Er kämpft um alte berndeutsche Wörter – ohne zu missionieren
Bruno Adrian Lüscher aus Littewil hat ein Buch auf und über Berndeutsch geschrieben. BERN-OST hat ihn auf einen Kafi getroffen und mit ihm über alte schöne Wörter gesprochen.
Bruno Adrian Lüscher (73) spricht viel und schnell. Als Kind wollte er Autorennfahrer werden, besuchte dann aber das Lehrerseminar. Seit Mitte der 80er Jahre wohnt er in Littewil, einem Weiler der Gemeinde Vechigen. Während 20 Jahren war er dort Lehrer, heute ist er pensioniert und hat ein Buch über berndeutsche Wörter und Redewendungen geschrieben.
Nidle statt Rahm
Lüscher ist die Sprache wichtig, aber er sagt klar: «Ich missioniere nicht.» Als er aber hörte, wie Jugendliche von Rahm und Butter sprachen, dachte er sich, er wolle gegensteuern und kam auf die Idee mit dem Buch. Und sagt mit einem Augenzwinkern: «Wenn ich in der Wirtschaft gefragt werde, ob ich die Merengue mit Rahm nehme, sage ich: ‘Nei, mit Nidle’.» Er finde es schade, wenn solche Worte verloren gehen. Deshalb gab er seinem Buch den Titel: «Nidle u Anke».
Nächti und hinecht
Im Buch präsentiert Lüscher berndeutsche Gedichte mit Titeln wie «nächti u hinecht». Benutzt er selbst diese Worte noch? «Ich gebe mir Mühe, das zu brauchen, aber es gelingt mir nicht ständig. ‘Nächti’ und ‘hinecht’ versuche ich bewusst einzusetzen und achte mich, ob es die Leute noch verstehen.» Es sei für ihn jeweils wie ein Spiel, die Reaktionen auf diese Wörter zu beobachten.
Mega tschent oder mega schön
Ein schönes Wort, dem Lüscher in seinem Buch eine Seite widmet, ist «tschent». «Wenn ich als Kind ein Auto sah, das mir gefiel, fand ich das ‘tschent’. Heute würde man sagen ‘mega schön’. ‘tschent’ hat eine andere Qualität als ‘mega’. Klar benutze ich ‘mega’ auch. Das ist wie ein Neophyt, den man nicht mehr los wird.»
Lüscher ist auch klar, dass sich die Sprache schon immer verändert hat. Früher legten Boote aus Thun in der Berner Matte an. Mit ihnen kamen Wörter und Redewendungen aus dem Oberland, und das Berndeutsch begann sich zu vermischen.
Der Dialekt leidet
Die Frage, wie gut es unserem Dialekt geht, sei schwierig zu beantworten. «Ich würde sagen, er leidet», so Lüscher, «wie bei den Neophyten. Da kommen fremde Einflüsse, die sich ausbreiten und Überhand nehmen.» Auch Anglizismen sorgten dafür, dass hiesige Ausdrücke mit der Zeit verloren gingen, schiebt Lüscher nach. Klar sei aber auch: «Die Sprache entwickelt sich weiter, es ist ein Wandel, den man nicht verhindern kann.»
Schöne alte Wörter
Es gebe viele schöne Berndeutsche Wörter, die ihm besonders am Herzen liegen. «figureetle» habe eine besondere Kraft. «Das ist wie ‘fingerle’, aber eben noch ein wenig mehr. ‘Fingerle’ ist blasser. ‘figureetle’ ist wie ‘chnüble’, da passiert etwas.» Im Gespräch spürt man Lüschers Begeisterung für alte Wörter, die man schon ewig nicht mehr gehört hat, wie etwa: «Chnuppesaager», «Chnorz» oder «Gyzgnäpper». Der erste sei ein mühsamer «Siech» oder ein «Chnorz», aber kein «Gyzgnäpper».
Damit sie nicht vergessen gehen
Wörter wie «nächti» oder «tschent» werden wohl mit der Zeit verschwinden, so Lüscher. Aber man könne den Leuten erzählen, dass es diese Worte einmal gegeben habe. Das macht Bruno Adrian Lüscher mit seinem Buch «Nidle u Anke», welches er im Eigenverlag herausgebracht hat.
[i] «Nidle u Anke» ist erhältlich in der Schmökerei am Bahnhofplatz in Worb.
[i] Das Buch kann auch direkt bei Bruno Lüscher per E-Mail unter luescher26@bluewin.ch bestellt werden und kostet 26 Franken plus 4 Franken Porto.
[i] Berndeutsche Wörter
Chnorz – knorriger Klotz
chnüble – klauben
Chnuppesaager – Langweiler, der endlos nörgelt
färn – letztes Jahr
fingerle – befingern, betasten
figureetle – an etwas herumhantieren
Gyzgnäpper – Geizhals
hinecht – heute Abend
hüür – dieses Jahr, heuer
nächti – gestern Abend
tschennt – schön
(Quelle: Berndeutsches Wörterbuch, von Greyerz/Bietenhard)