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Hightech im Stall: Wie ein Roboter das Leben auf dem Hof verändert

Der Roboter kennt jede Kuh, erkennt ihre Zitzen per Laser und melkt sie selbstständig. Familie Leuenberger hat auf ihrem Hof in Gysenstein in einen neuen Laufstall mit Melkroboter investiert. Für die Bauern bedeutet das mehr Flexibilität. Und für die Kühe?

Beat Leuenberger: «Die Kühe sind Hochleistungssportler.» (Foto: rb)
Laser, Kamera, Sensoren, Waage: Der Roboter erkennt jede Kuh und melkt sie selbstständig.(Foto: rb)
Hightech im Stall: Der Roboter erkennt Zitzen per Laser und misst Milchqualität in Echtzeit. (Foto: rb)
Erst werden die Zitzen gereinigt, danach docken die Melkbecher an. (Foto: rb)
Der Roboter melkt, solange Milch kommt – danach verlässt die Kuh die Box selbständig. (Foto: rb)
Das Material wird vom Roboter gereinigt. (Foto: rb)
Im Freilaufstall in Gysenstein werden 37 Kühe gehalten. (Foto: rb)
Sandra, Beat und Pascal Leuenberger führen den Hof in sechster Generation. (Foto: rb)
«Heute ist es lockerer als früher», sagt Beat Leuenberger. (Foto: rb)
Der Computer zeigt: Bewegung, Wiederkauen, Milchmenge, Temperatur – und vieles mehr. (Foto: rb)

Wir treffen uns auf dem Hof von Beat und Sandra Leuenberger in Gysenstein. Die Sonne brennt, während Beat einen Strauch vor dem Haus zurückschneidet. Vor einem Jahr hat er für seine Kühe einen neuen Laufstall samt Melkroboter eingerichtet. Leuenbergers sind nicht die einzigen. Bei den sechs Milchbauern in Gysenstein und Herolfingen sind drei Melkroboter im Einsatz. Wir wollten wissen, wie so ein Roboter Kühe melkt.

 

Statt Glocke ein Chip am Hals

Als wir den grossen, hellen Laufstall betreten, bewegt sich eine Kuh Richtung Melkroboter. «Die Kühe gehen freiwillig hinein, weil sie dort Kraftfutter erhalten», sagt Leuenberger. Ein Chip am Hals ersetzt die Glocke, der Roboter kennt jede Kuh. Er weiss, wie viel Milch sie gibt, wann sie zuletzt gemolken wurde und was sie gern frisst. Das Kraftfutter wird in eine Schale geschüttet, während die Kuh frisst, putzt ihr der Roboter erst das Euter. Von unten scannt ein Laser die Zitzen, die Melkbecher greifen, eine Kamera überwacht das Geschehen von oben, dann wird gemolken.

 

Sobald keine Milch mehr kommt, hört der Roboter auf zu melken. Gleichzeitig erhält die Kuh kein Futter mehr, worauf sie den Roboter verlässt. Der Melkroboter ist nur für kurze Zeit frei, schon kommt die nächste Kuh, sie trottet in den Roboter, dieser erkennt, dass sie bereits gemolken wurde, es wird kein Futter ausgegeben, weshalb die Kuh den Roboter wieder verlässt.

 

Weniger streng dank Melkroboter

«Wir haben dadurch mehr Flexibilität», sagt Leuenberger. «Die Arbeit ist weniger streng und man muss nicht fix um 17:15 Uhr im Stall sein, um zu melken», fügt seine Frau Sandra an. Für die Kühe sei es zu Beginn eine grosse Umstellung gewesen. Im alten Stall seien sie angebunden gewesen, hatten das Futter vor dem Kopf und wurden am selben Ort gemolken.

 

Als die Kühe neu im Freilaufstall waren, benötigten sie Zeit, sich an die neue Umgebung und den Roboter zu gewöhnen. «Am Anfang mussten wir den Kühen beibringen, in den Melkstand reinzugehen, dass zuerst Euter geputzt werden, der Melkroboter ansetzt, der Lärm. Das brauchte Zeit, etwa zwei Wochen», sagt Beat Leuenberger.

 

Der Computer warnt bei Krankheit

Heute hat Leuenberger am Computer oder via App den Überblick über seine 37 Kühe. Er sieht, ob eine Kuh krank wird, das Programm bemerkt, wenn sich eine Kuh weniger bewegt, weniger wiederkäut, misst die Qualität der Milch und zeigt Abweichungen an. «Ich sah mal abends, dass bei einer Kuh die Milchtemperatur 39.7 Grad betrug. Ich stand auf, mass Fieber und gab ihr einen Entzündungshemmer. Dank der App konnte ich früh reagieren, am Ende benötigt man dadurch weniger Antibiotika.»

 

Wie geht’s den Kühen?

Die Kühe scheinen sich an den Freilaufstall samt Roboter gewöhnt zu haben. Während wir uns unterhalten, schlendert eine Kuh in einer Seelenruhe in den Melkstand, lässt sich melken, während sie sich am Kraftfutter erlabt. Für den Bauer bedeutet die Anlage eine Erleichterung, und für die Kühe? Beat Leuenberger sagt: «Ich denke, sie sind glücklich. Als sie noch im Stall angebunden waren, wurde alles für sie gemacht. Jetzt müssen sie sich mehr bewegen, sind freier.» Obwohl die Kühe raus könnten, bleiben sie an diesem Nachmittag im Freilaufstall am Schatten.

 

Produktivität steigt

Über die Jahre wurden die Kühe immer wie produktiver. «Bei meinem Vater gab eine gute Kuh 5000 Liter Milch, heute geben sie das Doppelte. Das sind Hochleistungssportler», sagt Leuenberger lachend und fügt an: «Die Kühe sind durch die Zucht grösser geworden und fressen mehr.»

 

Ein Blick zurück

Beat Leuenbergers Vater Hans schaut gegen Abend im Stall vorbei. Mit Blick auf den Melkroboter, frage ich ihn, ob er sich dies, als er in den 1970er Jahren mit dem Bauern anfing, hätte vorstellen können. Er lacht und schüttelt den Kopf: «Nein, wir melkten die Kühe noch von Hand. Aber es ist eine gute Sache.» Früher hatten sie weniger Kühe und brachten die Milch in die Chäsi. Heute fliesst die Milch direkt in den gekühlten Tank, der jeden zweiten Tag geleert wird.

 

Es geht weiter

Sandra und Beat Leuenberger – beide Anfang 50 – führen den Hof in sechster Generation. Den Schritt zum Melkroboter würden sie sofort wieder machen. «Es ist einfach lockerer als vorher», sagen sie. Die Investition war gross, wie viel sie gekostet hat, wollen sie nicht verraten. Ausschlaggebend war: Ihr Sohn Pascal wird den Hof weiterführen. Sodass der Melkroboter nicht nur heute, sondern auch noch in 20 Jahren die Arbeit erleichtern wird.

 

[i] Sandra, Beat und Pascal Leuenberger bewirtschaften 16 Hektaren Land. Sie halten 37 Kühe, einige Kälber, 15 Hühner und 2 Katzen.


Autor:in
Rolf Blaser, info@bern-ost.ch
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Erstellt: 07.08.2025
Geändert: 07.08.2025
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