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Auf einen Kafi mit Renzo Caretti: «Ich bin zufrieden – obwohl vieles anders kam als geplant»

Renzo Caretti ist ein Gastgeber mit Geschichte: Er hat Restaurants eröffnet, Catering gemacht, Hochzeiten begleitet – und ist dabei immer wieder gestrauchelt. Jetzt sucht der 71-Jährige ein neues Zuhause in Worb. Nicht nur für sich, sondern auch für seine Vögel.

Renzo Caretti: «Optimal wäre ein Bauernhaus – mit Platz für mich und meine Voliere.» (Foto: rb)
Renzo Caretti in seiner Voliere mit zwei jungen Gimpeln. (Foto: rb)

Wir treffen Renzo Caretti vor dem alten Haus an der Enggisteinstrasse in Worb. Er sitzt auf einer Holzbank, winkt zur Begrüssung. Die Brauerei Egger liegt gleich nebenan, sein Leben aber reicht weit darüber hinaus: von Locarno über Thailand bis zurück nach Worb – mit Liebe, Verlust und vielen Tellern dazwischen.

 

Renzo muss raus

Das Haus, in dem er wohnt wird totalsaniert, weshalb Renzo eine neue Bleibe für sich sucht. Renzos Problem ist, er kann nicht so viel bezahlen. Seine Pension ist nicht hoch, sein Erspartes hat er für verschiedene Gastronomieprojekte in den Sand gesetzt. Doch lassen wir ihn seine Geschichte erzählen. 

 

Jongliert – und plötzlich stand die Liebe vor ihm

Aufgewachsen ist Renzo Caretti im italienischen Valle Vigezzo – nur 20 Minuten von der Schweizer Grenze. Fährt man über die Grenze, kommt man nach Locarno. Dorthin hat es Caretti mit 22 Jahren verschlagen. «In Locarno habe ich in einem Restaurant gearbeitet, in der Küche und Bar. Dort habe ich meine erste Frau kennengelernt.»

 

Durch die Liebe kam er später nach Worb. Seine Frau – deren Vater in Worb ein Café betrieb – lernte er in der Bar während der Arbeit kennen. «Ich jonglierte hinter dem Tresen mit Flaschen, es hat gefunkt zwischen uns», so Caretti.

 

Von der Pizzeria ins Tea-Room

Die beiden wurden ein Paar und beschlossen in Renzos Geburtsort Druogno eine Pizzeria zu eröffnen. Nach drei Jahren im Tal hinter dem Centovalli wurde es Carettis Freundin zu eng, sie kehrte zurück nach Worb. Er selbst besuchte danach die Hotelfachschule in Stresa. «Dann wurde meine Freundin schwanger», erzählt Caretti. «Wir waren verliebt, ich reiste nach Worb und arbeitete im Tea-Room Schmutz.» Die Arbeit gefiel ihm. «Das war super. Ich machte auch mal eine italienische Woche, nicht nur Rösti, was gut ankam.» Bevor ihr Kind zur Welt kam, heiratete er seine Liebe in Schlosswil.

 

Ein Leben voller Neuanfänge

Renzo Caretti arbeitete danach in Bern im Service, im Restaurant Braui Worb, mietete sich in der ehemaligen Haushaltungsschule Worb ein und entschied sich selbständig zu machen. Er eröffnete das Catering «Quattro Stagioni». «Beim Catering gefiel mir, dass nicht immer die gleichen Stammgäste kamen. Wir belieferten Firmen und kochten für Hochzeiten», sagt Caretti.

 

Doch schon bald lief es nicht mehr so gut. Die Besitzerin der Liegenschaft, wo er seine Cateringküche hatte, quartierte im selben Haus Flüchtlinge ein. «Ständig waren zu viele Leute dort, es ging dann nicht mehr», erzählt er, während er den Kopf schüttelt.

 

Die nächste Pizzeria im Pöschtli

2012 übernahm er das Restaurant Postillion in Rüfenacht. Mittlerweile hatte er drei Kinder und war geschieden. Mit seiner thailändischen Freundin beschloss er im Postillon ein italienisches Restaurant zu eröffnen. Caretti heiratete wieder, steckte seine Ersparnisse aus der Pensionskasse ins Restaurant. Heute meint er dazu: «Es lief schon, aber der Zins war hoch. Nach zwei Jahren musste ich aufhören, weil wir im Minus waren.» Seine Ersparnisse waren weg, er sei nahe am Burnout gewesen, hatte keine Lust mehr.

 

Thailand, das grosse Wagnis – und die Rückkehr ohne Pizza

Während wir uns am Tisch vor dem Haus unterhalten, kommen ständig Leute vorbei. Einer auf dem Velo, eine Frau trägt ihre Einkäufe nach Hause, Spaziergänger, alle kennen ihn, winken und grüssen. Nach dem Postillon stürzte sich Renzo ins nächste Abenteuer. Mit seiner zweiten Frau ging er nach Thailand, um es dort nochmal mit einem Restaurant zu versuchen. Er mietete ein Lokal, aber bevor die erste Pizza im Ofen war, eröffnete ein Restaurant gleich nebenan. Caretti verlor seinen Mut, brach die Zelte in Thailand ab. Ohne Geld, kehrte er mit seiner Frau zurück in die Schweiz. Das war vor zehn Jahren. Heute ist er auch von ihr geschieden.

 

Heute: Freundschaft, Vögel und ein alter Citroën

Seither wohnt er in einer Zweizimmerwohnung neben der Brauerei Egger in Worb. Im ehemaligen Kohlekeller hat er seine Cateringausrüstung untergebracht, im Garten steht eine Voliere mit bunten Zier- und Kanarienvögeln. Caretti ist heute 71 und sagt: «Ich bin zufrieden, habe wieder eine Freundin, auch sie kommt aus Thailand. Doch, es geht mir gut.»

 

Für seinen 80-jährigen Nachbar Aschi kocht er drei Mal pro Tag. «Er frühstückt bei mir, kommt zum Mittag- und Nachtessen, wofür er mir auch etwas bezahlt», sagt er. Daneben fährt er mit seinem Oldtimer-Citroën Hochzeitspaare von oder zur Kirche. «Die Vermietung läuft nicht mehr so wie früher. Der Oldtimer ist teurer im Unterhalt, als ich für die Fahrten erhalte», sagt Renzo mit einem Schmunzeln. Es sei mehr ein Hobby als ein Geschäft.

 

Auf Wohnungssuche – mit einer Voliere im Gepäck

Ende Januar muss er seine Wohnung an der Enggisteinstrasse räumen. Das alte Haus wird renoviert, die Miete nach der Sanierung kann sich Renzo Caretti nicht mehr leisten. Er hat kein grosses Polster, eine kleine Rente, keinen Plan B. Aber er hat seine Vögel, eine neue Liebe – und einen Nachbarn, für den er täglich kocht. Jetzt sucht er eine Wohnung, wenn möglich mit Garten, wo auch seine Voliere Platz hat. Vielleicht findet sich jemand, der nicht nur das sieht, was fehlt – sondern das, was da ist.

 

[i] Wer hat eine Wohnung für Renzo Caretti? 2 bis 2 ½ Zimmer, Miete bis 1300 Franken, Umgebung Worb, Platz für Voliere.

Sie erreichen ihn per Telefon unter 079 425 13 76 oder per E-Mail unter renzocaretti1954@gmail.com


Autor:in
Rolf Blaser, info@bern-ost.ch
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Erstellt: 25.07.2025
Geändert: 25.07.2025
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