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FC Münsingen: Feuz im Fieber und am Hadern

Münsingens Trainer war stolz auf sein 1.-Liga-Team, das im Cup gegen Basel nur 0:1 verlor.

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Voller Einsatz in der Coachingzone und ein paar Meter darüber hinaus: Kurt Feuz ist eine Legende beim FC Münsingen (Bilder: Christian Pfander/freshfocus)
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Die Trainer: Feuz mit Yakin, von dem er besonders viel hält.
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Auf der Stirn haben sich Schweissperlen gebildet, sie zeugen von anstrengender Arbeit. Und von Aufregung. Kurt Feuz ist viel unterwegs gewesen in der Coaching zone und manchmal ein paar Meter darüber hinaus, er hat geturnt und geschimpft, geschrien und applaudiert. Eigentlich ist er nicht anders gewesen als sonst, wenn der FC Münsingen spielt. Oder präziser: sein FC Münsingen.

Am Ende wird der Trainer mitteilen: «Die Niederlage war nicht zwingend.» Und auch: «Unsere Leistung war fantastisch. Jetzt dauert es mindestens eine Stunde, bis ich die Enttäuschung überwunden und mich in Festlaune gebracht habe.» Verloren hat er nicht in der 1. Liga Classic gegen die Black Stars oder Schötz, sondern im Cup gegen den FC Basel. Und erst noch mit einem Tor, das für Kopfschütteln sorgt: «Ein Fehlentscheid, dieser Penalty!»

Die Hütchen stellt er selber auf – und «Luftheuler» mag er nicht

Feuz ist 60 und eine Legende beim Erstligisten. 1984 kam er nach Münsingen, er stieg als Trainer ein und spielte nebenbei. In der 3. Liga klappte das mit seinen Qualitäten problemlos, schliesslich hatte er es in seiner Karriere bis in die Nationalliga A geschafft, für St. Gallen sowie die Young Boys gespielt und zwei Cupfinals bestritten. Feuz blieb also ein erstes Jahr in Münsingen, ein zweites, er blieb immer länger und baute sich ein kleines Reich auf.

Als er 1996 doch eine Luftveränderung anstrebte, kehrte er schon nach einer Saison wieder zurück. In Biel merkte er, wie der Präsident nach zwei Niederlagen nervös wurde und der Sportchef glaubte, eingreifen zu müssen. «Das war nicht meine Welt», sagt Feuz.

Seine Welt war Münsingen, und sie ist es mittlerweile seit 28 Jahren. Mit dem Club ist er bis in die 1. Liga aufgestiegen und hat er siebenmal die Aufstiegsspiele zur zweithöchsten Klasse erreicht. Auf dem Sportplatz Sandreutenen kann er in Alleinregie walten, wie er es für richtig hält. Und er hält sich an simple Grundsätze: Einen Assistenten braucht er nur aushilfsweise, «weil ich die Hütchen auch selber aufstellen kann»; er will kein 23-Mann-Kader, «weil ich mich frage: Was mache ich mit denen ab Nummer 18?»; und wenn ein möglicher neuer Spieler mit einem Berater zum Gespräch auftaucht, winkt Feuz schnell ab. Solche Begleitpersonen auf dieser Stufe sind für ihn «Luftheuler».

Feuz ist unverstellt, oder in den Worten von Präsident Matthias Hauswirth: «Er ist einmalig und passt perfekt zu uns.» Er lebt von seinem Feuer für seinen Sport. Das Wochenende verbringt er auf Fussballplätzen, wo auch immer in der Region. Das Wandern, sagt er, habe er sich für später aufgehoben. Bloss ist nicht absehbar, wann und ob er überhaupt einmal in Pension geht. Er hat sich dem FC Münsingen verschrieben, geniesst es, wöchentlich drei bis vier Abende auf dem Sportplatz zu verbringen, als wäre er am Anfang seiner Karriere. Und seine Leidenschaft kostet er erst recht an Tagen wie gestern aus.

Heuslers Ansage und der umstrittene Penalty zum 0:1

Der FC Basel hat sich angekündigt, mit ihm sein Trainer Murat Yakin, von dem Feuz besonders viel hält. Sandreutenen gleicht mit den provisorisch errichteten Tribünen einem Kleinstadion, und das ist ein erster Unterschied zum gewöhnlichen Betrieb. «Wenn die Mannschaft vor einem Meisterschaftsspiel zum Aufwärmen geht, sind erst der Würstliverkäufer und der Platzkassier da», sagt Feuz, «jetzt warten schon 2000 Leute.»

4100 sind es, als das Spiel anfängt, so viele wie noch nie in der Clubgeschichte. Die Amateure wehren sich nicht nur eindrucksvoll, sie zeigen Mut. Greifen an. Kommen zum Abschluss. Und nach 45 Minuten steht es 0:0. Feuz klatscht. Dann wechselt er sein Hemd, das erste hat er durchgeschwitzt. FCB-Präsident Bernard Heusler sagt: «Unsere Mannschaft muss zulegen.»

Nach 55 Minuten verwirft Feuz die Hände. Koch stoppt Streller mit einem Foul, wohl vor dem Strafraum. «Klar ausserhalb», sagt der deutsche Verteidiger, «sonst wäre ich viel vorsichtiger gewesen. Richtig wäre ein Freistoss gewesen.» Schiedsrichter Studer aber zeigt auf den Penaltypunkt. Delgado verwertet den Elfmeter. Der FCB führt, aber sein Auftritt ist ein Rätsel, geprägt von erstaunlicher Ideenlosigkeit und defensiver Anfälligkeit, es sieht nach Überheblichkeit aus.

Feuz spürt: Der Ausgleich ist möglich. Sein Gegenüber Murat Yakin wechselt Streller aus und verstärkt die Defensive. Später wird er den aufmüpfigen Gegner loben: «Münsingen war taktisch sehr gut eingestellt und zeigte enormen Kampfgeist. Das ist die Handschrift seines Trainers.»

Und am Sonntag beschäftigt sich Feuz mit dem FC Baden

Die Nachspielzeit läuft. Der Ball fliegt in den Basler Strafraum, Feuz macht vor seiner Bank Verrenkungen – vergebens. Es bleibt beim 0:1. «Ich bin trotzdem stolz auf die Mannschaft», sagt er, «wenn das nächste Mal YB kommt oder sonst ein Grosser, probieren wir es halt wieder.» Sponsoren schütteln ihm die Hand und nicken anerkennend. Er gibt Auskunft, überall, und scheint die Zeit zu vergessen.

Nur etwas vergisst er nicht: den nächsten Mittwoch. Wenn Basel bei Chelsea in der Champions League den ersten Auftritt hat, gastiert Münsingen in Baden in der 1. Liga Classic. «Den Schalter sofort umlegen», fordert Feuz. Und gibt sein Programm für Sonntagmorgen bekannt: alle verfügbaren Informationen über den nächsten Gegner sammeln.

Streller: «Sehr, sehr wenig Glanz»

Marco Streller suchte nach der Qualifikation für den Cup-Achtelfinal keine Ausrede, der FCB-Captain sagte: «Wir haben unsere Pflicht mit sehr, sehr wenig Glanz erfüllt.» Und Trainer Murat Yakin fügte an: «Es sollte nicht sein, dass wir einen Elfmeter benötigen, um uns durchzusetzen.»

Aber an diesem dünnen 1:0 von Münsingen und ihrer überaus minimalistischen Leistung werden sich die Basler nicht lang aufhalten. Am Mittwoch betreten sie gegen Chelsea die grosse Bühne der Champions League.

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Autor:in
Peter M. Birrer, SonntagsZeitung
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Erstellt: 15.09.2013
Geändert: 15.09.2013
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