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Finanzaffäre Vechigen: An wem bleiben die vier Millionen hängen?

Mit einer Arbeitsgruppe sollen die Vorgänge, die zur Veruntreuung von vier Millionen Franken geführt haben, untersucht werden. Bisher haben die Abklärungen keine weiteren Vergehen des Finanzverwalters ergeben. Nach wie vor fehlen die vier Millionen Franken, aber nicht in der Kasse von Vechigen, sondern Ittigen.

Sibylle Schwegler-Messerli: "Wir rechnen mit einer langen Dauer des Verfahrens." (Fotos: Archiv BERN-OST)
Sibylle Schwegler-Messerli: "Es bestehen derzeit keine Erkenntnisse, dass die Gemeinde Vechigen geschädigt worden ist."

Die gute Nachricht zuerst. Der ehemalige Finanzverwalter von Vechigen hat nur die bereits gestandenen vier Millionen Franken veruntreut, mehr nicht. Wie der Gemeinderat von Vechigen in einer Mitteilung schreibt, haben keine weiteren Fehlbeträge festgestellt werden können. Innerhalb der Gemeinderechnung seien "keine deliktischen Handlungen vorgekommen". Mit anderen Worten: In Vechigens Gemeindekasse fehlt kein Geld. Es fehlt in Ittigen.

 

Mit Darlehen Loch gestopft

Um an der Börse zu zocken, hatte der Finanzverwalter im Namen von Vechigen bei der Gemeinde Ittigen ein Vier-Millionen-Darlehen beantragt. Unter den Darlehensvertrag hatte er eine gefälschte Unterschrift der Gemeindepräsidentin und des Gemeindeschreibers gesetzt. Daraufhin hat Ittigen vier Millionen Franken auf ein Bankkonto überwiesen.

 

Ittigen überwies das Geld im Glauben, es lande auf dem Konto der Gemeinde Vechigen. Der Finanzverwalter liess das Geld jedoch auf ein aufgelöst-geglaubtes Konto des ehemaligen Wasserverbunds Stettlen-Vechigen überweisen (BERN-OST berichtete). Dieser Wasserverbund wurde bereits 2014 aufgelöst. Warum dessen Bankkonto weiterlief, wird nach wie vor untersucht.

 

Gemeinderat setzt Arbeitsgruppe ein

Die strafrechtlichen Ermittlungen laufen über Polizei und Staatsanwaltschaft. Der angeklagte Finanzverwalter befindet sich laut Gemeindepräsidentin Sibylle Schwegler-Messerli nicht in Untersuchungshaft. Der Gemeinderat unterstütze die polizeilichen Abklärungen und tätige auch eigene Untersuchungen. Er hat dafür eine überparteiliche Arbeitsgruppe eingesetzt, welche die Vorgänge aufarbeitet.

 

Die Arbeitsgruppe besteht aus Mitgliedern des Gemeinderats. Sie wird präsidiert von Gemeindepräsidentin Sibylle Schwegler-Messerli (SVP). Weitere Mitglieder sind Nadia Lützelschwab (FDP), Hans-Rudolf Galli (SVP) und Kaspar Stocker (SP). Die Arbeitsgruppe habe keine Entscheidungskompetenz und erhalte die Aufträge direkt vom Gemeinderat. Zusätzlich stehe die Arbeitsgruppe in Kontakt mit der Polizei und werde über die laufenden Ermittlungen informiert.

 

Wer haftet?

Weitere Aufgabe der Gruppe sei es, interne Prozesse so zu gestalten, dass solche Delikte nicht mehr vorkommen können. Zudem geht die Arbeitsgruppe den Fragen nach, welcher Schaden der Gemeinde entstanden ist. Wie bereits erwähnt, geht der Gemeinderat heute davon aus, dass Vechigen nicht für diese vier Millionen haftet.

 

Wer am Ende für das Loch in Ittigens Kasse eintritt, werden die Gerichte entscheiden. Gemeindepräsidentin Schwegler-Messerli bestätigt gegenüber BERN-OST, dass lediglich dem Finanzverwalter gekündigt wurde. Der Finanzskandal habe zu keinen weiteren Kündigungen oder Abgängen innerhalb der Gemeindeverwaltung geführt.


Autor:in
Rolf Blaser, rolf.blaser@bern-ost.ch
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Erstellt: 28.10.2022
Geändert: 28.10.2022
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