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An-Mo-Klinik Grosshöchstetten - «Wir haben einen langjährigen Mietvertrag und bleiben»

Quelle
Berner Zeitung BZ

Als Mieterin im ehemaligen Spital Grosshöchstetten ist die An-Mo-Klinik vom Konkurs der Stiftung An-Mo-Gesundheitszentrum nicht betroffen. Obschon die Kundschaft verunsichert ist, floriert die Klinik weiterhin.

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Chefin Pei Wang und ihr Stellvertreter Chen Xiaou bei einer Besprechung. Sie übersetzen, diskutieren Krankheitsbilder und kümmern sich um die Administration. (Bild: Stefan Anderegg)
Hinter den Fenstern des Ladens und des Restaurants im An-Mo-Zentrum Grösshöchstetten ist es dunkel. Die Türen sind wegen des Konkurses der An-Mo-Stiftung Gesundheitszentrum geschlossen (wir berichteten). Dagegen herrscht in der An-Mo-Klinik im ersten Stock reger Betrieb. Chefin Pei Wang lädt zu einem Rundgang ein. Die 45-jährige Chinesin wechselt fliegend von perfektem Deutsch ins Chinesische, wenn sie mit den Ärzten spricht. Vor dem Studium der chinesischen Medizin (TCM) hat sie in Peking ein Germanistikstudium absolviert. «In der Schweiz wollte ich mein Deutsch perfektionieren, habe dann geheiratet und bin geblieben», erzählt sie.

«Schwierige Situation»

Vor zehn Jahren hat Pei Wang mit dem Aufbau der An-Mo-Kliniken angefangen. Zuerst im solothurnischen Härkingen – diese Klinik besteht nach wie vor –, danach im Spital Belp, dann in Grosshöchstetten. Pei Wang betont, dass der Klinikbetrieb nichts mit der konkursiten Stiftung ihres Ex-Mannes Peter Bläsi zu tun habe. «Weder finanziell noch administrativ.» Die momentane Situation sei schwierig, die Patienten seien verunsichert. «Viele fragen, ob wir jetzt weggehen. Wir haben aber einen langjährigen Mietvertrag und bleiben.»

Blinde Ärzte

Derzeit arbeiten sieben chinesische Ärzte und zwei Übersetzer in der Klinik. Bis auf einen sind alle Therapeuten blind. «Blinde Menschen haben einen viel ausgeprägteren Tastsinn als Sehende», erklärt Wang. In China sind viele An-Mo-Spezialisten blind oder sehbehindert. Sie sollen über ein besonderes Sensorium für Störungen des Energieflusses verfügen. «Oft wissen die Blinden ohne Röntgenaufnahmen, wo das Problem liegt.»

Pei Wang und zwei Ärzte sprechen chinesisch, es riecht nach fremden Kräutern. Fast könnte man vergessen, dass Grosshöchstetten im Emmental liegt. Die Türen der Behandlungsräume sind offen. Auf einem Behandlungstisch massiert Baohe Guo einen älteren Herrn, der über Rückenschmerzen klagt. Das Besondere bei der Behandlung: Die Patienten sind nicht nur bekleidet, sondern werden auch noch mit einem Tuch abgedeckt. Trotzdem wirkt die Massage tiefgreifend, löst Verspannungen und aktiviert über Meridiane und Akupunkturpunkte des Körpers, erklärt Wang Bläsi. «Wir machen nicht Wellness, sondern kurieren gezielt gesundheitliche Störungen.» Behandelt werden Erkrankungen des Bewegungsapparates, Migräne und innere Krankheiten.

Ein Selbstversuch

Die freundliche Aufforderung, die An-Mo-Technik nicht nur optisch, sondern selber auszuprobieren, ist verlockend. Die verspannten Rückenmuskeln von kundigen Händen durchkneten zu lassen, kann nie schaden. Der Übersetzer fragt: «Wo fehlt es denn?», und erklärt dem blinden Zhanguo Qu, wo die Verspannungen sitzen. Dieser legt ein Tuch auf den Rücken und beginnt zu massieren.

Seine Hände sind weich und trotzdem kräftig. Mit den Fingern greift er in die Verspannungen, reibt, knetet, klopft, tastet. Wie er das seit Jahrzehnten schmerzende Sakralgelenk berührt, zögert er, streicht mehrmals über den schmerzenden Punkt und sagt: «Hier etwas nicht gut.»

Die sanfte Berührung weckt den alten, vertrauten Schmerz und zugleich Erstaunen: Wie kann der Mann das merken?

Autor:in
Laura Fehlmann / Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 11.05.2010
Geändert: 11.05.2010
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