Der Ochsen erhielt ein Facelifting – so sieht er jetzt aus
Der Ochsen in Münsingen steht nach einer Fassadenrenovation wieder blitzblank da. Wir waren zu Besuch bei der Wirtefamilie. Ein Gespräch über die meistbestellten Menüs, hohe Renovationskosten und ob so ein Traditionshaus von selbst läuft.
An der Wand in der Gaststube des Ochsen hängt ein Zeitungshalter, aus einer Zeit in der noch Zeitungen gelesen wurden. Die Halter für die Tagwacht oder die Schwingerzeitung bleiben schon seit Jahren leer. Die Zeit vergeht, der Ochsen bleibt. Wir sitzen in der urchigen Gaststube am grossen Holztisch. Monika und Markus Linder-Löffel führen den Betrieb. Unterstützt von Monikas Eltern, Barbara und Fritz Löffel, bleibt der Ochsen, was er seit über hundert Jahren ist: eine traditionelle Dorfbeiz.
Fassade für eine Viertelmillion Franken
Die Familie liess im Sommer die gesamte Fassade renovieren. «Die Leute sahen das sofort», sagt Monika Linder. Bei einem denkmalgeschützten Haus sei die Sanierung anspruchsvoll, Farbe und Material mussten von der Denkmalpflege bewilligt werden. Die Frontseite des Hauses, zur Strasse hin, ist mit Holzschindeln verkleidet, auch diese erhielten einen neuen Anstrich. Die Sanierung dauerte zweieinhalb Monate und kostete 250'000 Franken. Ein stolzer Betrag. «Das ist wirklich noch echtes Handwerk», sagt Monika Linder-Löffel, «33 Handwerker waren beteiligt, alle aus der Region.»
Seit über 100 Jahren in Familienbesitz
Der Ochsen ist ein Gasthof mit langer Tradition. 1528 sei der erste Ochsen mit einer Pferde-Wechselstation betrieben worden. 1712 brannte das Haus ab bis auf die Grundmauern und wurde danach wieder aufgebaut. Rudolf und Rosa Löffel haben den Ochsen 1921 gekauft, danach blieb das Restaurant in der Familie. Barbara und Fritz Löffel übernahmen 1989, vor zwölf Jahren sind Monika und Markus Linder-Löffel im Betrieb eingestiegen, seit fünf Jahren führen sie ihn in vierter Generation traditionell weiter.
Der Ochse glänzt
Auch die Figur mit dem goldenen Ochsen an der Hausfront hat die Sanierung überstanden. Sie wurde auf Hochglanz poliert und nach der Renovation wieder montiert. Die Reaktionen im Dorf blieben nicht aus. «Wir hätten nie gedacht, dass so viele Leute so positiv auf die Sanierung reagieren», sagt Monika Linder-Löffel.
Man muss dran sein
Der Betrieb laufe stabil, im Sommer sorge die Gartenwirtschaft für gute Umsätze. «Wenn das Wetter mitmacht», so Linder-Löffel. November und Dezember seien «sehr wichtig», Firmen und Gruppen buchen Anlässe und Essen, daneben füllen Konzerte und Bankette den Kalender. Sie seien zufrieden, aber: «Es ist kein Selbstläufer. Die Gäste verzeihen heute wenig. Die Leistung muss jeden Tag stimmen», sagt Monika Linder. Gute Mitarbeitende zu finden, bleibe schwierig. Deshalb sei es wichtig, den «Groove» im Team zu halten. Vater Fritz Löffel arbeitet nicht mehr täglich mit, Barbara Löffel hilft weiterhin jeden Tag aus.
Mehr als ein Job
Für Monika Linder-Löffel sei der Ochsen weit mehr als ein Arbeitsplatz. «Es ist mein Zuhause und mir macht es Freude, hier zu arbeiten. Uns kennt man, wir sind an der Front.» Die Präsenzzeiten sind hoch, Bekanntschaft und Nähe gehören zum Alltag, was wiederum die Gäste schätzen.
Die Renner der Karte
Kulinarisch bleibt der Ochsen klassisch. Monika verrät, was am meisten bestellt wird: «In der Wildsaison lief die Wildsau sehr gut. Aktuell ist der Suure Mocken der Renner oder auch Leberli, Cordon bleu und Forellen.»
Der Fels in der Brandung
Lange wurde im Zentrum von Münsingen an der Strasse gearbeitet. Aus der einstigen, häufig verstopfen Durchgangsstrasse wurde eine Tempo-30-Zone. «Es ist ruhiger, der Stau hat abgenommen», sagt Fritz Löffel. Nach der Renovation bleibt der Ochsen, was die Leute im Dorf seit Generationen erwarten: eine vertraute Beiz. Oder wie es Barbara Löffel sagt: «Wir sind der Fels in der Brandung im Dorf.»
Gasthof Ochsen, Bernstrasse 2, Münsingen
Freitag bis Mittwoch geöffnet – Donnerstag geschlossen
(Vom 24. bis 28. Dezember ist geschlossen, danach hat der Betrieb bis zum 2. Januar geöffnet.)