Im Chinoworb wird gemeinsam gestrickt

Ende November wagt das Chino Worb ein ungewöhnliches Experiment: Beim ersten «Chino-Lisme» sollen Filmgenuss und Stricken zusammenfinden. Der Trend kommt aus Skandinavien und wird vorerst als Probelauf durchgeführt. Er stösst aber schon im Vorfeld auf reges Interesse.

Première im Chinoworb: Ende November werden für einmal die Lichter im Kinosaal nur gedimmt, nicht ganz gelöscht – dafür wird eifriges Klappern zu hören sein. Erstmals findet nämlich ein «Chino-Lisme» statt. Einen Kinofilm schauen und dazu stricken – geht das?

Auch Männer willkommen

Katharina Schär vom Team des Chinoworb bejaht, sie hat sich sagen lassen, das funktioniere bestens: «Ich selbst stricke zwar nicht, aber erfahrene Strickerinnen bringen es offenbar locker fertig, während dem Stricken einen Film zu schauen und trotzdem weder Fehler zu machen noch Maschen fallen zu lassen.» Zur Vorführung seien übrigens explizit auch Männer eingeladen, aber ganz realistisch eingeschätzt, würden es wohl mehr Frauen sein.

Anregung vom Strickclub

Die Anregung zu diesem Anlass gab eine Worber Lehrerin, die in Bern eine Strickgruppe führt, und sie stiess damit sofort auf offene Ohren. Ende November startet jetzt mal ein Probelauf. Wenn dieser Anklang findet, soll künftig alle zwei Monate ein Chino-Lisme stattfinden. «Man muss sich etwas einfallen lassen, denn mit einem Film allein kann man die Leute nur noch schwer von Netflix und Google-TV weglocken», erklärt Katharina Schär.

Funktioniert's in Bern-Ost wie in Skandinavien?

Die Kombination Kino und Stricken sei allerdings nicht selbst erfunden: «In Skandinavien ist das ein totaler Trend und läuft super», sagt Katharina Schär. Dieser Trend ist in den letzten Monaten über Deutschland bis nach Worb geschwappt, und auch hier hat er bereits etliche begeisterte Reaktionen ausgelöst à la «toll, ich komme auch». Dementsprechend laufen die Voranmeldungen bereits ziemlich gut.

Klischee – oder eben genau nicht

Als Film für das erste Chino-Stricken hat das Team «Hallo Betty» ausgewählt, den Dialektfilm über Kochbuchlegende Betty Bossi. Ob das nicht gerade ein bisschen zu viel der Klischees ist – ein Strickanlass und dazu der Film über die «Köchin und Hausfrau der Nation»? Katharina Schär findet

nein, ganz im Gegenteil: «Der Film greift zwar Frauenthemen auf, zeigt aber eine Frau, die sich emanzipiert und arbeitet und damit genau nicht in das Schema ‘Frau und Haushalt’ passt.»

Dialekt und nicht gerade Action

Bei der Filmauswahl hätten sich die Verantwortlichen auch sonst Einiges überlegt: «Es ist ein Schweizer Film in Dialekt – wir zeigen ja Filme in Originalversion, und so muss man während dem Stricken nicht noch die Untertitel lesen.» Vielleicht locke der aktuelle Film dann tatsächlich die Männer kaum in Scharen an, «aber zum Stricken eignet sich James Bond wohl schon weniger als ein etwas ruhigerer Film».

Soziales Zusammensein und neue Kreise finden

Das Wichtigste an einem Kino-Stricken, fasst Katharina Schär zusammen, sei natürlich die soziale Komponente. Künftig soll aber auch ein wechselseitiger Effekt genutzt werden: Wollgeschäfte legen Flyer für den Anlass auf, und «das hat den Vorteil, dass wir nicht nur über die klassischen Kanäle informieren, sondern auch eine ganz andere Klientel ansprechen». Umgekehrt könnten Strickgeschäfte wie der Wullechratte Grosshöchstetten künftig einen Stand im Foyer aufstellen.

Ende November wird es sich zeigen

«Wer weiss, vielleicht lernen sich engagierte Lisme-Fans an diesem Anlass kennen und gründen einen Strickclub Worb?», wundert sich Katharina Schär. «Das wäre natürlich toll!» Das Team vom Chinoworb ist schon sehr gespannt, wie der Probelauf von Ende November läuft: Ob die Kinoreihen voll sind, wenn das Licht gedimmt ist und das gemütliche Klappern der Stricknadeln losgeht – und ob damit der Trend aus Skandinavien in Worb Fuss fassen wird.