• Region

Tägertschi - Auf die Ehe folgt das Stelldichein

Quelle
Berner Zeitung BZ

Im Frühling sagten Münsingen und Tägertschi beide Ja zur Fusion. Nach der beschlossenen Gemeindeehe steht nun das Kennenlernen an. Helfen soll eine Ausstellung im Museum Münsingen.

Wer Ja sagt, braucht Mut. Ganz sicher vor dem Altar, aber manchmal auch an der Gemeindeversammlung. Denn wer Ja sagt, geht oft einem ungewissen Risiko entgegen. Im März sagte das Stimmvolk von Tägertschi mit grosser Mehrheit Ja zur Fusion mit Münsingen. Nicht bei allen Tägertscher war es eine reine Liebesheirat (wir berichteten). Aber wenn der Kopf Ja sagt, ist das oft nachhaltiger, als wenn nur das Herz entscheidet. Und doch gibt es bei aller Vernunft und Zuversicht gerade beim «kleineren» Ehepartner gewisse Unsicherheiten vor dem definitiven Ehevollzug 2017. Wie kommt man mit dem neuen Partner zurecht? Wird man sich mögen? Und: Wird man auch respektvoll behandelt?

Beim bevölkerungsmässig dreissigmal grösseren Münsingen will man diesbezüglich keine Zweifel aufkommen lassen. «Wir wollen Tägertschi mit offenen Armen empfangen», sagt Sarah Pfister. Sie ist Kuratorin des Museum Münsingen. Auf den definitiven Zusammenschluss im Januar 2017 hat sich die Museumskommission ein ganz besonderes Hochzeitsgeschenk ausgedacht: Eine Ausstellung sowie eine Schrift, die sich ganz dem neuen Partner widmen soll. Hierzu ist das Museum auch auf die Hilfe der Bevölkerung von Tägertschi angewiesen. «Die Leute können uns Fotografien, Gegenstände oder Dokumente vorbeibringen, die das Dorfleben und die Geschichte von Tägertschi illustrieren», so Pfister. Dieses Material soll in die Ausstellung und in die Schrift einfliessen. Nach der Verwendung erhalten die Spender ihre Unterlagen wieder zurück.

Filme, Tonaufnahmen, Bilder

Auch das Museum selbst unternimmt viel, um vom Nachbarort ein stimmiges Bild zu zeichnen. «Wir werden mit vielen Einwohnern von Tägertschi Gespräche führen. In der Ausstellung werden diese Tonaufnahmen dann zusammen mit den Dokumenten gezeigt», sagt Pfister. Ausserdem geplant: ein Film über die Dorfkäserei von Tägertschi sowie Porträts von Bauern, die mit innovativen Direktvertrieben die Landwirtschaft aufmischen. «So erhält die Ausstellung sowohl eine Sicht von aussen, als auch eine von innen», sagt Pfister.

Viele Münsinger kennen das Nachbardorf heute noch nicht so gut. «Die Ausstellung soll deshalb auch eine Plattform für neue Begegnungen sein», sagt Pfister. Viele «Rendez-vous» zwischen den Einwohnern sollen dazu beitragen, dass die politisch beschlossene Ehe auch zu einer gelebten wird. Sich lieben lernen, statt sich zu verlieben: Vielleicht tauschen die skeptischen Tägertscher dann nicht nur im Kopf die Ringe mit Münsingen, sondern auch mit dem Herzen.

Autor:in
Quentin Schlapbach, Berner Zeitung BZ
Nachricht an die Redaktion
Statistik

Erstellt: 29.07.2016
Geändert: 29.07.2016
Klicks heute:
Klicks total: