Im Salon Coiffeur Nadine
Coiffeusen und Coiffeure erfahren beim Haareschneiden oft persönliche oder witzige Geschichten. In unserer lockeren Serie geben uns Coiffeursalons aus der Region einen Einblick in ihren Alltag. Diesmal reisen wir nach Münsingen.
Name des Salons: Coiffeur Nadine
Inhaberin: Nadine Leu
Stil /Angebot: Klassisches Handwerk im Stil der Sechzigerjahre
Eröffnung: 1. Oktober 2014
Am meisten läuft bei mir den ganzen Tag durch: Pensionierte Kund:innen kommen gerne am Vormittag, jene, die arbeiten, schätzen die Randzeiten. Sie alle freuen sich über den Kaffee mit Schoggistängeli, den sie bei mir bekommen – einige bringen mir sogar eine Schachtel Schoggistängeli mit, damit sie mir nie ausgehen!
Spezialität des Salons: Einfühlungsvermögen und persönliche Beratung
Das ist mein Motto: Meine Kund:innen sind König:innen!
Diese Krisen hat mein Salon gemeistert: Einmal gab meine über 60 Jahre alte Cuvette (das Waschbecken) den Geist auf, während ich gerade am Haarewaschen war – da standen wir voll im Nassen. Und weil Wasser für elektrische Geräte nicht ideal ist, stieg auch noch der Föhn aus. Das war eine Riesensache, aber zum Glück konnte ich mir beim Barbershop nebenan einen Föhn ausleihen. Wir helfen einander immer aus: Ich schicke ihnen die Männer vorbei, sie mir die Frauen. In allem Unglück war es doch auch schön, diesen Zusammenhalt zu erleben.
BERN-OST: Warum kommen die Leute gerne zu Ihnen in den Salon?
Nadine Leu: Bei mir können die Kund:innen herzhaft auftanken – und sie können ein Stück von der ruhigeren Gangart der Sechzigerjahre mitnehmen.
Gehen Sie selbst gerne zum Coiffeur?
Nein, lustigerweise nicht – ich gehe nur zu einer Kollegin, wenn ich unbedingt muss! Das heisst, ungefähr einmal pro Jahr, sonst lege ich lieber selbst Hand an.
Welche Frisur tragen Sie und warum?
Ich mag es gern feminin und weiblich, so kommen meine Naturlocken schön zur Geltung.
Ändern Sie Ihre Frisur ab und zu?
Klar, vor allem im Sommer stecke ich die Haare gern hoch.
Haben Sie schon als Kind davon geträumt, Coiffeuse zu werden?
Ja, schon vor dem Kindergarten sass ich oft mit der Schere draussen und frisierte Grasbüschel. Meine Puppen jedoch behielten immer ihre langen Haare, weil diese ja im Gegensatz zum Gras nicht nachwachsen!
Haben Sie sich den Beruf damals so vorgestellt?
Tatsächlich hat sich dann für mich bestätigt, dass es ein unvorstellbar atemberaubender Beruf ist – ich liebe ihn!
Was macht ihn so besonders?
Ganz klar – die Begegnung mit so vielen unterschiedlichen Menschen. Ich schätze die Zeit, die ich während dem Waschen, Schneiden und Föhnen für Gespräche habe.
Diese berührende Geschichte hat sich im Salon zugetragen:
Einmal durfte ich eine Kundin buchstäblich bis zum letzten Atemzug begleiten: Die 92-jährige Kundin wohnte im Altersheim, und ich machte ihr dort elf Jahre lang die Haare. Als sie immer schwächer wurde, wollte sie am Ende niemanden mehr sehen, nicht einmal Verwandte und Familie. Nur mich wünschte sie sogar ausdrücklich zu sehen. An diesem Tag frisierte ich ihr die Haare schön und wünschte ihr liebevoll alles Gute – ich spürte, dass es mit ihr zu Ende ging. Am nächsten Tag starb sie friedlich.
Welches war die ausgefallenste oder berühmteste Person, die Sie bedient haben?
Für mich sind alle meine Kund:innen einzigartig! Aber natürlich hätte ich mich sicher über Marilyn Monroe oder Elvis Presley gefreut. Und der bekannteste Kunde ist natürlich «der freundlichste Verkehrsregler der Region Bern-Ost» Santino Zbinden – diesen habe ich übrigens vor ein paar Tagen geheiratet!
Welches war die ungewöhnlichste Frisur, die Sie je gemacht haben?
Ich habe tatsächlich einmal eine Frau mit sehr langen Haaren kahlgeschoren: Sie wollte die Haare, die sie zuvor drei Jahre lang von mir hatte pflegen lassen, der Kinderkrebshilfe spenden. Während dem Abschneiden liefen uns beiden die Tränen herunter, aber sie blieb dabei. Das war ein eindrückliches Erlebnis.
Welche Frisuren sind zeitlos?
Das kommt natürlich auf den Typ an, aber generell gilt: Der Bob ist top!
Welche Frisuren sind voll im Trend?
Die «Lamafrisur» bei den Jungs – oder dann ganz exakte Konturen, die alle zwei Wochen nachgebessert werden müssen. Bei Frauen ist der Carréeschnitt ein Dauertrend, und junge Frauen tragen oft langes Haar und wollen bloss die Spitzen schneiden.
Was machen Sie, wenn Sie einen Wunsch nicht erfüllen können?
Dann biete ich Alternativen an, und in der Regel finde ich gemeinsam mit den Kund:innen eine gute Lösung. Einmal kam eine Frau mit wunderschönen langen roten Locken und wollte einen Pagenschnitt – den machte ich ihr allerdings nicht, denn dieser war für ihr Haar unmöglich, und ich wusste: Sie würde todunglücklich sein. Stattdessen schlug ich ihr vor, das Deckhaar leicht anzustufen, so dass sie mehr Volumen bekam. Und am Ende ging sie sehr glücklich mit dieser Frisur hinaus.
Gibt es eine Frisur, die Sie nie jemandem machen würden?
Beim Abschneiden von sehr langen Haaren zögere ich immer – manchmal ist es ein spontaner Entscheid aus einem emotionalen Grund: Passiert im Leben etwas Wichtiges, ändert man als erstes die Frisur. Diesen Entscheid bereut man aber oft tags darauf – wenn die Haare ab sind, sind sie ab, und es dauert, bis sie wieder wachsen!
Welches sind in Ihrem Berufsalltag die schwierigsten Momente?
Wenn Kund:innen persönliche Schicksalsschläge erleben, ist das manchmal schwierig mit auszuhalten.
Welches die schönsten?
Morgens, wenn ich die Tür zum Salon aufschliesse. Und abends, wenn dann alle Kund:innen mit einem Lächeln gegangen sind.
Manchmal hat man keine Zeit, um zum Coiffeur/zur Coiffeuse zu gehen – wie lautet Ihr ultimativer Tipp zur «Katastrophen-Rettung»?
Gern ein WhatsApp an mich schreiben oder anrufen!
Kontakt
Coiffeur Nadine, Tägertschistrasse 5, 3110 Münsingen
E-Mail: nadine-leu@gmx.ch, Telefon 078 635 57 23, Website
Einladung: Möchten Sie Ihren Salon auch vorstellen? Dann melden Sie sich gerne bei uns für ein Salonportrait!