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Hofläden in der Region: Bauern wehren sich gegen Diebe

Quelle
Berner Zeitung BZ

Verkaufsautomaten statt Selbstbedienung, einbetonierte Kassen statt Vertrauen: Um Diebe von Hofläden und Pflückfeldern fernzuhalten, rüsten die Bauern rund um Bern auf.

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Technik hinter Idylle. Walter Schüpbach verkauft seine Beeren in Wichtrach über einen Automaten. (Bild: Susanne Keller)

Jeden Monat räumte eine 70-Jährige für 500 Franken bei der Illiswiler Bäuerin Thérèse Baumann ab. Bis 30 Prozent des Umsatzes stahlen Diebe bei Urs Guggisberg am Verkaufsstand an der Strasse von Konolfingen nach Münsingen. Über solche Raubzüge berichtete diese Zeitung vor acht Jahren. Es waren so viele, dass man hätte meinen können, die Klauseuche gehe um. Damals nervten sich in der ganzen Region Bauern über Selbstbediener der unverschämten Art. Die Landwirte fühlten sich machtlos. Heute ärgern sie sich zwar immer noch über Diebe. Doch haben sie das Problem einigermassen im Griff.

        

«Ich hätte sonst resigniert»

        

Stettlers etwa. Sie verkaufen in Bolligen unter anderem Obst, Most, Kürbisse und Kartoffeln ab Hof. Seit 2012 dürfen sich die Kunden bei den Beeren nicht mehr selbst bedienen, sondern müssen  einen Verkaufsautomaten mit Geld füttern. «Wir haben zwar weniger Umsatz», sagt Annemarie Stettler, «weil wir früher oft bestohlen wurden, rentiert das Gerät dennoch.» Bei Stichproben stellten Stettlers vorher  fest, dass jeder dritte nichts oder zu wenig bezahlt hatte. Die Bauernfamilie Tschanz verkauft  per Selbstbedienung und ab Feld in Oppligen unter anderem Obst, Gemüse und Blumen. Seit diesem Jahr sollen Kameras die Diebe abschrecken. Wie viel die neuen Geräte bewirken, kann Sandra Tschanz noch nicht ermessen. «Früher verloren wir bis 25 Prozent unserer Ware durch Diebstahl.»

        

Pflücken zur Geisterstunde

        

Walter Schüpbach hat sich auf seinem Hof in Wichtrach vor allem auf Obst und Beeren spezialisiert. Seit drei Jahren bietet er diese eher teuren Produkte über einen kühlbaren Verkaufsautomaten an. Die Diebe waren früher so unverschämt, dass ich sonst resigniert hätte», erinnert er sich. 15 000 bis 20 000 Franken kostet ein Gerät. Die Investition habe sich gelohnt, so Schüpbach.

        

Marktfrisch dank Klautouren

        

Zäune, Kameras, Kontrollen: Die Bauern sind misstrauischer geworden. Das bestätigt Otto Schmid, Dozent für Agrarmarketing an der Zürcher ETH. Er ergänzt, dass immer mehr auch massive einbetonierte Kassen und überwachte Hofläden das Risiko vermindern. Renate Hurni ist Beraterin für Direktvermarktung beim Inforama Seeland in Ins und fasst zusammen: «Die Landwirte arbeiten auch auf diesem Gebiet zusehends professioneller.» Dank diesen Agrarprofis musste auch ein diebischer Beizer umdenken. Ein Landwirt, der nicht genannt sein will, berichtet, dass er vor einigen Jahren ein halbes Dutzend Mal unerwünschten Besuch hatte. Ein Gastwirt aus Bern räumte nachts den Hofladen aus. Seit der Bauer ihn ertappt und verzeigt hat, besorgt er das Material  für seine garantiert marktfrische Küche anderswo. Der geprellte Landwirt ergänzt: «Den Hofladen schliessen wir jetzt abends ab.»


Autor:in
Peter Steiger, Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 12.08.2014
Geändert: 12.08.2014
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