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Wärmeverbund Neuhuspark: Start geplant, viele Fragen noch offen

Ob der Wirbel um die Energie Grosshöchstetten AG und das Projekt Wärmeverbund Neuhuspark sich langsam legt? Die Vorwürfe der abgesetzten Verwaltungsräte, die Gemeinde habe in Sachen ENGH intransparent, vielleicht gar unkorrekt gehandelt, hallen nach. Jetzt verkündet die Gemeinde unbekümmert, die Heizzentrale werde im Herbst 2024 bereitstehen. Haben wir etwas verpasst?

Wolfgang Freyer, Präsident der Geschäftsprüfungskomission: «Wir können die Vorgänge erst rückblickend überprüfen.» (Foto: zvg/Archiv BERN-OST)

Erst einen Monat ist es her, dass sich Ulrich Brunner, einer der abgesetzten Verwaltungsräte der Energie Grosshöchstetten AG, mit neuen Vorwürfen gegenüber der Gemeinde meldete: Sie habe klammheimlich die neue Eigentümerstrategie auf der Gemeindeseite aufgeschaltet und damit intransparent gehandelt, eventuell sogar etwas gemischelt. Gemeindepräsidentin Christine Hofer konterte: Alles sei ordnungsgemäss abgelaufen.

 

Und jetzt die Medienmitteilung des Gemeinderats Grosshöchstetten: «Der Gemeinderat wurde umfassend über den Stand des Wärmeverbundes Neuhuspark und die Situation der Energie Grosshöchstetten AG (ENGH) informiert», ist zu lesen. «Die Arbeiten beim Wärmeverbund gehen zügig voran, so dass die Heizzentrale im Herbst 2024 für die ersten Abnehmenden bereitstehen wird.»

 

Was ist mit den Finanzkompetenzen?

Haben wir etwas verpasst? Da hingen doch noch Vorwürfe in der Luft (BERN-OST berichtete): Die Frage vorab, ob die Gemeinde die vier Verwaltungsräte überhaupt ab- und durch zwei Gemeinderatsmitglieder ersetzen durfte? Und dann: Ob alles rechtens gelaufen sei? Ob der Standort sinnvoll und die Finanzierung gesichert sei? Und: Ob nicht sogar am Volk vorbei die Finanzkompetenzen umgangen würden?

 

Und über allem schwebt das Versprechen, die Geschäftsprüfungskommission GPK werde diese Vorwürfe sorgfältig prüfen. Was wurde daraus? Ulrich Brunners Einschätzung: «Den aktuellen Stand des Projektes kenne ich nicht. Ich weiss aber, dass die Kosten da sind und neue Grosskunden weit weg sind.»

 

«Keine Rechtsverletzung festgestellt»

Zumindest einen der Punkte kann Wolfgang Freyer, Präsident der GPK, klären und als erledigt abhaken: «Wir haben die Absetzung der vier Verwaltungsräte gründlich geprüft und keinerlei groben Verstösse und keine Rechtsverletzung festgestellt», sagt er auf Anfrage. Fazit der GPK: «Das darf man so machen.» Man hätte auch intensiver kommunizieren können. Aber es lief korrekt.

 

Die anderen Punkte hingegen, Fragen wie jene nach Standort, Finanzierbarkeit oder Einhaltung der Trennung von Verwaltungsrat und Politik beispielsweise, habe die GPK noch längst nicht abschliessend untersuchen können: «Das dauert noch, denn unser Auftrag lautet, Vorgänge sorgfältig zu prüfen – aber das können wir erst nachträglich», erklärt Freyer.

 

Also ist jetzt einfach alles gut?

Jetzt verkündet also die Gemeinde, als wäre alles völlig unproblematisch: «Nach der Neubesetzung des Verwaltungsrates der ENGH im Dezember 2023 wurde die Planung und Umsetzung des Wärmeverbunds Neuhuspark in die Wege geleitet.» Und weiter: «Die einzelnen Schritte wurden seitens ENGH zügig vorangetrieben, damit das Areal Neuhuspark für die Heizperiode 2024/25 und weitere Liegenschaften in den Folgejahren mit Wärme versorgt werden können.»

 

Hat sich also alles in Wohlgefallen aufgelöst? Oder wurden die hängigen Fragen und Vorwürfe hinter den Kulissen bereinigt? «Nein, so einfach ist das nicht», erklärt GPK-Präsident Freyer: «Die ENGH hat einen wirtschaftlichen Auftrag zu erfüllen, die Gemeinde einen politischen, und dieser Interessenskonflikt bleibt bestehen.»

 

GPK kann nur rückwirkend untersuchen

Ob das nicht geklärt sein müsste, bevor so grosse Projekte wie ein neuer Wärmeverbund in die Praxis umgesetzt werden? Genau das sei das Dilemma einer Geschäftsprüfungskommission, antwortet Freyer: «Wir können immer erst rückblickend herausfinden, ob etwas korrekt abgelaufen ist. Und auf die Aktivitäten der ENGH haben wir als GPK keinen direkten Zugriff.»

 

Erst nach eingehender Prüfung aller Vorgänge sei es möglich, Fehlverhalten oder korrekte Abläufe in einem Abschlussbericht festzuhalten. Und nötigenfalls rechtliche Schritte, beispielsweise eine Meldung an die Regierungsstatthalterin, in Erwägung zu ziehen.

 

Werden offene Fragen beantwortet?

Bis zum Abschluss der Untersuchungen rund um die ENGH und den Wärmeverbund Neuhuspark muss sich also zuerst zeigen: Wie gut funktioniert das Zusammenspiel zwischen Gemeinderat und Verwaltungsrat im Alltag, bleibt die Gewaltenteilung zwischen der ENGH und dem Gemeinderat gewahrt? Freyer: «Das braucht Zeit.»

 

Bis dahin versucht die Gemeinde, die Bevölkerung miteinzubeziehen: An einer Informationsveranstaltung vom 14. Mai soll der Wärmeverbund vorgestellt werden. «Der Verwaltungsrat informiert an der Veranstaltung ausführlich über die Firma als solches wie auch über anstehende Herausforderungen im Stromgeschäft und in Erstellung und Betrieb des Wärmeverbunds Neuhuspark», heisst es in der Einladung. Ob dort alle offenen Fragen beantwortet werden, wird sich vor Ort zeigen.

 

Möglichst viele Interessierte erhofft

Gemeindepräsidentin Christine Hofer sagt dazu im Vorfeld einzig, sie wünsche sich, dass die Informationsveranstaltung der Energie Grosshöchstetten AG rege besucht werde: «Ich hoffe, dass möglichst viele Bürgerinnen und Bürger die Gelegenheit nutzen, um sich aus erster Hand über die verschiedenen Themen der ENGH informieren zu lassen.»

 

[i] Informationsveranstaltung der Energie Grosshöchstetten AG: Dienstag, 14. Mai 2024, 19.30 Uhr, Aula Schulhaus Schulgasse

 


Autor:in
Claudia Weiss, claudia.weiss@bern-ost.ch
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Erstellt: 06.05.2024
Geändert: 06.05.2024
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