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Gemeindeversammlung Vechigen: Knappes Nein zum Schulhausverkauf

Das Stimmvolk von Vechigen ist in fast allem dem Gemeinderat gefolgt. Einzig in einem Punkt sagte eine knappe Mehrheit Stopp: Das Schulhaus Vechigen soll im Besitz der Gemeinde bleiben. Ein Ja gab es dagegen für den Ausbau des Postautofahrplans.

Hans Zoss, Präsident der Gemeindeversammlung, führte durch die Traktanden. Links von ihm Gemeindepräsidentin Sibylle Schwegler und der gesamte Gemeinderat. (Bilder: Anina Bundi/Archiv BERN-OST)

Die Turnhalle Utzigen war gut gefüllt am Samstagnachmittag. Da pandemiebedingt jede zweite Sitzreihe leer bleiben musste, fanden zwölf Stimmbürger:innen nur noch im Nebenraum einen Platz. Sie konnten die Gemeindeversammlung per Video verfolgen.

 

Von den 14 Traktanden sorgte nur eines für nennenswerte Diskussionen: Der Verkauf des Schulhauses Vechigen für 1,8 Millionen Franken. Das Schulhaus steht leer, seit die Klassen im Herbst in die sanierte und erweiterte Schulanlage Stämpbach umgezogen sind. Laut Gemeindepräsidentin Sibylle Schwegler-Messerli (SVP) sei das Interesse gross gewesen. Nach mehreren Besichtigungen bestünden konkrete Kaufangebote.

 

"Es hat ja nirgends mehr Platz"

Bei der anschliessenden Diskussion meldeten sich vorwiegend Utziger:innen zu Wort. „Das ist das letzte Gebäude mit historischem Wert, das uns allen gehört, und das soll jetzt verscherbelt werden“, kritisierte ein Votant. „Die Vereine brauchen Räume“, sagte eine Radelfingerin. „Wir brauchen auch die Schulhausplätze und die Turnhallen, es hat ja nirgends mehr Platz.“

 

Deutlich wurde in mehreren Voten auch eine generelle Unzufriedenheit mit der Entwicklung der Gemeinde. Kritisiert wurde, dass das Dorf wächst, aber auch die moderne Flachdachdacharchitektur. Das Schulhaus Vechigen sei noch „ein Märchenschloss“, sagte eine Votantin. Ein Votant fand gar, man sei daran, „die Seele des Dorfs“ zu „ghüderen.“

 

Nur die Wohnung wird genutzt

Dass die Gemeindeversammlung mit 63 zu 61 Stimmen knapp Nein sagte zum Verkauf, führt Gemeindepräsidentin Schwegler denn auch darauf zurück, dass in der Diskussion verschiedene Themen vermischt worden seien. Es sei das Schulhaus Littewil, das von den Vereinen genutzt werde, nicht Vechigen, ausserdem habe es in Vechigen gar keine Turnhalle. „Das Haus steht seit dem Sommer leer und wird bis auf die vermietete, ehemalige Lehrerwohnung nicht genutzt.“

 

Wie es nun weiter gehe, müsse der Gemeinderat diskutieren, sagt sie nach der Versammlung zu BERN-OST. Natürlich werde man den Interessent:innen absagen.

 

Schulhaus Littewil: Kaufpreis wurde gesenkt

Die Senkung des Preises für das Schulhaus Littewil, dessen Verkauf die Gemeindeversammlung schon 2018 beschlossen hatte, ging dagegen fast ohne Diskussion über die Bühne. Die Gemeinde wollte das Gebäude ursprünglich für mindestens 2,3 Millionen Franken verkaufen, nun sind es noch 1,7 Millionen. Dafür gebe es ein gutes Angebot, so Schwegler.

 

Mehr Postautos

Ebenfalls angenommen wurde die Umsetzung der „Postautoinitiative“. Rolf Kleiber, Gabriele Poschung, Hans Ulrich Born und Simone Levionnois hatten damit den Ausbau der Postautokurse nach Utzigen und ins Oberfeld /Obermoos verlangt. Während der ganzen Woche solle das Postauto von morgens um 6 Uhr bis abends um 21.30 Uhr durchgehend alle halbe Stunde fahren.

 

Ganz so weit geht die aktuelle Lösung nicht. Zwar werden auf beiden Kursen Fahrplanlücken geschlossen und die abendlichen Fahrten bis 21.30 Uhr ausgedehnt. Am Wochenende startet der Halbstundentakt aber erst am späteren Vormittag, vorher fährt das Postauto stündlich.

 

Gemeinde zahlt alleine

Für den Ausbau des Angebots zahlt die Einwohnergemeinde Fixkosten von rund 146'000 Franken jährlich.

 

Die Erweiterung wurde für eine Pilotphase von 2,5 Jahren beschlossen. Für diese Zeit seien die Mehrkosten tragbar, sagte Gemeinderat Hans Moser (SVP). Man hoffe aber, dass die Passagierzahlen nun deutlich steigen. Dann bestünde sogar die Chance, dass die Linien eine ÖV-Stufe aufsteigen, was mehr Kantonsgelder bringen würde.

 

"Nutzen nur für wenige"

Gegen die Initiative sprach sich nur sein Parteikollege Daniel Banga aus. „Das sind hohe Kosten für alle und ein Nutzen nur für wenige“, ausserdem fahre das Postauto oft leer, werde also nur spärlich benutzt. Heinz Jordi plädierte namens der FDP für ein Ja zum Pilotversuch, mahnte aber, es brauche klare Kriterien, unter denen er anschliessend weitergeführt werde. Die Versammlung stimmte der Initiative mit 134 Ja zu 8 Nein-Stimmen zu.

 

[i] Stimmbeteiligung:

An der Versammlung nahmen 144 Bürger:innen teil. Das entspricht einer Stimmbeteiligung von rund 3,5 Prozent.

 

[i] Die Beschlüsse:

- Budget 2022: Grossmehrheitlich angenommen

- Schulhaus Vechigen; Entwidmung und Verkauf: Mit 61 Ja- und 63 Nein-Stimmen abgelehnt

- Verkauf Schulhaus Littewil; Rückkommensantrag: Mit 102 Ja- zu 21 Nein-Stimmen angenommen

- Schulsozialarbeit; definitive Einführung: Grossmehrheitlich angenommen

- Initiative Postauto Kurse 781 und 782; Ausdehnung Angebot: Mit 8 Gegenstimmen grossmehrheitlich angenommen.

- Öffentliche Beleuchtung; Kreditgenehmigung: Grossmehrheitlich angenommen

- Reglement Ausgleich von Planungsmehrwerten; Genehmigung Änderungen: Grossmehrheitlich angenommen

 

[i] Das Budget 2022:

Das Budget der Gemeinde Vechigen rechnet für das kommende Jahr im Allgemeinen Haushalt mit einem Ertragsüberschuss von 21'360 Franken. Dieses Ergebnis ist gegenüber dem Budget 2021 um 851'720 Franken schlechter. Laut Botschaft zur Gemeindeversammlung ist diese Veränderung vor allem auf hohe Abschreibungen zurückzuführen. So wurden im laufenden Rechnungsjahr zahlreiche Investitionen ausgelöst, etwa für das Schulhaus Stämpbach. Die Steueranlage bleibt bei 1.64 Einheiten, die Liegenschaftssteuer bei 1.3 Promille des amtlichen Werts.


Autor:in
Anina Bundi, anina.bundi@bern-ost.ch
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Erstellt: 06.12.2021
Geändert: 06.12.2021
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