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Junge Spitzenköchin startet durch: «Ich möchte mein Ding machen»
Die beste Kochlernende der Schweiz wagt den Schritt in die Selbstständigkeit – mit viel Kreativität, familiärem Rückhalt und grossen Plänen für die Zukunft.
Céline Grossmann (19) aus Trimstein hat in kurzer Zeit viel erreicht: Beim Creative Tartelettes Contest von Hug gewann sie eine Studienreise nach London. Dort durfte sie im renommierten Mosimann’s kochen – dem Restaurant von Anton Mosimann, der jahrzehntelang die britische Königsfamilie bekochte, auch bei der Hochzeit von Prinz William und Catherine Middleton.
Auch der Gewinn beim renommierten Nachwuchswettbewerb Gusto brachte internationale Möglichkeiten – doch die gewonnene Reise nach Singapur in eines der 50 besten Restaurants der Welt scheiterte an der Bürokratie: «Ohne Bachelorabschluss bekommt man kein Work-Visa.» Jetzt werden Alternativen wie Bangkok oder Hongkong geprüft.
Der Schritt in die Selbstständigkeit
Mit diesen Erfolgen im Gepäck reifte eine Entscheidung: Céline gründet ihr eigenes Unternehmen. Seit August ist sie offiziell selbstständig – als Catererin, Privatköchin und Eventköchin. Und das ganz bewusst ohne Angestellte: «Ich möchte mein Ding machen, kreativ sein, einfach ich.»
Ein Grund für die Selbstständigkeit war auch die Schweizer Juniorenkoch-Nationalmannschaft, bei welchem sie im Team ist. Dies verlange viel Zeit und Engagement – und lasse sich schlecht mit einer fixen Anstellung vereinbaren. «Viele machen es als Hobby neben dem 100-Prozent-Job – bis es zu viel wird und sie abbrechen. Ich wollte nicht in dieses Muster fallen», sagt Céline.
Kochen mit Charakter – nicht von der Stange
Célines Angebote sind individuell – keine Standardmenüs, keine fixen Preise. «Ich möchte mit meinen Kunden zusammensitzen und ein Menü schaffen, das zum Anlass passt – mit persönlicher Note.» Ob Apéro oder Viergangmenü: Die Gerichte sollen Geschichten erzählen. «Falls alte Rezepte wie Nidlechueche oder Saurer Mocke gewünscht werden, interpretiert ich sie neu – mit Respekt für das Original, aber auch mit meinem eigenen Stil» lacht Céline. «Auch Feinarbeiten liebe ich, was viele in der Küche nicht mögen.» Der Service kann auf Wunsch organisiert werden, ansonsten übernimmt die junge Köchin alles selbst.
Die Küche: nachts geöffnet
Gekocht wird nachts – und zwar im ehemaligen Lehrbetrieb, der Stiftung für Betagte. Dort darf Céline die Küche von 18 Uhr bis 7 Uhr früh nutzen. «Ich bin dankbar, dass wir diese Partnerschaft so auch nach der Lehre weiterführen können», freut sie sich. Das erste grosse Catering absolvierte sie bereits vor einem Jahr – für 30 Personen an einem 60. Geburtstag. Danach wusste sie, dass ist ihre Leidenschaft.
Rückhalt aus der Familie
Die Selbstständigkeit wäre ohne familiären Rückhalt kaum möglich. Céline hat eine Kollektivgesellschaft gegründet – zu 90 Prozent gehört sie ihr, zu 10 Prozent ihrem Vater. «Ohne meine Familie würde das nicht funktionieren», sagt sie.
Der Vater ist selbstständiger Unternehmer und grosser Hobbykoch, die Mutter bringt ihre Erfahrung aus dem Service mit ein. Von klein auf wurde Céline durch das gemeinsame Einkaufen und Kochen geprägt. «Am Wochenende wurde gekocht, was am Samstag eingekauft wurde – keine Süssigkeiten, aber alles, was mich interessierte.»
Gemeinsam mit dem Vater schmiedet sie auch Zukunftspläne und sie sinnieren über neue Konzepte für die lokale Gastronomie. Erste Erfahrungen hat sie bereits gesammelt: drei Monate bei Jumi, vier Monate in Boll, Praktika auf dem Bauernhof und bei Stefan Wiesner, dem «Hexer» aus dem Entlebuch.
Nationalmannschaft & grosse Ziele
Parallel zur Selbstständigkeit läuft ihr Engagement in der Schweizer Juniorenkoch-Nationalmannschaft. Sie hat einen Vertrag bis 2028. Pro Monat sind zwei mehrtägige Trainings geplant, dazu weitere Vorbereitungen. «Deshalb kann ich nicht einfach einen Monat weg. Ich will unbedingt an der Weltmeisterschaft nächstes Jahr teilnehmen.»
Für 2028 ist sogar eine Olympiateilnahme geplant – mit einem reinen Frauenteam. «Das hat sich einfach so ergeben», sagt sie. «Normalerweise ist es eher das Gegenteil – dabei sind wir Frauen bei Wettbewerben oft sehr stark.»
Trotzdem erlebt sie auch Kritik und Vorurteile: «Du hast nur gewonnen, weil du eine Frau bist», oder «Was kann das Meitschi schon?» – solche Kommentare gebe es leider auch. Umso wichtiger sei es ihr, ihr Können zu zeigen.
Mehr als ein Beruf
Céline möchte mit ihren Gerichten mehr als nur satt machen: «Essen begleitet uns durchs Leben, ist wichtig für unsere Gesundheit – es sollte nicht einfach konsumiert, sondern gefeiert und wertgeschätzt werden.» Nachhaltigkeit, Saisonalität und Regionalität seien ihr wichtig.
Und danach?
Langfristig träumt Céline von einer Auszeit: Reisen, Kochen und Surfen – zum Beispiel auf den Philippinen oder in Malaysia. «Mich interessiert am meisten, was die Leute dort kochen – und das möchte ich ausprobieren», erzählt die junge Köchin. Eigentlich wollte sie schon jetzt auf Weltreise, aber die Nationalmannschaft hat Priorität.
Wie lange sie Catering machen möchte, weiss sie noch nicht. «Ich weiss, dass ich mich zeigen und weiterentwickeln will – wohin es führt, wird sich zeigen.»
[i] Möchtest du mehr über Céline Grossmann erfahren oder sie engagieren? Mehr Informationen findest du hier.
Erstellt:
11.10.2025
Geändert: 11.10.2025
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