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Hunde im Wald: Pro und Contra zur Leinenpflicht

Der Kanton Bern diskutiert über eine Leinenpflicht für Hunde im Wald. Wir haben mit einer Gegnerin und einem Befürworter gesprochen. Sollen Hunde freilaufen können? Oder braucht es strengere Regeln?

Jelia Jeremias ist gegen eine Leinenpflicht. Lorenz Hess befürwortet diese. (Fotos: zvg)

«Dass man den Hund im Wald an der Leine führen muss, empfinde ich als eine Einschränkung», sagt Jelia Jeremias. Sie bildet Hunde aus und ist Vorstandsmitglied der IGKO. IGKO steht für Interessengemeinschaft Kynologischer Organisationen, welche sich für die Hunde einsetzt. «Wir haben ein Problem mit Hunden, die nicht unter Kontrolle sind», sagt Lorenz Hess (Die Mitte), Präsident des kantonalen Jägerverbands.

 

«Hunde hetzen Rehe»

Der Regierungsrat des Kantons schlägt eine Leinenpflicht für Hunde im Wald und 200 Meter ausserhalb des Waldes vor. Diese Leinenpflicht soll von April bis Ende Juli gelten. Es geht um den Schutz der Tiere im Wald während der Brut- und Setzzeit. Es kommt vor, dass streunende Hunde trächtige Rehe jagen oder junge Hasen aufschrecken. Deshalb ist für Hess eine Leinenpflicht in dieser Zeit ein guter Vorschlag. «Viele Hundehalter merken gar nicht, dass ihr Hund jagt. Der Hund kommt irgendwann zurück, Zunge bei Fuss und hat Tiere gehetzt.»

 

«Hunde sollen schnuppern können»

Durch eine solche Leinenpflicht würde sie als Halterin und die Hunde unnötig eingeschränkt, sagt Hundetrainerin Jeremias. «Der Hund kann nicht mehr frei schnuppern, wo er will. Auch die Trainingsmöglichkeiten mit dem Hund würden eingeschränkt. Beispielsweise Sanitätshunde werden im Wald trainiert, das wäre dann nicht mehr möglich.» Das stimme so nicht, antwortet der Jäger Hess: «Wir bilden Jagdhunde aus und lassen diese dazu nicht frei im Wald laufen. Die Ausbildung findet trotzdem statt.»

 

«Gesetz bringt nichts»

Jelia Jeremias lässt ihre Hunde nie durch den Wald streunen. «Im Wald bleiben die Hunde in meiner Nähe auf dem Weg. Sie müssen in Sichtweite sein, das funktioniert bestens.» Probleme würden die Leute bereiten, welche ihre Hunde nicht im Griff haben. «Wer bis jetzt nicht schaute, wird auch bei einer Leinenpflicht nicht besser zum Hund schauen. Häufig sind das Leute, die Ihren Hund nicht abrufen können. Damit werden diejenigen bestraft, die ihre Hunde unter Kontrolle haben», so Jeremias. Für Lorenz Hess ist dies kein Argument: «Dann könnten wir überall auf Vorschriften verzichten, weil sie nicht immer eingehalten werden. Beispielsweise könnten wir innerorts Tempo 50 aufheben, weil sich nicht alle daranhalten.»

 

Es drohen hohe Bussen

66'000 Hunde werden im Kanton Bern gehalten. 2021 sind laut Angaben des Kantons 33 Rehe von Hunden gerissen worden. Bei diesem Grössenverhältnis kann man von Einzelfällen sprechen. «Die Massnahme misst sich nicht an der Anzahl gerissener Rehe», so Hess. «Es geht darum, ob die Hundehalter sich einige Wochen ein bisschen einschränken wollen zugunsten der Jungtiere und der Natur.» - «Jedes Reh, welches gerissen wird, ist schlimm und darf nicht passieren», sagt Jeremias. «Wer seinen Hund wildern lässt, kann bereits heute mit einer Busse bis 20'000 Franken bestraft werden.»

 

Im Herbst ist es soweit

Noch gilt keine Leinenpflicht für Hunde im Wald. Das Anliegen geht auf einen Vorstoss von Grossrätin Madeleine Amstutz (SVP) zurück. In seiner Antwort auf den Vorstoss sprach sich der bernische Regierungsrat für eine Leinenpflicht im Wald zwischen dem 1. April und dem 31. Juli aus. Über das Geschäft wird in der Herbstsession im Grossen Rat abgestimmt. In verschiedenen Kantonen gilt dies bereits während der Brutzeit, so in den Nachbarkantonen Fribourg, Waadt, Solothurn und Luzern.

 

[i] Die Interessengemeinschaft Kynologischer Organisationen im Kanton Bern (IGKO) hat zum Thema eine Petition lanciert und sammelt Unterschriften gegen das geplante Gesetz.

 

[i] Laut Statistik des Kantons wurden 2021 33 Rehe von Hunden gerissen. Zum Vergleich: 2019 wurden im Kanton Bern 1600 Rehe auf Berner Strassen überfahren («Der Bund» vom 2.11.20).


Autor:in
Rolf Blaser, rolf.blaser@bern-ost.ch
Nachricht an die Redaktion
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Erstellt: 21.08.2023
Geändert: 21.08.2023
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