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30 Jahre Stern Apotheke Worb: "Wir möchten unabhängig bleiben"

Am 5. April 1989 ging im rosaroten Fachwerkhaus an der Worber Bahnhofstrasse 20 die Stern Apotheke auf. Inhaber Urs (64) und Lisa (60) Salzmann blicken zurück und – gemeinsam mit Tochter Sarah (27) – in die Zukunft.

Feiern das 30 Jahr-Jubiläum: Urs und Lisa (links) Salzmann mit Tochter Sarah von der STern Apotheke Worb. (Bild: Isabelle Berger)

Als Urs und Lisa Salzmann in Worb ihre Apotheke eröffneten, kamen sie als Konkurrenz nach Worb: Hier gab es bereits eine eingefleischte Apotheke. „Die Anfänge waren schwierig“, sagt Lisa Salzmann. In den ersten Jahren schrieben sie rote Zahlen. „Doch plötzlich kippte es, vielleicht auch wegen der Komplementärmedizin, welche die andere Apotheke nicht im selben Mass anbot“, erzählt sie.

 

Steckenpferd Komplementärmedizin

Die Komplementärmedizin ist bis heute das Spezialgebiet der Stern Apotheke geblieben. „Keine Apotheke kann es sich heute mehr leisten, diese nicht abzudecken, aber wir haben immer noch ein breiteres Sortiment als die meisten“, sagt Salzmann. Das Angebot reicht von Homöopathie, anthroposophischer Medizin und Phytotherapie über Mineralstoffmischungen und orthomolekularer Medizin bis zu Spagyrik und Schüssler Salze. Zudem bieten sie Naturkosmetik an.

 

„Viele Kunden kommen extra wegen der Komplementärmedizin zu uns“, so Salzmann. In der Apotheke werden zudem eigene und auch individuelle Mischungen und Salben hergestellt. „Das macht es auch spannend, und viele Leute schätzen das“, sagt Lisa Salzmann.

 

Mehr im Büro

Der direkte Kundenkontakt liegt sowohl Lisa wie auch Urs Salzmann sehr am Herzen, kam aber in den letzten Jahren unter Druck. „Heute haben wir viel mehr Dokumentationspflicht als früher“, sagt Urs Salzmann. So dauere zum Beispiel das Herstellen einer Mischung weniger lang, als den Prozess zu dokumentieren. „Man ist heute viel mehr im Büro und weniger bei den Leuten“, bedauert er. Gleichzeitig sei es auch ein personeller Mehraufwand. „Aber man kann ja nicht beliebig mehr Leute anstellen“, so Salzmann.

 

Unterdessen machen auch Dienstleistungen einen grossen Teil der Arbeit in der Apotheke aus. Das sei zwar interessant, aber die Dienstleistungen würden nicht gross abgegolten, sagt Lisa Salzmann. Tochter Sarah, welche seit diesem Monat fix im Betrieb mitarbeitet, macht zum Beispiel zusammen mit einer zweiten Mitarbeiterin die Impfungen. „Es 'fägt', aber es ist auch ein zusätzlicher Aufwand“, sagt sie. Dazu kämen noch die Ausbildungskosten.

 

Bessere Vernetzung dank Betreuung von Heimen

Eine weitere Aufgabe, welche die Stern Apotheke nicht von Anfang an hatte, ist die Betreuung von Altersheimen und Behinderteninstitutionen. „Der Kanton verlangt mittlerweile, dass diese über die Abgabe von Medikamenten hinaus pharmazeutisch betreut werden“, erklärt Lisa Salzmann. Das bedeute für sie mehr Verantwortung, sei aber eine spannende Aufgabe. „Dadurch gibt es eine grössere Vernetzung mit den verschiedenen Partnern im Gesundheitswesen, etwa mit Ärzten“, sagt sie.

 

Blicken Salzmanns zurück, bleibt ihnen ein besonderes Ereignis in guter Erinnerung: Die Vergrösserung des Betriebs. „2001 konnten wir den hinteren Teil des angrenzenden Bauernhauses dazukaufen und unsere Fläche verdoppeln“, erzählt Lisa Salzmann. Das Haus an der Bahnhofstrasse gehörte bereits ihnen und sie wohnen auch dort. Mit dem Umbau konnte der Laden rollstuhlgängig gemacht und mehr Platz für die Heimbetreuung und das Bereitstellen von Wochendosetts geschaffen werden.

 

Schwieriges Jahr mit Verkehrssanierung

Schwierig sei hingegen die Zeit während der Bauarbeiten an der Bahnhofstrasse gewesen. „Letztes Jahr mussten wir kämpfen“, sagt Lisa Salzmann. Der Barumsatz im Laden sei in dieser Zeit zwanzig Prozent weniger gewesen als vorher, sagt sie. Seit Anfang Jahr kämen frühere Kunden und Kundinnen aber wieder.

 

Allerdings machen Salzmanns die Poller noch Sorgen. „Wenn man abends und am Wochenende nicht mehr durch den Ort fahren kann, leidet die Wahrnehmung der Geschäfte im Dorf“, sagt Urs Salzmann.

 

Konkurrenz im Dorf und von ausserhalb

Zu dieser Situation sei noch dazugekommen, dass sie mit der kürzlich eröffneten neuen Apotheke am Sternenplatz eine weitere Konkurrentin im Dorf erhalten hätten. „Seit dies bekannt ist, bekommen wir aber sehr viel Wertschätzung zu hören“, sagt Lisa Salzmann.

 

Aber auch die Konkurrenz aus dem Internet oder von Versandapotheken ist da, und die Medikamente werden billiger. Weil die Stern Apotheke zudem keiner Apotheken-Kette angehört, profitiert sie beispielsweise nicht von Vergünstigungen im Einkauf. „Wir möchten gerne möglichst lange unabhängig bleiben, wir wissen aber nicht, wie lange das noch geht“, sagt Lisa Salzmann. Als unabhängiger Betrieb seien sie frei in der Produktwahl. „So lange die Vernetzung im Dorf bleibt, sollte es gehen“, meint sie.

 

Tochter Sarah übernimmt schrittweise

Urs Salzmann wird in einem Jahr pensioniert, seine Frau will noch drei, vier Jahre weiterarbeiten. Für ihre Nachfolge besteht bereits ein Plan. Tochter Sarah könnte in die Fussstapfen ihrer Eltern treten. „Ich kann mir vorstellen, den Betrieb zu übernehmen und werde nun schrittweise die Aufgaben meiner Eltern erlernen“, sagt sie. Bis dahin werde sich auch zeigen, wie sich das Geschäft mit neuer Konkurrenz und verkehrsberuhigtem Dorfzentrum eingependelt habe, sagt Mutter Lisa Salzmann.


Autor:in
Isabelle Berger, isabelle.berger@bern-ost.ch
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Erstellt: 09.04.2019
Geändert: 09.04.2019
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