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Nach dem knappen Ja: Noch ist die Beschwerde nicht vom Tisch

Nur vier Stimmen haben die Abstimmung in Konolfingen entschieden. Am Freitag will das Gegenkomitee entscheiden, ob es das Resultat akzeptiert. BERN-OST hat bei den Gegnern der Vorlage nachgefragt.

Die einen wollen vorwärts schauen, die anderen haben sich noch nicht entschieden. (Fotos: Rolf Blaser, zvg)
Urs Eymann: "Das jetzige Resultat ist ein Zufallsentscheid; die Gemeinde kann sich auch bei den Folgeentscheiden (Landkauf und Steuerzehntel) nicht sicher sein, dass diese durchkommen." (Foto: zvg)
Pierre-André Perrin: "Eine Beschwerde bringt nichts. Da kann ich nicht mehr dahinterstehen." (Foto: zvg)
Heinz Suter: "Wer den Vorwurf erhebt, eine Abstimmung sei nicht transparent, misstraut der Demokratie." (Foto: Rolf Blaser)

«Meine Meinung ist, keine Beschwerde einzureichen, weil es bringt nichts», sagt Fritz Joss (69) aus Gysenstein. Joss hat - laut eigenen Angaben - zusammen mit Urs Eymann den Flyer gegen den Nachkredit in Umlauf gebracht. Joss sass ab 1997 für die SVP während acht Jahren im Gemeinderat von Konolfingen und sagt zur knappen Abstimmung: «Ich bin Demokrat und akzeptiere das.»

 

Denkzettel an Gemeinderat

Auch Pierre-André Perrin aus Gysenstein stand hinter dem Flyer und setzte sich für ein Nein ein, er sagt: «Es ist sinnlos, diesen Bau noch zu verhindern. Wir müssen jetzt vorwärtsschauen, das geplante Schulhaus gefällt mir nicht, aber es ist jetzt so.» Hinter einer Abstimmungs-Beschwerde könne er nicht stehen, es bringe nichts. «Aber», so Perrin, «der Gemeinderat hat einen Denkzettel erhalten, dass künftig Prozesse und Entscheidungen anders angegangen werden müssen.»

 

Kein Vertrauen in Gemeinde

Noch nicht in die Karten blicken lassen will sich Urs Eymann. Der Jurist sagt: «Wir sind eine Gruppe und entscheiden als Gruppe.» Am Freitag trifft sich die Gruppe, welche hinter dem Flyer steht und entscheidet, ob sie das Abstimmungsresultat akzeptiert oder Beschwerde einreicht.

 

Eymann kritisiert, dass das Auszählen der Stimmzettel nicht transparenter sei: «Wir müssen vertrauen können, dass die Gemeinde das richtig gemacht hat. Es gibt keinen Verlaufsbericht und von aussen auch keinen Einblick in das Vorgehen, wie ausgezählt wurde. Der Abstimmungszettel war jedoch – im Gegensatz zu jenem von 2018 – klar und gibt keinen Anlass zur Beanstandung.»

 

Wunsch nach Mehrheiten

Eymann, der die Gemeinde Konolfingen vor Jahren in einem Streit vertreten hat, sagt zum Abstimmungssonntag: «Ich hätte mir gewünscht, dass die Abstimmung mit 100 Stimmen Differenz entschieden worden wäre, dann wäre dies akzeptabler. In einer Demokratie ist es einfacher, wenn es anständige Mehrheiten gibt. Schade ist, dass die Gemeinde es bisher noch nie geschafft hat, mit der Gegnerschaft das Gespräch zu suchen. Die Gegnergruppe wäre hierzu bereit.»

 

Suter kontert

«Wenn man den Vorwurf erhebt, eine Abstimmung sei nicht transparent, dann ist ein Misstrauen da gegenüber der Demokratie.» Das sagt Gemeindepräsident Heinz Suter. Das Auszählen der Stimmzettel an einem Abstimmungssonntag ist streng geregelt. Die Mitglieder des Gemeinderats haben am Sonntag keinen Zutritt zum Gemeindehaus.

 

Auszählung klar geregelt

In Konolfingen ist ein Stimm- und Wahlausschuss für das Auszählen zuständig. Der Ausschuss besteht aus Bürgerinnen und Bürgern, die vom Gemeinderat gewählt werden. Die Mitglieder des Ausschusses sind für das Zählen der Stimmzettel verantwortlich, während die Angestellten der Gemeindeverwaltung nicht in diesen Prozess involviert sind. Sobald das Endergebnis ermittelt ist, wird es der Geschäftsleiterin der Gemeinde, Alexandra Grossenbacher, mitgeteilt. Danach wird das Abstimmungsresultat gegen aussen kommuniziert. Ab diesem Zeitpunkt läuft die 30-tägige Beschwerdefrist.

 

Was sagen die anderen?

Die drei weiteren Mitglieder des Nein-Komitees konnten nicht für eine Stellungnahme erreicht werden. Es sind dies: Marlies Friederich, sie politisierte mit Fritz Joss zusammen vor 20 Jahren für die SVP im Gemeinderat, Martin Wyss sagte am Abstimmungssonntag gegenüber BERN-OST: «Wir werden das weitere Vorgehen noch besprechen.» Bernhard Kobel wollte sich nicht äussern. Am Freitagabend treffen sich die Mitglieder des Nein-Komitees zu einer Sitzung. Dort wird entschieden, ob sie gegen die Auszählung Beschwerde einreichen werden.

 

[i] Konolfingen hat am Sonntag mit 1078 zu 1074 Stimmen Ja gesagt zum Nachkredit von sechs Millionen Franken für den Bau der Schullandschaft Stalden. Bereits 2018 als das Volk über den Bau in der Höhe von 30 Millionen Franken abstimmte, wurde die Abstimmung durch lediglich drei Stimmen entschieden. Danach reichten verschiedene Personen Beschwerde gegen das Abstimmungsresultat ein und verzögerten das Projekt um vier Jahre. Als letztes Jahr das Baugesuch eingereicht wurde, stiegen die Baukosten wegen der Teuerung um sechs Millionen Franken, also musste ein zweites Mal abgestimmt werden.


Autor:in
Rolf Blaser, rolf.blaser@bern-ost.ch
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Erstellt: 16.03.2023
Geändert: 16.03.2023
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