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Besuch beim Kiosk in Münsingen: Zwischen Lösli und Lächeln
Früher stand an jeder Ecke ein Kiosk. Heute sind sie selten geworden. In Münsingen betreibt Ursula Gfeller einen der letzten. Ein Besuch an einem Ort, an dem noch gegrüsst, geplaudert – und manchmal auch geklaut wird.
Neulich bei einem Gespräch kam das Thema auf: Kioske. Viele Menschen verbinden Kindheitserinnerungen damit: der Fünfermocken, Panini-Bildli oder das Bravo-Heft. Früher sah man Kioske an jeder Ecke, ob draussen am Bahnhof, bei der Bushaltestelle oder mitten im Dorf. Heute sind sie meist in Einkaufszentren oder anonym hinter Glasschiebetüren versteckt.
Noch ein echter Kiosk
In Münsingen am Dorfplatz steht noch ein echter Kiosk. Hinter dem Tresen: Ursula Gfeller aus Rüfenacht. Seit zweieinhalb Jahren führt sie den Kiosk, zuvor arbeitete sie über 20 Jahre an anderen Standorten, die meiste Zeit in Muri. Noch ein Jahr, dann geht sie in Pension.
«Lösli, Lotto und Zigaretten»
«Am meisten verkaufen wir Lösli aller Art, Lottoscheine und natürlich Zigaretten», sagt Ursula Gfeller. Süssigkeiten laufen im Sommer weniger, im Winter wieder besser. Zeitungen seien heute kaum noch gefragt – ganz anders als früher. «Zeitschriften wie die ‹Frau im Spiegel› gehen so. Da haben wir Stammgäste, die sich das Heft reservieren lassen.»
Ein Kunde kommt an den Kiosk, füllt einen Lottoschein aus, bezahlt mit Karte. Ob das für sie praktischer sei? «Mir spielt es keine Rolle, aber das kostet uns natürlich. Manchmal bezahlen Leute ein Päckli Kaugummi mit der Karte – und dann geht’s nicht. Man erlebt viel hier.»
Kontakt statt Kasse
Was ihr an der Arbeit gefällt? «Der Kontakt mit den Menschen. An einer Supermarktkasse wäre es mir zu monoton. Hier ist es abwechslungsreich, es kommen immer wieder neue Sachen dazu – zum Beispiel, dass man jetzt auch Pakete bei uns abholen kann.» Viele Kundinnen und Kunden kenne sie vom Sehen her. «Manche erzählen mir, wie’s ihnen geht – oder ihrem Hund. Viele erzählen auch von ihren ‹Bräschteli›. Ich höre gerne zu.»
Gehetzte Zeit
Natürlich gebe es auch solche die keine Zeit haben, die gestresst sind, alles schnell gehen muss: «Aber das ist halt unsere Zeit.» Früher sei alles ein wenig langsamer abgelaufen.
«Als ich vor über 20 Jahren anfing, hatten wir weder Kasse noch Bildschirm. Alles wurde im Kopf zusammengezählt. Das ging nicht so ruck-zuck wie heute», sagt Gfeller.
Was sie störe? «Wenn jemand zum Kiosk kommt, nicht grüsst und nur ‹ein Päckli Marlboro› reinruft. Oder etwas für sich murmelt. Ich grüsse trotzdem und bleibe freundlich.»
Ein frecher Dieb
Ein Erlebnis hat sie besonders getroffen: «Kürzlich verlangte einer eine Stange Zigaretten. Ich legte sie hier hin, er zückte sein Handy – ich dachte, er will damit bezahlen. Dann packte er die Stange und rannte davon. Ein junger Schweizer, etwa 30. So dreist. Wenn ich den nochmals sehe, dem erzähle ich was!»
Zeit für sich?
Ob sie auch Zeit habe, ein Heftli zu lesen? Ursula Gfeller lacht. «Nein. Um sieben Uhr öffne ich den Kiosk, wir verkaufen auch Kaffee. Von da an läuft’s bis in den frühen Nachmittag. Danach werde ich abgelöst und habe Feierabend.»
[i] 1934 wurde die Kiosk AG gegründet und betrieb 1990 schweizweit 1500 Kioske. Anfang der 90er Jahre übernahm die Merkur AG die Kiosk AG. Später wurde die Merkur AG zur Valora Holding AG, zu der neben Kiosk auch Avec, Backwerk, Bretzelkönig, Café Spettacolo, Ditsch, Press & Books und vieles mehr gehören. Heute betreibt die Valora 790 Kioske in der Schweiz sowie 250 im Ausland.
Erstellt:
04.08.2025
Geändert: 04.08.2025
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