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Oberdiessbacherin Manuela Wiedmer: "Wir sind alle verrückt"

Quelle
Berner Zeitung BZ

Manuela Wiedmer macht Rollerderby. Ein Frauensport auf Rollschuhen, bei dem es ganz schön rau zu- und hergehen kann. Die 26-Jährige spielt im Team der Bonebreakers Bern.

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Ein ziemliches Gerangel: Beim Rollerderby-Training versucht Raze Kiddo alias Manuela Wiedmer (links) Spielerin und Teamkollegin Apocalypticat alias Isabel Rindlisbacher am Weiterkommen zu hindern. (Bild: Christian Pfander)

Definitiv keine Freizeitbeschäftigung für zarte Mädels hat sich Manuela Wiedmer ausgesucht. Die 26-jährige Oberdiessbacherin betreibt Rollerderby. Es ist ein Frauensport, bei dem zwei Teams auf Rollschuhen gegeneinander ankämpfen. Ziel ist, dass jeweils eine Spielerin pro Team, die sogenannte Jammerin, alle Spielerinnen des gegnerischen Teams überholt. Das mit Taktik, Wendigkeit und Voraussicht. Die Gegnerinnen ihrerseits versuchen, die Jammerin am Weiterkommen zu hindern, indem sie ihr den Weg versperren oder sie wegschubsen. Ein Spiel dauert zweimal dreissig Minuten. Das Spielfeld ist eine markierte ovale Bahn in einer Halle.

Rollerderby hat seinen Ursprung in den USA. Bereits in den Dreissigerjahren wurde dort eine ähnliche Sportart ausgetragen. Das erste Team in der Schweiz entstand 2009 in Zürich. Mittlerweile haben auch Männer diesen Sport für sich entdeckt. In der Schweiz gibt es eine Mannschaft.

Die Knochenbrecherinnen

Trotz Helmpflicht, Zahnschutz, Kunststoffschoner an Ellbogen, Handgelenk und Knie, kriegt jede der Spielerinnen blaue Flecken ab, «und wenns richtig hart zu- und hergeht, auch mal eine blutige Schramme oder ein verstauchtes Steissbein», so Manuela Wiedmer. Sie wirkt tough und kontrolliert. Unter ihrem schwarzen Helm trägt sie pinkfarbene Haare und ist damit nicht die einzige in ihrem Team. Zwischen Nase und Mund glitzert ein kleiner Kristall, ein Piercing. Seit einem halben Jahr spielt sie im Team der Bonebreakers Bern, zu Deutsch Knochenbrecherinnen. Trainiert wird einmal wöchentlich während drei Stunden in der Rollhockeyhalle Uttigen. Eine Kollegin, Mitglied bei den 2013 gegründeten Bonebreakers, habe sie ermuntert mitzumachen. «Ich war vom ersten Moment an begeistert», schwärmt Wiedmer. «Hier kann ich Ausdauer, Fitness und Geschicklichkeit trainieren, nach so was habe ich gesucht.»

Austeilen und einstecken

Beim Rollerderby gehe es nicht sehr temporeich zu und her, man müsse aber einstecken und austeilen können. Letzteres brauche Mut. «Mein Selbstvertrauen ist in den vergangenen Monaten gewachsen», sagt Wiedmer, die eine Lehre zur Orthopädieschuhmacherin in Spiez absolviert. «Wer aber nur seine Aggressionen ausleben will, ist bei uns falsch.» Ein strenges 70-Seiten-Reglement legt genau fest, was erlaubt ist und was nicht. «Meine Hände beispielsweise darf ich nicht einsetzen. Schubsen ist nur mit dem Hintern, dem Oberkörper und den Hüften erlaubt», erklärt Wiedmer, und wer mitmachen will, muss mindestens 18 Jahre alt sein.

«Show ist beim Rollerderby sehr wichtig.» Manuela Wiedmer grinst. So wähle etwa jede Spielerin für sich einen Rufnamen aus. Wiedmer hat sich Raze Kiddo getauft. Raze bedeutet auf Englisch zerstören, und Kiddo heisst die Hauptakteurin im Actionfilm «Kill Bill». Ihre Teamkolleginnen tragen Namen wie Apocalypticat, Cannibalia oder Kamikazia. «Damit will man die Gegnerinnen einschüchtern», sagt sie augenzwinkernd. «Aus diesem Grund schmieren wir uns an Turnieren auch eine schwarze Kriegsbemalung ins Gesicht, und die Gegnerinnen tun das auch.» In der Halle gehe es jeweils laut zu und her: «Die Fans feuern uns von der Tribüne aus an, wir brüllen uns untereinander Anweisungen zu.» Wild und ausgefallen ist auch das Tenue der Bonebreakers: Passend zu ihrem unzimperlichen Namen zieren Totenköpfe und Skelette die Shirts und Shorts der 12 Spielerinnen. Sie tragen gemusterte Leggins, farbige Stulpen und zerrissene Strümpfe. Fast jede hat Tattoos. Auf Manuela Wiedmers Rücken prangt ein schwarzer Baum, an dem ein Vogelkäfig baumelt. Sie bemerkt: «Wir sind alle verrückt und trotzdem ganz normal. Rollerderby ist halt mehr als nur Sport. Es ist ein Lifestyle.»

www.bonebreakers.ch


Autor:in
Franziska Zaugg, Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 07.10.2015
Geändert: 07.10.2015
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