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„Dr schnällscht Wäg uf Worb“: Marcel Dietler aus Gümligen schrieb eine Fortsetzung

Das Aufeinandertreffen eines deutschen Touristen und eines Berners an der Haltestelle des blauen Bähnlis am Zytglogge ist ein nationaler Kabarettklassiker. Die RBS veröffentlichte am Montag auf ihrem Blog eine Fortsetzung der Geschichte.

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Das blaue Bähnli ist mittlerweile auch rot: Der Berner erklärts dem Deutschen im Dialog von Marcel Dietler. (Bild: rbs.ch)

Der Gümliger Marcel Dietler schildert das Wiedersehen der beiden Hauptfiguren nach dreissig Jahren. Dietler sei die Idee zur Fortsetzung gekommen, als er nach Gümligen zog und fortan oft mit dem blauen Bähnli fuhr, schreibt die RBS in ihrem Blog.

 

Die Originalfassung wurde im Dezember 2016 bereits in der Zeitschrift des Berner Stadtteils IV "Quavier" veröffentlicht:

 

"Ein deutscher Tourist und ein Berner begegnen sich wieder. Ort: Tramhaltestelle Bahnhof.


Verzeihung, welches ist der schnellste Weg zum Helvetiaplatz?
Ja, weyt Dihr überhoupt zum Helvetiaplatz?

Selbstverständlich, sonst würde ich nicht fragen!
Es könnte ja sein, dass Sie nach W o r b möchten.

Sind Sie ein Prophet? Das ist unglaublich. Ich bin sprachlos!
Aber so sprachlos syt dihr doch gar nit, dihr redet ja geng no.

Ich will damit sagen, dass ich erstaunt bin. Stellen Sie sich vor . . .
René Balmer

Stellen Sie sich vor: Ich will tatsächlich nach Worb! Wie können Sie das wissen? Und warum sagen Sie René Balmer?
Ich heisse so.

Gut, Herr Balmer, aber warum nennen Sie mir Ihren Namen?
Wöu dihr gseit heyt: «Stellen Sie sich vor.» U s wär aschtändig, we Dihr euch o würdet vorschteue. Nach dryssgg Jahr wär's langsam a dr Zyt.

Na schön, Günther Bornmann ist mein Name.

Fröit mi.

Ganz meinerseits, Herr Balmer. Aber warum sagen Sie mir, dass es «nach dryssgg Jahr langsam a dr Zyt» wäre?
He wöu Dihr mir vor dryssgg Jahr am Helvetiaplatz nachem schnäuschte Wäg nach Worb heyt gfragt.

Donnerwetter, das waren Sie? Nach dreissig Jahren! Welch ein Gedächtnis!
Dihr heyt denn mit em Omnibus nach Worb wöue.

Und Sie haben mir gesagt, dass kein Omnibus nach Worb fährt, dass ich mit dem blauen Bähnli fahren muss. Und dann haben Sie so lange gequasselt, dass mir das Bähnli vor der Nase weggefahren ist.

Itz isch's n Ech o grad wider abgfahren! Gseht Er's dert?

Ja, ich sehe ein blaues Bähnli, aber das kann nicht das Worbbähnli sein; das hat seine Endhaltestelle am Helvetiaplatz.
Hatte, Herr Bornmann, hatte! Nachhär hett me d Linie bis zum Zytglogge zoge. Dert gseht me geng no ds Schtumpengeleis, wöu s nit gnueg Platz het für ne Kehrschleife. Es ist dennzumau hingertsy nach Worb gfahre.

Hingertsy?

Ja, rückwärts. Es ist ein Anna-Bähnli.

Wieso Anna?

Weil man Anna von vorne und hinten gleich liest. Ds blaue Bähnli fahrt so geng vorwärts, o we nes hingertsy fahrt.

Aber jetzt sind wir doch gar nicht am Zytglogge. Hat man die Linie bis Bahnhof verlängert? Und fährt es jetzt auch hingertsy, weil es hier nicht drehen kann?

Äs fahrt itz scho syt paar Jahr bis ids Fischermätteli. Dort kann es kehren. Früecher hey si dört es Tram gha, es rots Tram. Itz cha me vo Worb diräkt ids Fischermätteli fahre u umgekehrt. Das isch gäbig.

Dann haben die Leute im Fischermätteli jetzt ein Bähnli anstatt ein Tram?
Nei, bis ids Fischermätteli isch das Bähnli es Tram und für nach Worb isch das Tram es Bähnli.

Aber ob Tram oder Bähnli, es ist doch für beide dasselbe, nicht wahr?
Nid ganz, für ids Fischermätteli tuets Bähnli lütte wie nes Tram, u vo Muri bis Worb pfyfft ds Tram wie nes Bähnli – es Trambähnli. So sy beidi zfride, die im Fischermätteli u die z Worb.

Ich würde gerne mit Ihnen weiterdiskutieren, aber hier kommt schon wieder mein Blaues. Ich will es nicht verpassen . . .
Haut, ja nid yschtyge, das isch n i d ds blaue Bähnli!

Aber es ist doch blau?

Ja schon, aber es ist kein Anna-Bähnli. Es isch hinger u vorne nid glych.

Also wenn ein blaues Bähnli hinten und vorne nicht gleich ist, fährt es nicht nach Worb?
Nei, de fahrt's nid nach Worb. Lueget doch, es isch ja mit Bümpliz agschribe – u de no auf Hochdeutsch.

Wie schreibt man denn Bümpliz auf Schweizerdeutsch?
Mit P und TZ. Me seit Pümplitz u schrybt wäge de Dütsche Bümpliz. So wie me Chäsiz seit u

Kehrsatz schrybt. I chönnt Euch no viu verzelle, aber itz isch Eues blaue Bähnli grad aacho u Dihr söttet yschtyge.

in dieses Bähnli werde ich bestimmt nicht «Yschtyge». Ich bin nicht farbenblind. Dieses Bähnli ist ja nicht blau, sondern rot. Schtimmt nid ganz, es gseht zwar rot us, aber es isch trotzdäm ds blaue Bähnli.

Ihr Schweizer seid total übergeschnappt, dass bei Euch Rot Blau ist . . . Aber ich geb's auf. Ich will nun endlich nach Worb, ob rückwärts oder vorwärts, ob blau oder rot . . .

Da können Si noch lange warten.

Wieso denn? Aber es ist wahr; es ist schon längere Zeit kein Bähnli mehr angekommen.
Das isch wöu itz Schtosszyt isch.

Ums Himmels willen; setzt man ausgerechnet in den Stosszeiten weniger Bähnli ein?
E aber nei, ir Schtosszyt setze mir m e h Bähnli y!

Warum kommt denn keines?

I dr Schtosszyt isch so mängs Tram u Bähnli unterwägs u aui auf dr glyche Schine, dass si nümme dürechöme u schtecke blybe.

Und wie komme ich jetzt nach Worb???

Mit mir! Y gah itz i Houptbahnhof ine, dert wo die internationale Züg fahre. Mir hey äbe uf jedes Problem e Antwort: Im Bahnof het's no nes angersch Worbbähnli.

Gott sei Dank! Wieder ein blaues, das rot ist?

Nei, es orangsches!"

Marcel Dietler, QUAVIER 85/16, S. 23.

[i] Zum Blogbeitrag der RBS


Autor:in
Isabelle Berger, isabelle.berger@bern-ost.ch
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Erstellt: 08.04.2017
Geändert: 08.04.2017
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