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Bolligen/Krauchtal: Das Laufenbad wird zur Cateringküche

Quelle
Berner Zeitung BZ

Das Wirtepaar Hans Rudolf Steiner und Rémy Borer gibt den Gasthof Laufenbad in Bolligen/Krauchthal ab.

Stabübergabe im Laufenbad: Anibal Gamez (41), Hans Rudolf Steiner (64), Rémy Borer (76) und Sam Sager (28).

Der Bach plätschert, ein Kauz ruft aus dem Wald rüber zum Restaurant Laufenbad, und die Landschaft liegt unter einer Schneedecke. Hier scheint noch alles in Ordnung. Alles bis auf die Kasse. «Das Laufenbad ist schwierig, und wir können es nicht mehr stemmen», sagt Hans Rudolf Steiner. Gründe nennt er einige: Die Hornusser haben den Stammtisch verlassen, die unstete Zahl der Mittagsgäste und im Sommer der schattige Ort.

 

Steiner wirtet hier mit seinem Partner Rémy Borer, dessen Gesundheit ein weiterer Grund fürs Kürzertreten ist. Sie sitzen am Tisch, vor sich Milchkaffee und ein Menage. Der 76-jährige Borer blättert im «Blick», eine Halskette mit Kreuz lugt aus dem Hemd heraus. Ein Bild an der Wand zeigt ihn in jüngeren Jahren. An der Wand lehnen Krücken.

 

Verliebt am Bahnhofbuffet

50 Prozent will Steiner danach arbeiten. «Mehr nicht, denn ich habe noch meinen Pflegefall», sagt Steiner und blickt in Borers Richtung. Seit 40 Jahren sind sie zusammen, kennen gelernt haben sie sich in Solothurn am Bahnhofbuffet. Damals mussten sie sich viel anhören, doch: «Die grössten Kritiker wurden die treuesten Gäste», sagt Borer, Steiner nickt. Seit 1981 wirten sie gemeinsam, rund um die Uhr sind sie zusammen. «Streit gibt es selten, wir diskutieren alles aus, aber nie vor den Gästen», sagt Borer und deutet zur Treppe, die in ihre Wohnung führt.

 

Seit 2011 sind sie im Laufenbad, parallel dazu führen sie das Badibeizli in Kirchberg. Der letzte Sommer hat Steiner an die Grenze gebracht: Morgens früh fing er dort an, und um 16 Uhr machten sie das Laufenbad auf. «Das sind lange Tage», meint Steiner. Beide lernten Koch und Kellner, die Rollen sind heute klar verteilt: Steiner kocht, der Renner ist Rösti mit Leberli. Borer war, solange er Kraft hatte, der Gastgeber.

 

Kraft müssen sie aber noch einmal aufbringen für den Umzug: Nicht nur ihre Wohnung, auch fünf zugelaufene Katzen, Geissen, Kaninchen und Enten ziehen mit ihnen um. Ob sie für einen Teich beim neuen Daheim Platz haben, steht noch in den Sternen. Borer blickt von der Zeitung auf, er hat Tränen in den Augen. Sie haben ein Haus in Kirchberg gemietet, fünf Gehminuten von der Badi entfernt.

 

Gastbetrieb vorbei

Mitte April übergeben sie das Laufenbad ans Food-Truck-Unternehmen The Lunchbox. Fürs Foto ist der 28-jährige US-Amerikaner Sam Sager hierher gekommen, mit dabei der Venezolaner Anibal Gamez, der ebenfalls einen Food-Truck hat. Getroffen hat man sich offensichtlich noch nicht, verhandelt wurde mit der Liegenschaftsbesitzerin Kewu. Die Schweizer Wirtsleute und die ausländischen Food-Trucker stehen in der Gaststube, man merkt, hier treffen zwei Welten aufeinander.

 

Oder zumindest Kontinente: Man spricht hochdeutsch, schüttelt Hände, Sager bestellt Kaffee auf Englisch. Mit ihrer Ankunft sind die Tage eines regulären Gastbetriebes gezählt, da Gamez und Sager im Frühling mit ihren Food-Trucks wieder in Bern unterwegs sein werden. Hierher verlegen sie ihre Produktions­küchen.

 

Dennoch werden sie den Ort entrümpeln, um die Räume für Privatanlässe nutzen zu können. Gamez sammelte Erfahrung in renommierten Küchen in Amerika und Australien. «Immer nur Strassenessen und Mittagessen zuzubereiten, ist langweilig. Ich will richtig fett kochen», sagt Gamez. Seine Fähigkeiten stellt er mit Unterstützung von Sager bis zur Übergabe des Laufenbads unter Beweis. Sie vertreiben sich die Zeit mit dem Pop-up-Projekt The Situation im Apfelgold in der Berner Länggasse.


Autor:in
Claudia Salzmann, Berner Zeitung, BZ
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Erstellt: 07.02.2019
Geändert: 07.02.2019
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