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Ein Bubentraum: Mit dem Solex nach Paris

Thomas Zaugg aus Münsingen erfüllt sich einen Traum. Er fährt mit einem Velo-Solex nach Paris. Mit BERN-OST hat er über seine Reise gesprochen und erzählt, dass man noch mitfahren kann.

Thomas Zaugg will 600 Kilometer mit dem Solex zurücklegen. (Foto: Rolf Blaser)
Thomas Zaugg: "Es ist die pure Mechanik des Solex’, welche mich immer wieder begeistert." (Foto: Rolf Blaser)
Das Solex, 2-Taktmotor, Baujahr 74/75, 28 Kilo, 1.5 Liter Tank. (Foto: Thomas Zaugg)
Höchstgeschwindigkeit 30 km/h. (Foto: Rolf Blaser)

Wir treffen uns auf der Redaktion von BERN-OST in Worb. Thomas Zaugg ist an diesem grauen Tag mit dem Solex nach Worb gefahren. Als erstes zeigt er mir sein Solex. Kaum stehen wir davor, gesellt sich ein älterer Herr zu uns und hört interessiert zu. Auch er habe früher so ein Gefährt gehabt. Während wir uns unterhalten, verlangsamen Passanten um uns den Schritt, werfen einen Blick auf das Solex und gehen weiter. Das Teil sorgt für Aufsehen.

 

Velo mit Motor

Das Solex war der Vorbote des heutigen E-Velos. Schon 1917 liess der Erfinder des Vélosolex ein Patent auf ein Velo mit Motor eintragen. Erst in den 50er und 60er Jahren setzte sich das Solex durch und wurde über sechs Millionen Mal verkauft. Ein Solex ist ein stabiles Velo mit einem kleinen Motor über dem Vorderrad. Die Idee war, dass man – dank Motor - weniger pedalen muss.

 

Solex für 300 Franken

«Mein erstes Solex landete irgendwann im Abfall und wurde entsorgt», sagt Thomas Zaugg (65). Als 16-Jähriger habe er damals ein Solex, welches nicht mehr lief, neu zusammengesetzt und fahrtüchtig gemacht. Nach einer bestimmten Zeit, habe er es nicht mehr benutzt. Vor etwa 20 Jahren habe seine Frau ein Inserat entdeckt, jemand habe ein Solex für 300 Franken zu verkaufen. «Ich dachte, das ist es, und kaufte es.» Erneut nahm sich Zaugg Zeit, revidierte das Solex und fuhr es zum Plausch. «Etwa zum Gipfeli holen am Sonntagmorgen», grinst er.

 

Ab nach Paris

Der Gedanke, eine Reise mit dem Solex nach Paris zu machen, kam ihm in den letzten Jahren. Neben dem Solex kümmert sich Zaugg auch um grössere Motoren. Er restauriert alte Motorräder, besitzt eine Triumpf Bonneville und eine 650er BSA, Jahrgang 68. «In der Garage stehen noch alte Vespas und Lambrettas.»

 

Immer wenn er an seinen Zweirädern rumgeschraubt habe, sei ihm die Idee dieser Reise gekommen. Einfach mal loszufahren, Münsingen hinter sich zu lassen, jeden Tag ein paar Kilometer zu fahren bis Paris. Diesen Sommer wird Thomas Zaugg pensioniert, also dachte er, «jetzt passt der Moment, um mit dem Solex nach Paris zu fahren.»

 

Der Weg ist das Ziel

«Es ist das Langsame, das gemütliche Fahren, das mir am Solex gefällt. Man kann die Landschaft geniessen. Man sieht mehr, wenn man mit Tempo 30 durch die Natur tuckert, als auf der Autobahn.» Zudem sei man fernab vom Verkehr, sagt Zaugg. Die 600 Kilometer nach Paris wird er und seine Gruppe auf Radwegen unterwegs sein. «Wir rechnen etwa mit zehn Tagen Reisezeit.» Pro Tag sind 50 bis 70 Kilometer eingeplant. Geschlafen wird in Bed’n’Breakfast oder günstigen Hotels. «Es passt nicht, wenn wir mit dem Solex in einem Fünf-Stern-Hotel einchecken», lacht Zaugg.

 

Die Leute werden staunen

Zu Beginn der Tour erwartet Zaugg die grössten Strapazen. «Die Etappe über den Jura wird happig. Da werden wir pedalen müssen, danach wird es flach.» Bergauf ist ein Solex kein Selbstfahrer, das heisst, man muss ab und zu mit Muskelkraft nachhelfen, um die Höhenmeter zu überwinden.

 

Zaugg freut sich auf Begegnungen mit Menschen auf der Tour: «Wir werden einen Sympathiebonus haben, da dass Solex in Frankreich bekannter ist als hier. Ältere aber auch junge Leute werden staunen und erfahren wollen, wie das funktioniert. Und warum wir durch ihr Land fahren.»

 

Kein Schnickschnack

Es sei die pure Mechanik des Solex’, welche immer wieder Leute zu begeistern möge. Keine Elektronik, kein Akku. Lediglich ein 50 Kubikmotor, der etwa einenhalb Liter Benzin auf 100 Kilometer benötigt. «Wir fahren auf dem Velostreifen, die E-Velos überholen uns. Das Ziel ist, ein Foto vom Solex vor dem Eifelturm zu machen», so Zaugg.

 

Die Tücken der Planung

Das Schwierigste bei der Planung sei der Rücktransport der Solex' gewesen. Wegen des Benzinmotors darf das Solex nicht mit dem Zug transportiert werden. Also wird ein Lieferwagen die Tour begleiten und sämtliches Gepäck mitführen. Zurzeit ist Thomas Zaugg mit zwei weiteren Personen am Start. Wenn noch jemand Lust hat, die Gruppe zu begleiten, kann er oder sie sich bei ihm melden. Ein Solex zur Benützung könnte er zur Verfügung stellen. Die Tour startet am 11. September, Interessierte können sich direkt bei Thomas Zaugg per Email melden.


Autor:in
Rolf Blaser, rolf.blaser@bern-ost.ch
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Erstellt: 23.05.2023
Geändert: 01.06.2023
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