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Öffentlicher Kühlschrank: «Käse, Eier und Orangen waren sofort weg»

Der Verein Stay a while hat in Worb einen zweiten Anlauf für einen öffentlichen Kühlschrank gestartet. Das Bedürfnis sei offensichtlich vorhanden, sagen die Initiantinnen: In der ersten Woche sei Etliches deponiert worden – und immer schnell wieder weg gewesen.

Sie sind zufrieden, der öffentliche Kühlschrank ist in der ersten Woche gut gelaufen: (von links) Esther Gfeller, Rolf Hager und Gertrud Trittibach. (Foto: cw)
Am 2. März eröffneten Esther Gfeller (links) und Gertrud Trittibach den öffentlichen Kühlschrank feierlich. (Foto: zvg)
Nur noch wenig drin: Vor allem in der zweiten Wochenhälfte sind noch mehr Lebensmittel willkommen.
Teilen statt schmeissen: Was ist willkommen, was nicht? (zvg)
Auch für den persönlichen Gebrauch geeignet: Was kann man nach dem Ablaufdatum noch sicher geniessen? (zvg)

Gespannt öffnet Gertrud Trittibach die Tür des öffentlichen Kühlschranks und schaut hinein. Esther Gfeller begutachtet ebenfalls interessiert den Inhalt: Zwei Äpfel, drei Kohlrabi, drei Gläser mit Babynahrung und eine Flasche mit koreanischer Chicken-Sauce liegen noch drin. Alles andere ist schon wieder weg. «Ich würde sagen, es läuft sehr gut», kommentiert Gertud Trittibach.

 

Erster Versuch scheiterte wegen Corona

Sie ist Co-Leiterin von Tischlein deck dich, Abgabestelle Worb, und hatte letztes Jahr die Idee, den öffentlichen Kühlschrank wieder zu beleben: Ein erster Anlauf vor vier Jahren, initiiert von einer Schulklasse aus dem Worbboden, war gut angelaufen, musste aber unter anderem wegen den Corona-Vorschriften vorzeitig wieder abgebrochen werden. Als letzten September am Generationenfest ein «Foodsave-Bankett» stattfand, verlieh das Gertrud Trittibachs Idee neuen Schub.

 

Kurzerhand marschierte sie in das Geschäft an der Bahnhofstrasse 8, vor dem bereits der erste Kühlschrank gestanden hatte. Schon damals hatte sich Rolf Hager, Inhaber von Hager Küchen, nicht lange bitten lassen und für das Projekt einen Kühlschrank zur Verfügung gestellt. Auch diesmal überlegte er nicht lange, als Gertrud Trittibach in sein Geschäft spazierte und ihm ihre Idee unterbreitete. Sie freut sich: «Er war sofort dabei.»

 

Zweiter Versuch: Kühlschrank nochmals zur Verfügung

Rolf Hager bot sofort an, auch die Stromkosten zu übernehmen. Er tritt soeben aus dem Geschäft und schaut ebenfalls kurz in den Kühlschrank, dann nickt er zufrieden: «Das ist eine gute Sache.» Zwar schaue er absichtlich nicht genau hin, wer etwas abhole, sagt er, aber: «Es besteht definitiv ein Bedürfnis, immer wieder kommen Leute vorbei.»

 

Von da an stand dem öffentlichen Kühlschrank nichts mehr im Weg: Für die Pflege des Kühlschranks würden Freiwillige sorgen. Allen voran Esther Gfeller, ebenfalls Vorstands-Mitglied im Verein Stay a while, der auch das «Tischlein deck dich» fördert. Ungefähr alle zwei Tage kontrolliert sie die Ware im Kühlschrank, sortiert Abgelaufenes aus oder reinigt das Innere. Sie ist auch Ansprechperson für Fragen aller Art.

 

Erstes Fazit: Es funktioniert auch diesmal

In dieser ersten Woche hat Gertrud Trittibach jedesmal beim Vorbeigehen neugierig in den Kühlschrank geschaut. Ihre Bilanz lautet: «Immer war etwas drin, und immer wieder anderes, es funktioniert also.»

 

Esther Gfeller nickt. Sie hat die erste Runde «Kühlschrankpflege» übernommen und ebenfalls beobachtet, dass laufend wieder Esswaren deponiert und wieder abgeholt wurden. «Raclettekäse, Eier und Orangen waren sofort weg, auch von den drei Päckli Äpfeln sind zwei bald verschwunden. «Vom dritten Päckli hat sich jemand erst nur einen einzelnen Apfel getraut zu nehmen», sagt Esther Gfeller, «später einen zweiten.»

 

Klare Kühlschrankregeln

Damit der Kühlschrank nicht zur Abfalldeponie für abgelaufene Lebensmittel verkommt, bestehen klare Regeln: Keine offenen Lebensmittel, zur allgemeinen Sicherheit auch kein Fleisch, und keine Lebensmittel, deren Verbrauchsdatum überschritten ist.

 

Gesucht seien Lebensmittel vor allem in der zweiten Wochenhälfte: «Am Montag können wir meistens Esswaren-Reste von der Abgabe vom Tischlein deck dich abgeben, für den Dienstag hat sich ein Gemüsebauer gemeldet, der an diesem Tag auf dem Worber Markt steht», freut sie sich. Für die zweite Wochenhälfte, sagt sie, dürften die Spenden noch ein bisschen anziehen, damit der zweite Anlauf ein Erfolg wird.

 

[i] Der öffentliche Kühlschrank steht an der Bahnhofstrasse 8 in Worb bei Hager Küchen, das Motto lautet: «Wer etwas übrig hat, legt es hinein – wer etwas braucht, nimmt es heraus.» Kontakt für Fragen oder Spenden: Esther Gfeller, 079 703 70 54

 

[ii] Der Verein Stay a while Worb unterstützt den öffentlichen Kühlschrank sowie die Lebensmittelabgabe von «Tischlein deck dich». 2023 veranstaltete der Verein Tischlein deck dich 47 reguläre und zwei spezielle Abgaben. Dabei wurden insgesamt 2’762 Haushalte mit Lebensmitteln beschenkt, pro Abgabetag im Schnitt gut 56. Jeweils im Herbst bis vor Weihnachten nimmt diese Anzahl zu – an ganz seltenen Spitzentagen melden sich über 70 Kund:innen.


Autor:in
Claudia Weiss, claudia.weiss@bern-ost.ch
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Erstellt: 14.03.2024
Geändert: 14.03.2024
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