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Gemeindewahlen Wichtrach: Ein Rivella blau mit Daniel von Rütte

Wer folgt auf Gemeindepräsident Hansruedi Blatti? Wir gehen mit den drei Kandidierenden in den Feierabend, um Ihnen auf den Zahn zu fühlen. Heute ist Redaktorin Anina Bundi mit dem SP-Gemeinderat Daniel von Rütte im Restaurant Bahnhöfli in Wichtrach.

Daniel von Rütte hätte für das Amt als Gemeindepräsident viel Zeit, da er bald pensioniert wird. (Bild: Anina Bundi)

Daniel von Rütte bestellt beim Treffen mit BERN-OST im Restaurant Bahnhöfli Wichtrach ein Rivella blau. „Ich bin später noch zum Nachtessen eingeladen und werde dort etwas trinken“, entschuldigt er sich ungefragt. Er trinke sonst durchaus gern mal ein Glas Rotwein zum Essen oder ein Bier nach dem Sport mit Freunden.

 

"Ob man auskommt, ist eine Frage des Charakters"

Von Rütte ist einer von drei Kandidierenden für das Gemeindepräsidium von Wichtrach. Seit 2008 sitzt er im Gemeinderat, immer mit dem Ressort Raumplanung und Bau. Zuerst portierte ihn die SP als Parteilosen. Inzwischen ist er ihr als Mitglied beigetreten, betont im Gespräch aber mehrmals, dass die Parteizugehörigkeit auf Gemeindeebene nicht so von Bedeutung und er zudem nicht in allem das typische SP-Mitglied sei. Etwa in sozialen Fragen. „Ich bin eher liberal“, sagt er von sich. Er habe sich auch nie unwohl gefühlt als einziger „Linker“ im Gremium. „Wir hatten nie ein Gstürm, höchstens fiel mal ein Spruch. Ich glaube, ob man auskommt, ist mehr eine Frage vom Charakter als von der politischen Einstellung.“

 

Obwohl: Ganz unwichtig ist das Parteibüchlein auch in Wichtrach nicht. So amtete von Rütte von 2012 bis 2017 als Vize-Gemeindepräsident. Zum Zeitpunkt seiner Wahl war die SVP mit zwei Leuten im Gemeinderat vertreten. Beide waren am Amt nicht interessiert, weshalb von Rütte zum Zug kam. Später, die SVP war mit drei Sitzen wieder stärkste Partei im Gemeinderat, reklamierte sie das Amt für sich, Rütte trat zurück und Gemeinderatskollegin Regula Ramseyer wurde gewählt. „Die SVP stellte schon sehr lange keinen Gemeindepräsidenten mehr und wollte sich vielleicht für die heurige Wahl in Position bringen“, vermutet von Rütte. Ihm sei deshalb kein Stein aus der Krone gefallen.

 

Kurz vor der Pensionierung

Wegen der Amtszeitbeschränkung von 12 Jahren kann er nicht Gemeinderat werden – jetzt wo er demnächst pensioniert wird und deshalb viel Zeit hätte. Die kommende Freizeit ist denn auch eines seiner Wahlargumente. Von Rütte ist gelernter Vermessungstechniker und arbeitet noch bis Anfang 2020 beim archäologischen Dienst des Kantons in Bümpliz. „Eigentlich hätte ich auch gerne noch länger gearbeitet, das geht aber nicht.“

 

Ein weiterer Pluspunkt sei seine Erfahrung im Gemeinderat. „Ich möchte diese Arbeit gerne als Gemeindepräsident fortsetzen. Ich kenne die Dossiers und die Abläufe.“ Von Rüttes Konkurrenz, Regula Ramseyer (SVP) und Bruno Riem (FDP), sind zwar ebenfalls im Gemeinderat, aber weniger lang.

 

Seine Chancen, gewählt zu werden, sieht Daniel von Rütte intakt, auch wenn er als SPler ein Aussenseiter ist. Zuversichtlich stimme ihn, dass er als Gemeinderat jeweils mit einem respektablen Resultat gewählt wurde, das den üblichen Wähleranteil seiner Partei in Wichtrach weit übersteigt. Dass er für die SP ein Glücksfall war, zeigt sich auch daran, dass sie, abgesehen von der Option aufs Präsidium, inskünftig wohl nicht mehr im Gemeinderat vertreten ist. „Wir konnten die Wahlliste nicht füllen. Als Gemeinderat steht man halt schon fest im Schaufenster. Das ist für viele ein No-Go.“

 

Läufer, Velofahrer, Ruderer

Daniel von Rütte ist nicht gross, eher schmal gebaut - aber durchaus hart im Nehmen. Seine Freizeit verbringt er bevorzugt auf dem Velo, den Tourenski oder dem Ruderboot, in seiner Jugend war er ein guter Mittelstreckenläufer. „Nicht an der Spitze aber vorne bei den Landesbesten“, erzählt er. Er habe viel Disziplin und Durchhaltewillen und brauche es, seinen Körper hin und wieder herauszufordern. „Es muess chli ads Läbige ga.“

 

Geboren ist er in Grindelwald, aufgewachsen in Oberhofen und Interlaken, seit 1983 lebt er mit seiner Frau in Wichtrach. Die zwei Kinder sind inzwischen 32 und 37 Jahre alt und ausgezogen. In Wichtrach gefalle es ihm sehr, betont von Rütte. „Es ist ein Dorf auf dem Land, auch wenn es eigentlich zur Agglomeration von Bern gehört. Es ist schön hier zu leben. Viel schönes Naherholungsgebiet, gute Schulen, ein angemessener Steuerfuss, Einkaufsmöglichkeiten und eine gute Anbindung an den ÖV. Wenn man den Bus dazuzählt, haben wir fast den Halbstundentakt."


Autor:in
Anina Bundi, anina.bundi@bern-ost.ch
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Erstellt: 20.08.2019
Geändert: 20.08.2019
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