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Verwaltungskreise: Im Herzen Emmentaler, im Kopf Mittelländer

Quelle
Berner Zeitung BZ

Bowil und Linden wollen den Verwaltungskreis Bern-Mittelland verlassen. Sie fühlten sich nicht ernst genommen, sagen sie. Die beiden Gemeinden am Tor zum Emmental bleiben aber die Ausnahme.

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Wohin sich die Gemeinden orientieren. (Bilder: Grafik dc / Quelle BZ)
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Hans Schäfer, Geschäftsführer Region Kiesental.
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Moritz Müller, Gemeindepräsident Bowil.
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Seit fünf Jahren gibt es den Verwaltungskreis und die Regionalkonferenz Bern-Mittelland. Total 85 Gemeinden zählt dieses ­Gebilde. Dazu gehören - am öst­lichen Rand - auch jene aus dem ehemaligen Amt Konolfingen. Gemeinden, die topografisch gesehen Teil des Emmentals sind. Hier fühlt sich Bevölkerung eher den sanften Hügeln zugehörig und nicht der Stadt Bern.

Bowil ist so eine Gemeinde. Es liegt gut 24 Kilometer östlich von Bern und rund 11 Kilometer westlich von Langnau. Im Sommer liess der Bowiler Gemeindepräsident Moritz Müller verlauten, dass die Gemeinde den Verwaltungskreis wechseln wolle. Müller kritisiert ganz offen die Gesprächskultur an den Versammlungen der Regionalkonferenz Bern-Mittelland. «Wir diskutieren nicht auf Augenhöhe, werden nicht als gleichwertiger Partner wahrgenommen, oft fehlt es auch an Respekt.»

Es gibt weitere Gründe, weshalb Bowil einen Wechsel anstrebt. Einer ist finanzieller Natur: Gut 14 000 Franken an Mitgliederbeiträgen könnte die Gemeinde so jährlich einsparen, erklärt Müller. «Dieses Geld setze ich lieber bei uns in der Region ein, zumal wir noch vor drei Jahren die Steuern erhöhen und Vereinsleistungen kürzen mussten.»

Zweigeteilte Gemeinde

Laut Müller ist Bowil auch wirtschaftlich gesehen nicht nur in Richtung Mittelland orientiert. «Wir sind wirklich zweigeteilt», erklärt Müller. «Vor zwei Jahren haben wir mit der Feuerwehr Langnau fusioniert.» Damit seien gleich zwei Regierungsstatthalterämter zuständig, das führe immer wieder zu Irritationen. Geteilt sind auch die Arbeitswege der Bowiler Bevölkerung «Nicht alle fahren nach Bern», auch Langnau und Burgdorf seien wichtige Zentren. «Im Emmental wird es uns wohler sein», sagt Müller. Dort sei man sich ähnlicher. Im Frühling werde nun die Bevölkerung nach einem möglichen Verwaltungskreiswechsel befragt.

Bowil ist nicht die einzige Gemeinde, die sich im Kreis Bern-Mittelland unwohl fühlt. In Linden liegen die Dinge ähnlich. ­Allerdings will diese Gemeinde in den Verwaltungskreis Thun wechseln. Die Gemeindeversammlung hat sich im Juni in einer Konsultativabstimmung dafür ausgesprochen. Auch Linden kommt sich im heutigen Umfeld nicht ernst genommen vor.

Im Zug nach Bern

Bowil und Linden bleiben aber die Ausnahme. Für die anderen, umliegenden Gemeinden ist der Verwaltungskreis Bern-Mittelland alles andere als ein rotes Tuch. Ein Beispiel ist die Gemeinde Zäziwil. Sie liegt nur ge­rade 3 Kilometer näher an Bern als Bowil. In Zäzwil ist ein Verwaltungskreiswechsel überhaupt kein Thema. Gemeindepräsidentin Elsa Nyffenegger erklärt es so: «Sie müssen nur mal am Morgen an den Bahnhof gehen. Wir Zäziwiler nehmen den Zug in Richtung Bern. Dort sind die Arbeitsplätze. Wir sind wirtschaftlich klar nach Bern orientiert.» Und weil die Gemeinde Zäziwil auf die Infrastruktur der Region Bern-Mittelland angewiesen sei, wolle sie auch dort mitreden.

Wenige Anknüpfungspunkte

Auch die anderen Nachbarn sehen keinen Grund für einen Wechsel. «Im Herzen sind wir zwar Emmentaler, aber Tatsache ist, dass wir alle Fäden gegen Westen gespannt haben», erklärt etwa der Oberthaler Gemeindepräsident Andreas Steiner. Für Oberthal seien Konolfingen, Worb und Bern schon immer die wichtigen Zentren gewesen. Das zeigt sich auch in der Zusammenarbeit. So spannt Oberthal bei der Organisation des Zivilschutzes mit Konolfingen und bei der Feuerwehr mit Grosshöchstetten zusammen. «Wir haben wenig Anknüpfungspunkte mit dem Emmental», so Steiner.

Durchaus etwas zu sagen

Landiswil, Arni und Walkringen blicken ebenfalls in Richtung Westen. Für den Landiswiler ­Gemeindepräsidenten Samuel Wittwer würde ein Wechsel nur Schwierigkeiten bringen. «Wir sind historisch mit den umliegenden Gemeinden zusammengewachsen und schauen alle nach Bern», sagt er. Eine Entfremdung würde uns nur schaden.

Von der Kritik, kleine Gemeinden hätten an der Regionalkon­ferenz nichts zu sagen, hält Kurt Rothenbühler als Gemeindepräsident von Arni nichts: «Wir sind eine kleine Gemeinde und froh, dass wir im Dialog bleiben können», sagt er. «Mit gerade mal tausend Einwohnern haben wir eine Stimme, und Bern hat 44, das ist doch mehr als fair.»

Regionalkonferenz

Die Regionakonferenz wurde 2010 zeitgleich mit dem Verwaltungskreis Bern­Mittelland gegründet. Das Gremium, bestehend aus den Gemeindepräsidenten aller angeschlossenen Gemeinden, ist für jene Aufgaben zuständig, die über die Ortsgrenzen hinausführen. Sie plant etwa das Verkehrsangebot, entwickelt Wohnraum oder finanziert bedeutende Kulturinstitutionen mit.

Oft wird kritisiert, dass kleine, ländliche Gemeinden gegen­ über der Stadt Bern und deren Agglomeration keine Stimme hätten. Ein Blick auf die Stimmkraftliste zeigt: Das absolute Mehr erreicht der engere Agglogürtel nicht. Von insgesamt 222 möglichen Stimmen kommen die Stadt Bern, Köniz, Ittigen, Bolligen, Bremgarten, Muri, Ostermundigen und Wohlen gemeinsam höchstens auf 84.


Autor:in
Martin Burkhalter, Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 10.12.2015
Geändert: 10.12.2015
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