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Weicht bald der Entlastungsstrasse Münsingen: Römisches Gebäude mit Bodenheizung gefunden

Bei Grabungen rund um den römischen Gutshof von Münsingen sind Reste eines gut erhaltenen Gebäudes zum Vorschein gekommen. Sie gehören zum Ökonomieteil des Gutshofes und werden derzeit dokumentiert, da diese Gebäudeteile für die Entlastungsstrasse Nord weichen müssen. Die archäologischen Arbeiten werden maximal 850 000 Franken kosten.

Gleich in der ersten Grabungsfläche zeigt sich ein mit Bodenheizung (Hypokaust) ausgestattetes römisches Gebäude. Direkt über den Pfeilern in der Bildmitte befand sich der zu beheizende Fussboden. Am rechten Bildrand liegt die Einfeuerungsstelle (Praefurnium), im Vordergrund ein antiker Kanal. (Bild: Archäologischer Dienst des Kantons Bern / Stefan Aebersold)
Auch in den übrigen Grabungsflächen zeigen sich Reste des römischen Gutshofes. (Bild: Archäologischer Dienst des Kantons Bern / Urs Ryter)
Das Areal des vermuteten römischen Gutshofes während den Sondierungen 2018: Links die Kirche, wo das Herrenhaus vermutet wird, in der Bildmitte die Ebene, wo der Ökonomieteil erwartet wird. (Bild: Archäologischer Dienst des Kantons Bern / Urs Liechti)

Seit September 2020 untersucht der Archäologische Dienst des Kantons Bern Reste des römischen Gutshofes von Münsingen. "Bereits die erste Grabungsetappe hat ein gut erhaltenes Gebäude an den Tag befördert", teilt der Dienst mit. Für den Archäologischen Dienst sei die Entdeckung keine Überraschung. Die Präsenz eines Gutshofes im Areal sei seit Längerem bekannt. Entsprechend seien Art und Ausdehnung der archäologischen Reste im Areal Rossboden 2018 und im Frühjahr 2020 mit Sondierungen überprüft und die nun laufende Rettungsgrabung geplant worden.

 

Römische Bodenheizung

Das neu entdeckte Gebäude verfügt über eine noch teilweise vorhandene Unterbodenheizung (Hypokaust). "Diese Tatsache ist von besonderem Interesse, da das freigelegte Gebäude nicht zum Herrenhaus, sondern zum Ökonomieteil des Gutshofes gehört und beheizte Räume in diesem Bereich selten sind", heisst es in der Mitteilung. Beim Ökonomieteil handelt es sich um ein Nebenhaus, der dem Gutshof als wirtschaftliche Grundlage diente. "Die neusten Funde zeigen, dass der Ökonomieteil in Münsingen eine lange Bau- und Nutzungsgeschichte aufweist. In unmittelbarer Nähe zu den Mauerfundamenten liefern Pfostengruben Hinweise auf eine ältere Holzbauphase. Zahlreiche Münzen beweisen, dass die Anlage bis in die Spätantike, das heisst bis mindestens ins 4. Jahrhundert, genutzt wurde. Die weiteren Untersuchungen würden zeigen, ob sich aus dieser späten Zeit auch Gebäudereste erhalten hätten. Das Fundmaterial umfasst Amphoren, Glas, Keramik und Geschirr aus Speckstein.

 

Grosszügige Ausdehnung des Gutshof-Areals

Mit der Lage des neu entdeckten Gebäudes lasse sich die Ausdehnung des römischen Gutshofes nun besser fassen. So erstreckt sich die Anlage mit den Wirtschaftsbauten auf mindestens 220 Meter Länge entlang der heutigen Bahnlinie und hangaufwärts gegen Norden über rund 170 Meter. "Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich der Ökonomiebereich gegen Westen auch jenseits der Bahnlinie erstreckt hatte", schreibt der Archäologische Dienst. Das Herrenhaus des Gutshofes dürfte sich im Bereich der reformierten Kirche befunden haben. Der dazugehörige Badetrakt wurde bereits 1941 ausgegraben. Die Mosaike des Badetrakts sind heute auf dem Areal der Firma USM ausgestellt (BERN-OST berichtete).

 

Rettungsgrabung für Entlastungsstrasse

Da im Gebiet der Fundstelle im kommenden Sommer die Bauarbeiten für die Entlastungsstrasse Nord beginnen, werden die Ruinen und Siedlungsspuren in diesem Sektor nach wissenschaftlichen Massstäben dokumentiert. "Der archäologische Dienst untersucht nur die durch das Bauvorhaben unmittelbar bedrohten Bereiche, die einen Bruchteil der gesamten Gutshof-Anlage ausmachen", heisst es. In den peripheren Zonen würden baubegleitende Untersuchungen ausreichen. "Die Rettungsgrabung ist mit der Gemeinde Münsingen, die Bauherrin ist, abgesprochen und verläuft bislang plangemäss", so der Archäologische Dienst.

 

Gemäss Kantonsarchäologe Adrian Boschetti ist für die Arbeiten ein Kostendach von 850 000 Franken gesetzt. "Die Gemeinde Münsingen bezahlt einen Drittel davon", sagt er. Zum Vergleich: Die Entlastungsstrasse kostet rund 15 Millionen Franken, wobei die Gemeinde einen Anteil von 6.5 Millionen Franken trägt.


Autor:in
pd/ib, info@bern-ost.ch
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Erstellt: 22.12.2020
Geändert: 22.12.2020
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