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Gegen Autobahnausbau: "Man muss nicht links sein, um hier ein Zeichen zu setzen"

Der Gemeinderat von Bolligen vertritt in der neuen Zusammensetzung eine andere Haltung als noch vor fünf Jahren. Damals hatte er dem Ausbau der Autobahn im Grauholz auf acht Spuren noch zugestimmt. Heute wehrt er sich dagegen. 

Bolligen wehrt sich gegen den Autobahnausbau im Grauholz. (Bilder: ASTRA, Google Maps, Bolligen.ch)
Das ASTRA will im Grauholz auf acht Spuren ausbauen. (Animation: ASTRA)
Sp sieht es heute aus im Grauholz. (Bild: ASTRA)
Bolligen (rechts hinter rotgepunkteter Grenze) ist direkt betroffen. (Bild: Google Maps)
Vize-Gemeindepräsidentin Marianne Zürcher. (Bild: Bolligen.ch)

Wer mit dem Auto pendelt, kennt den Autobahnabschitt Grauholz. Der „Flaschenhals“  wird von Reisenden von und in Richtung Zürich wie auch Richtung Biel genutzt. Zu Stosszeiten wird es oft eng. Regelmässig staut sich der Feierabendverkehr.  

 

Das Problem will der Bund lösen, indem er die Kapazität des Autobahnabschnitts zwischen Wankdorf und Schönbühl erhöht. Der Verkehr soll künftig auf acht statt sechs Spuren rollen.

 

13 Hektaren Kulturland betroffen

Dagegen wehrt sich die Gemeinde Bolligen mit einer Einsprache. Die Autobahn führt im Grauholz durch ihr Gebiet. Vom einhergehenden Kulturlandverlust wären auch Bauernbetriebe in Bolligen betroffen. Die insgesamt 13 Hektaren Kulturland, welche die Autobahn neu beanspruchen würde, ist das erste Argument, das der Gemeinderat in seiner Mitteilung aufnimmt. 

 

"Im Interesse der Bürger:innen"

Der Ausbau sei zudem nicht vereinbar mit dem sogenannten "Klimaartikel", dem das Bolliger Stimmvolk im September 2021 deutlich zugestimmt hatte. Dadurch sehe sich der Gemeinderat angehalten, im Interesse der Bürger:innen Einsprache zu erheben. Weiter sei der Gemeinderat der Meinung, dass der Güterverkehr auf die Schiene verlegt werden müsse, was die bestehenden Strassen schnell entlasten würde. Insgesamt sei man überzeugt, dass es innovativere und intelligentere Lösungen geben müsse, als den Ausbau der Autobahn. Genannt wird etwa Carsharing oder die Nutzung des Pannenstreifens zu Stosszeiten. 

 

Mit der Einsprache stellt der Gemeinderat den Antrag, das Gesuch des ASTRA um Plangenehmigung sei nicht zu bewilligen. Anstelle seien für die Lösung der Verkehrsprobleme alternative Lösungen zu prüfen, die das Kulturland schonen und klimaverträglicher sind.

 

Nein wegen Linksrutsch?

Noch 2017, als der Autobahnausbau in der Vernehmlassung war, hatte der Gemeinderat das Projekt im Grundsatz unterstützt. Zwischenzeitlich hat sich die Zusammensetzung des Gremiums und damit auch seine Haltung verändert. Damals sassen darin (ohne Gemeindepräsidentin) fünf Bürgerliche (mit GLP) und zwei Linke. Heute beträgt das Verhältnis vier zu drei, wobei die GLP nicht mehr vertreten ist. Der Beschluss zur Einsprache wurde also auch von mindestens einem bürgerlichen Mitglied des Gemeinderats unterstützt.

 

Wer das war, verrät Vize-Gemeindepräsidentin Marianne Zürcher (SVP) nicht, die Sitzungen des Gemeinderats sind geheim. „Die Vernehmlassung ist fünf Jahre her, da kann man auch die Meinung ändern“, erklärt sie den Umschwung. „Man muss nicht links sein, um hier ein Zeichen zu setzen.“

 

"Wollen wir das?"

Bei den aktuellen Plänen handle es sich nur um den Anfang. „Geplant ist, danach weiter auszubauen. Da muss man sich fragen: Wollen wir das? Verlorenes Landwirtschaftsland kommt nicht mehr zurück.“ Zürcher arbeitet in der Landwirtschaft, wäre selber aber nicht betroffen vom Landverlust. Der Hof, den sie mit Ehemann und Sohn führt, liegt auf dem Ferenberg, fernab der Autobahn.

 

Zürcher sagt: „Wir arbeiten mit strengen ökologischen Auflagen. Diese sollten auch für andere Bereiche der Wirtschaft gelten. Hier Landwirtschaftsland zu opfern, das finde ich als Bäuerin nicht zeitgemäss.“

 

Auch Stadt Bern und Zollikofen dagegen

Nebst Bolligen und der Stadt Bern hat auch die Gemeinde Zollikofen Einsprache erhoben gegen die Ausbaupläne im Grauholz. Trotzdem räumt Zürcher dem Widerstand keine grosse Chancen ein. „Ich glaube nicht, dass es etwas nützt.“ Ob Bolligen ausser der Einsprache weitere Schritte gegen das Projekt unternimmt, sei noch nicht klar. „Ganz sicher verfolgen wir jetzt, wie es weitergeht.“


Autor:in
pd/abu, info@bern-ost.ch
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Erstellt: 03.11.2022
Geändert: 03.11.2022
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