern entstanden dabei keine Kosten. Mit den eigenen Geräten sollen sich die Schüler nicht nur Informatikkenntnisse aneignen, sondern auch den Umgang mit neuen Medien und dem Internet lernen.

Vertrauen, nicht Kontrolle

Inzwischen sind die Passwörter eingegeben. An diesem Morgen geht es nur darum, die elektronischen Lehrmittel auf das Chromebook zu laden. Der Unterrichtsstoff für Englisch und Französisch befindet sich heute nicht mehr nur in Büchern, sondern auf kleinen Speicherkarten. Wie sich herausstellt, sind die 12-Jährigen zwar an Smartphones gewöhnt und kennen das Internet ein bisschen, aber was sie hier im Unterricht lernen, ist Neuland. Die wenigsten wissen, wie man eine Datei hochlädt und am richtigen Ort abspeichert.

Auf ihren Geräten haben die Schulkinder freien Zugriff auf das Internet. In der Google-Umgebung ist aber ein starker Filter integriert, der anstössige oder unsichere Seiten sperrt. Zudem kann die Lehrperson nachverfolgen, welche Seiten der einzelne Schüler besucht hat. Eine Kontrolle soll aber nicht nötig sein. Denn, dass die Kinder während der Lektion im Internet surfen, statt zuzuhören, gehört dazu. «Wir bringen den Kindern den verantwortungsvollen Umgang mit den neuen Technologien bei», sagt Samuel Jäggi. Bernhard Bacher bestätigt: «Wir müssen vom Gedanken wegkommen, im Schulzimmer alles kontrollieren zu wollen. Stattdessen müssen wir Vertrauen schaffen.»

Die Sorgen der Eltern

Neben der Sicherheit sorgten sich die Eltern auch um den Datenschutz. Bernhard Bacher kann beruhigen: «In die Cloud wird nur Unterrichtsmaterial abgespeichert. Personenbezogene Daten bleiben auf den Servern der Schule.» Ansonsten gälten die Richtlinien der Erziehungsdirektion des Kantons Bern. Die ICT-Unterrichtsstunde geht zu Ende. Es läutet zur grossen Pause. Samuel Jäggi sagt: «Hat jemand noch eine Frage?» Ein Dutzend Hände schiessen in die Höhe. Samuel Jäggi ruft eine Schülerin auf. Sie sagt: «Wann dürfen wir das Gerät mit nach Hause nehmen?» «Nächsten Mittwoch», sagt Jäggi. Und schon gibt es keine Fragen mehr.


Autor:in
Martin Burkhalter, Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 02.09.2015
Geändert: 02.09.2015
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